Coaching mit und durch Kunst

Jörg K. Ritter, Partner im Berliner Büro der Personal- und Unternehmensberatung Egon Zehnder, berät seit vielen Jahren Familienunternehmen zu Fragen rund um Führung und Strategie. Wie wichtig ist für ihn Kunst und Kultur mit Blick auf externe Kommunikation oder „employer branding“?

Kunst und Kultur helfen, bestimmte ökonomische und technologische Erkenntnisse und Prozesse bildhaft zu übersetzen. Die Visualisierung schafft neue Erkenntnisbrücken. So stellen wir Managementkompetenze verständlicher und einprägsamer dar. Durch bildhafte Vergleiche wird das Verhalten von Führungspersönlichkeiten wirksamer beeinflusst als durch Definitionen, Texte, Artikel oder Bücher – das bestätigen unsere Gespräche mit Managern in Coaching-Prozessen.
 
Wir befinden uns in einer Zeit des Übergangs: Manager müssen digitale Führungskompetenzen entwickeln, zugleich werden alle gesellschaftlichen Bereiche von der Digitalisierung erfasst. Diese Entwicklung erfordert, dass wir unsere Einstellungen und Überzeugungen verändern. Kunst und Kultur können bei dem Prozess helfen. Die Ära der Eindeutigkeiten ist vorbei. Wir müssen lernen, mit Mehrdeutigkeiten und Unsicherheit flexibel umzugehen. Das Ziel ist, eine innovative Kultur zu schaffen.
 
Es gibt diverse Ansätze des Coachings mit und durch die Kunst. Dabei wird beispielsweise gezeigt, wie Kunstwerke helfen, Zugänge zu Problemlösungen zu schaffen. Mit Hilfe von Bildern entwickeln sich etwa der Raumsinn und die Fähigkeit, Material aus verschiedenen Quellen zu verarbeiten und in sinnvolle Kategorien einzuordnen. Dadurch erschließt sich das Verständnis für Metaphern und Analogien und nicht zuletzt für die Darstellung und das Erkennen von Gedanken und Gefühlen.

Genau das war unser Ansatz bei Egon Zehnder, als wir das Vorgehen für „Transformational Leadership“ definiert haben. Damit erreicht man in komplexen Organisationen eine systematische Kulturänderung bei den wichtigsten Führungskräften.

Was immer sein Erschaffer im Sinn hatte, ein Kunstwerk ist immer mehrdeutig – seine Interpretation wird zum dialogischen Prozess. Das haben unter anderem MBA-Studenten des ersten Studiengangs für „Leadership und Human Resources“ an der Quadriga Hochschule Berlin bestätigt, die eine derartige Erkenntnisübung mit einem Kunsterlebnis realisiert haben.

In Zukunft ändern sich die Formen der Qualifizierung. Das ist eines der Ergebnisse des neuen Forschungsprojektes „Rethinking HR“, das der Bundesverband der Personalmanager (BPM), die Quadriga Hochschule Berlin, Boston Consulting und Egon Zehnder realisieren. Das selbstorganisierte Lernen für „Prosumenten“ wird immer wichtiger. Diese müssen zunächst bestimmen, was für ein Lerntyp sie sind: ein visueller, auditiver, haptischer oder verbaler? Untersuchungen besagen, dass die meisten Menschen eher visuelle Lerntypen sind. In einer zunehmend digitalen Welt ermöglicht die Einbeziehung von Kunst und Kultur den Lernerfolg kreativ zu optimieren.