Drei Fragen an Gerhard Endemann, WV Stahl

Die Abfallgesetzgebung der Europäischen Union soll reformiert werden, um die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Ziel ist es, die Verfügbarkeit, Nutzung und Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe zu verbessern. Gerhard Endemann, Leiter Politik des Wirtschaftsverbands Stahl, glaubt jedoch, dass die Reform bestehende Konflikte nur teilweise löst. Wir haben ihm drei Fragen zum Maßnahmen-Paket der EU-Kommission gestellt.

Herr Endemann, wie schätzen Sie das Kreislaufwirtschaftspaket der EU-Kommission ein: Ist der Vorschlag gelungen?

Der Ansatz, die Kreislaufwirtschaft zu stärken, ist grundsätzlich der richtige Weg. Wichtig wäre allerdings gewesen, dass die Politik jetzt die Chance ergreift, endlich eine Kreislaufwirtschaftspolitik aus einem Guss zu formulieren, die Zielkonflikte anspricht und aufzuheben versucht. Das ist nur teilweise gelungen. Dabei knüpfen die Unternehmen positive Erwartungen an eine verstärkte Kreislaufwirtschaft. Es besteht die Möglichkeit, dass damit eine bessere Verfügbarkeit wertvoller Sekundärrohstoffe und weitere Impulse zur effizienten Nutzung und auch Einsparung von Ressourcen einhergehen. Klar ist aber auch: Die kontroversen Diskussionen um die Wahl der richtigen Instrumente wird nicht sofort beendet sein.  

Thema „Delegierte Rechtsakte“: Sind die Ermächtigungsregelungen für die Kommission angebracht? 

Die Tendenz der EU-Kommission, sich über das Mittel der „Delegierten Rechtsakte“ eine de-facto-Gesetzgebungsbefugnis aneignen zu wollen, sieht die Industrie sehr kritisch. Das Instrument der „Delegierten Rechtsakte“ ist eigentlich dazu da, kleinere Details ohne viel Aufwand und unbürokratisch zu regeln. Wenn es aber dazu benutzt werden soll, grundsätzliche Angelegenheiten des europäischen Abfallrechts anzufassen, ohne dabei das Europäische Parlament oder die Mitgliedstaaten zu beteiligen, ist dies nicht nur politisch unklug. Es stellt auch einen klaren Verstoß gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

An welchen Stellen sollte man das Paket aus Ihrer Sicht nachbessern?

Problematisch sind aus Sicht der deutschen Industrie die großen Unterschiede innerhalb der EU, etwa im Bereich der Abfallentsorgung. In vielen Mitgliedstaaten ist die Deponierung von Abfällen ohne weitere Vorbehandlung nach wie vor die Hauptentsorgungsform. Dies muss sich ändern. Vor diesem Hintergrund fordert der BDI eine stärkere Fokussierung auf die europaweit einheitliche Umsetzung des bestehenden Rechtes und einen effektiven Vollzug in den Ländern. Es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der europäischen Rechtssetzung, ob Vorgaben tatsächlich und effektiv angewandt werden.