Familienunternehmen fürchten sinkende Attraktivität des Standorts Deutschland

Höhere Energiekosten sind größter Risikofaktor. Bekenntnis zu Deutschland bei Investitionen, Zukäufen und Jobs. Zuversicht für Konjunktur.

Deutschlands größte Familienunternehmen stellen ihrem Heimatstandort sehr gute Noten aus, fürchten aber politischen Gegenwind. Fast die Hälfte (47 Prozent) unter ihnen erwartet, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland aufgrund der aktuellen Wirtschaftspolitik an Attraktivität verliert. In der Industrie liegt der Anteil sogar bei 54 Prozent. Das ergibt die aktuelle Befragung „Die größten Familienunternehmen in Deutschland“, die der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Deutsche Bank und das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn in Berlin vorgestellt haben. Befragt wurden im Januar und Februar rund 400 der 4.500 größten Familienunternehmen in Deutschland mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro.

Größter Belastungsfaktor sind aus Sicht der Familienunternehmer die Energiekosten: Zwei Drittel (67 Prozent) bewerten diese als schlecht oder sehr schlecht für den Standort. Fast die Hälfte der befragten Familienunternehmen (47 Prozent) meint, dass die Energiewende zum deutlichen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Konkurrenz im Ausland wird. Jedes dritte große Familienunternehmen (32 Prozent) hält es sogar für denkbar, in den nächsten zwei Jahren Arbeitsprozesse aufgrund der Energiewende ins Ausland zu verlagern.

„Die Energiewende darf dem Industriestandort Deutschland keinen dauerhaften Schaden zufügen“, warnte BDI-Vizepräsidentin Ingeborg Neumann. „Ich appelliere an die Länder, beim heutigen Energiegipfel nicht nur auf ihre Partikularinteressen zu setzen, sondern dazu beizutragen, die Energiewende noch zum Erfolg zu führen. Die Politik muss sich jetzt ernsthaft darum kümmern, wie Wertschöpfung auch in den nächsten Jahren in Deutschland möglich ist.“

Noch fällt das Urteil der Familienunternehmer über den Wirtschaftsstandort insgesamt positiv aus: 83 Prozent halten die Bedingungen hierzulande für besser als im internationalen Vergleich. Mehr als drei Viertel aller Sachinvestitionen der Familienunternehmer flossen im vergangenen Jahr ins Inland. Und mehr als die Hälfte der Befragten, die in den kommenden zwei Jahren extern wachsen wollen, planen Zukäufe innerhalb Deutschlands. „Die Ergebnisse zeigen ein starkes Bekenntnis der Unternehmen zum Standort Deutschland“, sagte Wilhelm von Haller, Leiter der Privat- und Firmenkundenbank bei der Deutschen Bank AG.

Für 2014 sind die Unternehmen optimistisch: Zwei Drittel erwarten eine gute bis sehr gute Wirtschaftslage. Als Konsequenz wollen rund 40 Prozent die Investitionen im laufenden Jahr weiter erhöhen, nicht einmal jedes fünfte will sie senken. „Die Umfrage liefert ein sehr ermutigendes Signal für die deutsche Konjunktur“, sagte von Haller.

Im Gegensatz zu vielen DAX-Unternehmen beschäftigen die größten Familienunternehmen weiterhin den überwiegenden Teil ihrer Beschäftigten in Deutschland. „In rund 70 Prozent der Unternehmen sind mehr als drei Viertel der Mitarbeiter im Inland beschäftigt. Auch im laufenden Jahr beabsichtigen mehr als 40 Prozent der Unternehmen ihre Mitarbeiterzahlen zu erhöhen“, so die Präsidentin des IfM Bonn Professor Friederike Welter.