Amortisationszeiten als Hemmnis für Effizienzmaßnahmen – können die Unternehmen alle nicht rechnen?

Wir diskutieren mit Dr. Jürgen Joseph, dem Geschäftsführender Gesellschafter der ECG Energie Consulting GmbH, und Mitglied im BDI-Ausschuss Energie- und Klimapolitik über Amortisationszeiten und ihre Auswirkungen auf Effizienzmaßnahmen bei Unternehmen.

Ab welchen Amortisationszeiten entscheiden sich Unternehmen häufiger für Energieeffizienzmaßnahmen – was können Sie hierzu aus Ihrer Praxis als Energieberater berichten?

Die Praxis hat gezeigt, dass die gewünschten Amortisationszeiten zwischen 18 und 36 Monaten liegen.

Auch bei „zu langen“ Amortisationszeiten kann sich für Effizienzmaßnahmen gleichwohl oft eine sehr gute interne Verzinsung ergeben, die weit über üblichen Sätzen am Finanzmarkt liegt. Wieso orientieren sich Unternehmen nicht stärker an der internen Verzinsung und damit zugunsten von mehr Effizienzmaßnahmen? Können die Unternehmen nicht rechnen?

Doch, die Unternehmen können sehr gut rechnen. Unternehmen, die nicht rechnen können, verschwinden vom Markt! Aus diesem Grund ist es auch richtig, dass die Entscheidung über Durchführung oder Nichtdurchführung von Effizienzmaßnahmen im Unternehmen verbleibt. Würde der Gesetzgeber vorschreiben auch Effizienzmaßnahmen durchzuführen, die nach unternehmensinternen Kriterien nicht wirtschaftlich sind, würden dafür andere, für das Überleben des Unternehmens wichtigere Projekte, möglicherweise unterbleiben müssen (da das zur Verfügung stehende Kapital eben endlich ist).

Grundsätzlich würden Unternehmen immer gerne mehr investieren. In der Regel haben Unternehmen immer mehr Projekte in der Pipeline als Geld zur Verfügung steht, da die Kreditlinien bei den Banken jeweils endlich sind (im Gegensatz zu den volkswirtschaftlichen Rechenmodellen steht in der Praxis Kapital/Geld eben nicht grenzenlos zur Verfügung). Aus diesen Grund müssen die Unternehmen aus der großen Zahl der vorgeschlagenen Projekte die besten/interessantesten auswählen. Vorrang haben dabei immer die Projekte, die sich mit der Erfüllung von Kundenwünschen befassen. Unter den übrigen Projekten werden in der Regel die bevorzugt, die das eingesetzte Kapital am schnellsten verdienen, da man dann früher mit dem Kapital das nächsten Projekt angehen kann.

Unternehmerische Tätigkeit ist heutzutage schnelllebig und mit sehr hohen Risiken verbunden; Geld muss im internationalen Wettbewerb teilweise mit „harten Bandagen“ verdient werden. Da muss man verstehen, dass Unternehmer/Unternehmen in der Regel nicht mit 10 oder 12 jährigen Zyklen arbeiten. Dass das für eher risikofreie Beamte und Funktionäre teilweise nur schwer vermittelbar ist, ist mir jedoch klar.

Sehen Sie einen Weg, wie eine alleinige Orientierung an kurzen Amortisationszeiten durch weitere „praxistaugliche“ Kriterien der Entscheidungsfindung ergänzt werden könnte? Wie kann man Unternehmen Anregungen geben, Entscheidungen gegen Effizienzmaßnahmen nach wirtschaftlichen Kriterien nochmals zu überdenken?

Ja, das wäre dann der Fall, wenn sich der Gesetzgeber neben den Absichtserklärungen und Willensbekundungen endlich auch zu einer wirksamen, steuerlichen Förderung von Effizienzmaßnahmen (Sonderabschreibungen) durchringen könnte. Die Unternehmen würden dann weiterhin nach den richtigen, von ihnen bisher auch praktizierten betriebswirtschaftlichen Grundsätzen Projekte umsetzen. Aber dann wären eben mehr Projekte zur Energieeffizienz dabei.