Christoph Schaefer-Kehnert

Christoph Schaefer-Kehnert, Vorsitzender des Arbeitskreises Entwicklungspolitik, fordert einen Paradigmenwechsel in der Entwicklungspolitik © BDI

Drei Fragen an Christoph Schaefer-Kehnert

Der BDI nimmt mit einem Grundsatzpapier erstmals umfassend an der entwicklungspolitischen Debatte teil. Christoph Schaefer-Kehnert erklärt als Vorsitzender des BDI-Arbeitskreises für Entwicklungspolitik, warum sich die deutsche Industrie in der Entwicklungszusammenarbeit engagiert. Als Managing Director der GFA Consulting Group GmbH fordert Schaefer-Kehnert zudem: Wir benötigen einen Paradigmenwechsel!

1. Entwicklungszusammenarbeit und Industrie. Wie passt das zusammen?

Ich bin der festen Überzeugung, dass privatwirtschaftliches Engagement die entscheidende Grundlage für nachhaltige Entwicklung ist. Durch ausländische Direktinvestitionen, Exporte und Investitionen vor Ort sind deutsche Unternehmen bereits vielfach in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv. Deutsche Unternehmen leisten durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, den Auf- und Ausbau von Infrastruktur, Know-how- und Technologietransfer essenzielle Beiträge für Entwicklung. Viele deutsche Unternehmen gehen aber noch einen Schritt weiter. Erfolgreiche Geschäftstätigkeit und ein sinnvoller Beitrag zur Entwicklung des ökonomischen, sozialen und ökologischen Umfelds sind kein Widerspruch. Im Gegenteil: Gestaltet ein Unternehmen sein Umfeld auch an einem neuen Investitionsstandort aktiv mit, ergeben sich oft positive Auswirkungen für das Kerngeschäft. Inzwischen erkennen viele Entscheider in der Industrie, dass eine aktive Rolle in einem Entwicklungs- oder Schwellenland Innovationspotenziale freisetzen kann und ihren Erfolg über Jahre sichert. Als deutsche Industrie leisten wir somit einen wichtigen Beitrag in Entwicklungs- und Schwellenländern.

2. Was verstehen Sie unter einem Paradigmenwechsel?

Zur Lösung mehrdimensionaler Herausforderungen in globalisierter Welt bedarf es Paradigmenwechsel in der nationalen Entwicklungspolitik. Deutsche Unternehmen sind in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv. Sie sind damit Akteure vor Ort, leisten einen Beitrag, sind aber auch direkt von politischen Entscheidungen betroffen.

Letztendlich sind wir aber keine Entwicklungsagenturen. Der Staat muss die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen. Wir teilen aber ein gemeinsames Interesse: Das Interesse an der Überwindung von Armut, an stabilen und demokratischen Systemen und Zukunft für die Menschen in ihrem Heimatland. Ich bin der festen Überzeugung, dass die globalen entwicklungspolitischen Ziele sich nachhaltig nur in Kooperation mit der Wirtschaft erreichen lassen. Lange wurde das Potenzial der Wirtschaft nicht genutzt. Zwar fand hier in den letzten Jahren ein Umdenken statt, aber es gibt definitiv noch Luft nach oben. Wir verstehen uns als Partner in der Entwicklungszusammenarbeit und können gemeinsam vieles leisten. Zusammenarbeit mit der Wirtschaft muss gleichberechtigt neben die Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren rücken. Die Wirtschaft als Partner zu erkennen und verstärkt zu nutzen wäre für mich ein Paradigmenwechsel.

3. Welche Handlungsfelder sind aus Ihrer Sicht besonders relevant?

Internationale Organisationen sind wichtige Akteure der Entwicklungszusammenarbeit. Sie schaffen den Rahmen für entwicklungspolitische Grundsätze und die Entwicklung internationaler Standards.

Aktuell gibt es eine Reihe von internationalen Prozessen, an deren Mitgestaltung die deutsche Wirtschaft großes Interesse hat. Neben der Agenda für Nachhaltige Entwicklung, ist die Umsetzung des Abkommen zur Handelserleichterung der WTO zu nennen. Eine Einbindung der Wirtschaft bei der Ausgestaltung bedeutet nicht nur, dass deutsche Unternehmen international wettbewerbsfähig bleiben, sondern auch, dass sie einen signifikanten Beitrag zur Entwicklung leisten können.

Insbesondere die Sustainable Development Goals (SDGs) bilden dabei den Rahmen für die Ausgestaltung der nationalen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Es ist das wohl ehrgeizigste Projekt der internationalen Gemeinschaft zur Entwicklung. Neu bei den SDGs ist die prominente Rolle die der Privatwirtschaft bei der Umsetzung dieser Ziele zugedacht wird. Unternehmen sollen das Wachstum ankurbeln, neue Technologien und Verfahren entwickeln und partnerschaftlich mit Akteuren aus der Politik und der Gesellschaft zusammenarbeiten.

Unternehmen können diesen Bedeutungszuwachs bei der Bekämpfung von Armut, Hunger, Umweltverschmutzung und Ungerechtigkeit als Chance sowie als Motor für die eigene Geschäftstätigkeit begreifen. Der weltweite Bedarf an Straßen, Brücken, Flughäfen, an Krankenhäusern und Schulen aber auch an Nahrung, angepassten Konsumgütern und Bildung ist gewaltig. Dazu kommen die Möglichkeiten, deutsche Technologien, bekannter zu machen und an der Verbesserung von Rahmenbedingungen, etwa bei der Bekämpfung von Korruption oder schwerfälligen Verwaltungsstrukturen, mitzuhelfen.