Die Neuregelung zur Erbschaftssteuer im Überblick

Der Bundesrat stimmte Mitte Oktober 2016 dem Vermittlungsergebnis zur Neuregelung des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes zu. Das Vermittlungsergebnis, das der Bundestag Ende September 2016 angenommen hatte, ist ein Kompromiss, der ausschließlich Verschärfungen enthält, die insbesondere familien- und eigentümergeführte Unternehmen betreffen.

Laut Vermittlungsergebnis wird den eigentümer- und familiengeführten Unternehmen ein Abschlag von maximal 30 Prozent gewährt, wenn die gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen eine Entnahme oder Ausschüttung von höchstens 37,5 Prozent des steuerlichen Gewinnes (abzüglich der entsprechenden Steuern vom Einkommen) zulassen.

Diese Quantifizierung grenzt den Anwendungsbereich erheblich ein und wirft viele Fragen auf, die im weiteren Verfahren dringend gelöst werden müssen. Die Einschränkung ist bedauerlich. Denn der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift zumindest teilweise dem Umstand der Überbewertung von eigentümer- und familiengeführten Unternehmen Rechnung getragen und zugleich die Anmerkungen des Verfassungsgerichts aufgegriffen.

Karlsruhe hatte in seiner Urteilsbegründung vom Dezember 2014 mehrfach betont, dass die Verschonungsregelung vor allem Unternehmen schützen soll, „die durch einen besonderen personalen Bezug des Erblassers oder auch des Erben zum Unternehmen geprägt sind, wie es namentlich für Familienunternehmen typisch ist“. Unverändert ist weiterhin Voraussetzung, dass für zwei Jahre vor und 20 Jahre nach Übertragung gesellschaftsvertraglich ausschließlich eine Verfügung auf Familienangehörige, inländische Familienstiftungen und Mitgesellschafter gestattet ist. Vor dem Hintergrund der umfangreichen zeitlichen Vorgaben ist dringend eine Überprüfung des Gesellschaftsvertrages und der Satzung hierauf erforderlich.

Finanzmittel

Finanzmittel können zu 15 Prozent des Betriebsvermögens zum steuerrechtlich begünstigten Vermögen gerechnet werden.

Obwohl im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die bisher zulässigen 20 Prozent Finanzmittel bereits um fünf Prozent gesenkt wurden, sieht das Vermittlungsergebnis auch eine inhaltliche Verschärfung vor. Die neue Regelung enthält zusätzlich eine inhaltliche Eingrenzung der begünstigungsfähigen Finanzmittel. Dabei greift die Vorschrift zur Abgrenzung, welche Finanzmittel begünstigt werden können, auf das bereits am Anfang des Gesetzgebungsverfahrens stark diskutierte Kriterium des „Hauptzweck“ zurück. Bedauerlich ist dies umso mehr, als das Verfassungsgericht in seinem Urteil den Finanzmitteltest – ohne diese Verschärfungen – nicht beanstandet hat und allen Beteiligten klar sein dürfte, wie wichtig die Liquidität für den Fortbestand eines Unternehmens ist.

Ausschluss von der Verschonung

Von einer Verschonung vollständig ausgeschlossen ist die Übertragung, wenn das begünstigungsfähige Vermögen zu mehr als 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht.

Karlsruhe hat eine absolute Grenze des Ausschlusses von der erbschaftsteuerlichen (Voll-)Verschonung für verfassungswidrig erklärt und das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ kritisiert. Es ist nicht ersichtlich, warum eine den Vorgaben des Gerichtes entsprechende proportionale Verschonungsmöglichkeit insoweit ausgeschlossen wird und damit auch der Anteil des begünstigungsfähigen Vermögens („produktives Betriebsvermögen) nicht verschont werden kann.

Verwaltungsvermögen

Die Erweiterung des Verwaltungsvermögensbegriffes und damit die Eingrenzung des Begünstigungsfähigen durch die Aufnahme weiterer Güter wie Oldtimer und Yachten will der Gesetzgeber Missbrauchsbedenken entgegenwirken. Jedoch trägt die Aufnahme einer Generaldefinition „sowie sonstiger typischerweise der privaten Lebensführung dienender Gegenstände“ nicht zur Rechtssicherheit bei. Es wäre zu begrüßen, wenn durch Verwaltungsanweisungen Klarheit geschaffen würde, um die Streitanfälligkeit der Vorschrift zu reduzieren.

Die Behandlung von Grundstücken u. ä., die zur Steigerung des Absatzes Dritten überlassenen werden, ist insoweit verschärft, als dass diese nur dann nicht unter den Begriff des Verwaltungsvermögens fallen, wenn der Absatzsteigerungszweck im Rahmen von Lieferungsverträgen verfolgt wird.

In Bezug auf die sogenannte unschädliche Verwaltungsvermögensgrenze ist keine Änderung enthalten, so dass bis zu zehn Prozent Verwaltungsvermögen (netto) des Betriebsvermögens (um den Nettowert des Verwaltungsvermögens gekürzt) als begünstigtes Vermögen behandelt wird.

Altersversorgungsverpflichtung

Begünstigungsfähiges Vermögen, das ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus den Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubigern entzogen ist, gehört nur bis zur Höhe des gemeinen Wertes der Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen nicht zum Verwaltungsvermögen. Die inhaltliche Begrenzung wird damit nun auch der Höhe nach gedeckelt.

Stundung

Die zinslose Stundung, die nach wie vor ausschließlich bei Erwerben von Todes wegen greift, ist nunmehr lediglich für einen Zeitraum von einem Jahr (anstelle der angedachten 10 Jahre) vorgesehen. Für weitere sechs Jahre ist die Stundung ebenfalls nur für den Erbfall anwendbar, allerdings erfolgt insoweit eine Verzinsung nach den allgemeinen Regelungen der Abgabenordnung.

Vor dem Hintergrund, dass die gesetzliche Verzinsung in Höhe von sechs Prozent ohnehin deutlich überzeichnet ist und in der steuerpolitischen Diskussion steht, ist die Verkürzung der Eingrenzung auf ein Jahr kaum nachvollziehbar. Dabei setzt der Stundungsanspruch die Einhaltung der Lohnsummenregelung und der Behaltensfrist voraus, womit er den gleichen Bedingungen wie eine Steuerbefreiung unterliegt.

Kapitalisierungsfaktor

Der Kapitalisierungsfaktor, der für die Bestimmung des Unternehmenswerts nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren maßgeblich ist, wird angepasst, um in Zeiten von niedrigen Zinsen die derzeit massive Überbewertung von Unternehmen zu vermeiden.

Es handelt sich hierbei um eine längst überfällige Anpassung an die tatsächlichen Bewertungsverfahren und Wertverhältnisse, die nun ein Stück weit zurückgenommen wird durch die Festlegung des Kapitalisierungsfaktors auf 13,75.

Inkrafttreten

Die Vorschriften sind rückwirkend ab Juli 2016 anwendbar; die Regelung zum Kapitalisierungsfaktor gelten hingegen bereits zum  Januar 2016.

 

Fazit: Mehrbelastungen sind zu erwarten

Aufgrund der erheblichen Verschärfungen der erbschaftsteuerlichen Regelungen muss der große Mittelstand mit erheblichen erbschaftsteuerlichen Mehrbelastungen rechnen.