Europäische Kommission plant Änderungen in der EU-Fusionskontrolle

Die Europäische Kommission hat Anfang 2017 eine öffentliche Konsultation zu Änderungen in der EU-Fusionskontrolle durchgeführt. Im Fokus standen dabei die Aufgreifschwellen sowie die Verweisungsregeln der europäischen Fusionskontrollverordnung. Der BDI befürwortet das Vorhaben, die EU-Fusionskontrolle effektiver zu gestalten, warnt jedoch vor neuen Bürokratielasten für Unternehmen.

Die Kommission hatte bereits 2013 und 2014 Konsultationen zu möglichen Änderungen in der Fusionskontrollverordnung durchgeführt und ein entsprechendes Weißbuch veröffentlicht. Die in dem Weißbuch von 2014 noch angedachte Prüfung des Erwerbes nichtkontrollierender Minderheitsbeteiligungen auf EU-Ebene, gegen die die Wirtschaft massive Kritik geäußert hatte, wurde in der aktuellen Konsultation nicht mehr aufgegriffen. Schwerpunkte der aktuellen Befragung waren:

Neue Anmeldeschwellen

Die Kommission konsultierte zu der Frage, ob die bisherigen Umsatzschwellenwerte durch alternative Aufgreifkriterien wie den Transaktionswert einer Übernahme ergänzt werden sollten. Hierdurch könnten Übernahmen von Unternehmen durch die Kommission geprüft werden, bei denen die beteiligten Unternehmen zwar noch keinen nennenswerten Umsatz im Europäischen Wirtschaftsraum erzielen, jedoch über ein erhebliches Marktpotenzial verfügen, das sich beispielsweise durch einen hohen Kaufpreis zeigt. Dies könnte insbesondere in den Wirtschaftszweigen digitale Dienstleistungen und Arzneimittel zu vermehrten Prüfungen durch die Kommission führen. Eine vergleichbare Diskussion fand auch national im Rahmen der neunten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen statt. Der deutsche Gesetzgeber hat die neue Aufgreifschwelle nun in das nationale Wettbewerbsrecht übernommen.

Vereinfachungen für unproblematische Fälle

Die Kommission möchte das Verfahren für Zusammenschlüsse, die normalerweise keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken geben, vereinfachen. Angedachte Möglichkeiten sind dabei der komplette Ausschluss bestimmter Übernahmen von der EU-Fusionskontrolle, verringerte Informationspflichten im vereinfachten Verfahren oder die Einführung eines Systems der Selbstbeurteilung für bestimmte Zusammenschlüsse – es bliebe den Zusammenschlussparteien überlassen, ob sie die Übernahme anmelden, der Kommission stünde es aber frei, eine Untersuchung des Zusammenschlusses vorzunehmen.

Änderungen bei Fallverweisungen

Die Kommission greift ihre Vorschläge aus dem Weißbuch 2014 zu Änderungen im Verweisungssystem zwischen Kommission und Mitgliedstaaten wieder auf. Verfahrenserleichterungen soll es zum einen für den Fall geben, dass ein Zusammenschluss, der grundsätzlich in die Prüfkompetenz eines oder mehrerer Mitgliedstaaten fiele, auf Antrag der beteiligten Unternehmen durch die Kommission geprüft wird. Zum anderen sollen auch prozessuale Verbesserungen für Fallverweisungen der Mitgliedstaaten an die Kommission nach bereits erfolgter Anmeldung auf nationaler Ebene vorgesehen werden.

BDI warnt vor neuen Bürokratielasten für Unternehmen

Der BDI befürwortet das Vorhaben der Kommission, die EU-Fusionskontrolle effektiver zu gestalten. Prozessuale Erleichterungen für Übernahmen, die keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken aufweisen, sowie Erleichterungen und Verkürzungen bei Fallverweisungen werden daher begrüßt.

Kritisch sieht der BDI jedoch die angedachte Einführung eines neuen Aufgreifschwellenwertes. Durch eine an das Transaktionsvolumen geknüpfte Aufgreifschwelle könnten künftig auch Fälle durch die Europäische Kommission geprüft werden, die kaum Bezug zum Europäischen Wirtschaftsraum aufweisen (fehlender „Local Nexus“). Angesichts nur eines immer wieder genannten Präzedenzfalls (Übernahme Facebook/WhatsApp im Jahr 2014) und ohne dass ein wettbewerbspolitischer Bedarf erkennbar wäre, ist ein solches Mehr an bürokratischem Aufwand für die Unternehmen nicht vertretbar.