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Industrie-Startups stärken – Wagniskapital mobilisieren

In Industrie-Startups wird MINT-Know-how lebendig: Hightech-3D-Drucker, nachhaltige Energieerzeugungstechnologien, neue Medikamente, Geschäftsmodelle und Antriebe schicken sich an, unsere Welt zu verändern. Noch machen wir solchen Startups den Start zu schwer. Das muss sich ändern. In einem Positionspapier legt der BDI politische Handlungsempfehlungen dar.

Industrie-Startups erfüllen als agile junge innovative Unternehmen für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft in Deutschland wichtige Funktionen: nicht zuletzt als Technologie-Input in der Wertschöpfungskette größerer Unternehmen, als Markttreiber, der den Wettbewerb anregt, aber auch als Disruptor, der den Strukturwandel beschleunigt. 

Die meisten Industrie-Startups weisen eine hohe Komplexität des in Produkten, Diensten und Geschäftsmodellen umgesetzten Wissens auf. Obwohl gerade erst am Beginn ihrer Unternehmenskarriere sehen sich Industrie-Startups in aller Regel mit einer Reihe spezifischer Hürden und Herausforderungen konfrontiert. Zentral ist die Frage der Finanzierung.

Wer Innovationen erfolgreich in wirtschaftlich verwertbare Produkte und Dienstleistungen umsetzen will, benötigt ausreichende Finanzmittel. Vor allem bei Industriegründungen in forschungs- und entwicklungsintensiven Branchen ist der Finanzbedarf meist sehr hoch. Ihre Geschäftsideen sind oft stärker risikobehaftet als etwa die von Gründungen im klassischen Dienstleistungsbereich, beruhen sie doch immer häufiger auf immateriellen Vermö­gensgegenständen wie etwa Erfindungen, die schwerer zu bewerten sind. Zudem benötigen industrielle Gründer meist einen langen Atem bis zur Marktreife. Das erfordert eine langfristige finanzielle Begleitung, die den Kreis der Finanzierer deutlich einschränkt.

Anspruch und Realität: Mangelware Wagniskapital

Der Mangel an Risikokapital in Deutschland ist denn auch eine der wesentlichen Ursachen für die mäßige Gründungsdynamik im Industriesektor. Gerade für Industriegründungen, die einen überproportional hohen Finanzbedarf für Forschung und Entwicklung besitzen, spielt Wagniskapital eine zentrale Rolle. Zwar existiert eine breite Palette an öffentlichen Förderprogrammen und privaten Initiativen, die innovative Gründer finanziell unterstützen. Doch nur ein stärkeres Engagement privater Investoren, die bereit sind, größere Summen zu investieren, kann die Anzahl industrieller Gründungen nachhaltig steigern.  

Die Potenziale des deutschen Beteiligungsmarktes sind längst nicht ausgeschöpft. Im europäischen Vergleich und erst recht im Vergleich zu den USA ist der deutsche Markt eher klein: Während hierzulande nur magere 0,02 Prozent des BIP investiert werden, steht in den USA relativ zur Wirtschaftskraft fast das 10-fache (0,17 Prozent des BIP) an Mitteln zur Verfügung.

Der deutsche Beteiligungsmarkt kann aber nur wachsen und internationales Niveau erreichen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Grundsätzlich zu begrüßen, ist daher die Initiative der Bundesregie­rung, Deutschland als Investitionsstandort für Wagniskapital inter­national attraktiver zu machen. Einiges ist bereits auf den Weg gebracht worden: etwa der Ausbau des INVEST-Zuschussprogramms, die Verbesserung der EXIST-Förderung für Gründerteams, die punktuelle Verbesserung steuerlicher Rahmenbedingungen für Wagniskapital sowie die Auflage neuer öffentlicher Wagniskapitalfonds. Dies reicht jedoch nicht aus. Nach wie vor fehlt ein konsistentes Konzept, um dem Wagniskapitalmarkt nachhaltige Impulse zu geben.

Wenn das Regelwerk bremst

Die von der öffentlichen Hand mit Förderprogrammen bereit gestellten Mittel sind hilfreich, um den Finanzierungsrückstand bei Wagniskapitalinvestitionen zu den USA und anderen Ländern zu reduzieren. Öffentliche Finanzierungshilfen werden Startups nur dann wirklich nutzen, wenn bestehende steuerliche, rechtliche und regulatorische Investitionshemmnisse abgebaut werden.

Das Positionspapier des BDI enthält zahlreiche Handlungsempfehlungen, wie die Finanzierung junger innovativer Unternehmen wirksam verbessert werden könnte, so etwa:

  • Eine stärkere steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung – etwa in Form einer volumenbasierten Steuergutschrift – erleichtert Investitionen in innovative Unternehmen.
  • Verlustvorträge sollten bei einem Anteilseignerwechsel uneingeschränkt steuerlich genutzt werden können.
  • Für forschungs- und sachinvestitionsintensive Unternehmensgründungen sollte die Mindestbesteuerung fallen. Derzeit müssen Startups trotz nicht aufgebrauchter Verlustvorträge Steuern zahlen.
  • Eigenkapitalfinanzierung und Fremdfinanzierung sollten künftig steuerlich gleich behandelt werden. Das aktuelle Steuerrecht geht mit beiden Finanzierungsquellen sehr unterschiedlich um.
  • Eine weitere Ausstockung des INVEST-Zuschusses für Wagniskapital und für den High-Tech Gründerfonds würde die Investitionsbereitschaft privater Geldgeber erhöhen.  
  • Ein attraktiverer europäischer Rechtsrahmen für Crowdfunding-Aktivitäten würde noch mehr Kleinanleger motivieren, ihr Geld in Startups zu investieren.
  • Teure und kapitalverzehrende bürokratische Lasten bremsen Startups aus. Bisherige Initiativen der Politik zum Bürokratieabbau greifen zu kurz und müssen erweitert werden.
  • Die Einführung neuer Rechtsformen wie die „Aktiengesellschaft light“ sollte geprüft werden, die Europäische Privatgesellschaft (SPE) erleichtert die Beteiligung an jungen Wachstumsunternehmen.
  • Gleichzeitig sollte der Gesetzgeber die institutionellen Rahmenbedingungen für Börsengänge von Startups verbessern.
  • Bislang verhindern zu enge regulatorische Vorgaben VC-Investitionen von Versicherungen, Banken und Fonds. Sie sollten beseitigt werden.