BDI-Präsident Ulrich Grillo bei der Industriekonferenz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie am 18. Februar 2016 in Berlin © BMWi/Maurice Weiss

Klare industriepolitische Leitlinien von europäischer Politik erwartet

Derzeit fehlen pro Jahr rund 300 Milliarden Euro an Investitionen. Das Bündnis „Zukunft der Industrie“ legt auf einer Konferenz Handlungsempfehlungen vor.

Mitte Februar hat die High-Level Group des Bündnisses „Zukunft der Industrie“ auf der hochrangigen Industriekonferenz „Zukunftsperspektive Industrie 2030“ im Bundeswirtschaftsministerium eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Diese beinhaltet industriepolitische Leitlinien und konkrete Forderungen für einen investitionsstarken und innovativen Industriestandort Europa.  

Die Gemeinsame Erklärung formuliert konkrete Handlungsempfehlungen an die EU: 

  • Die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas muss durch Investitionen und Innovationen gestärkt werden. Dafür ist eine stärkere Kohärenz in der Gesetzgebung notwendig. Negative Auswirkungen z. B. auf die Investitionstätigkeit und die Innovationsfähigkeit in Europa müssen verhindert werden (Wettbewerbsfähigkeits- und Innovationscheck). 
  • Auch in der Energie- und Klimapolitik ist eine bessere Abstimmung in der Gesetzgebung und vor allem eine Orientierung am internationalen Ordnungsrahmen wichtig. 
  • Die EU und die Mitgliedstaaten müssen sich dafür einsetzen, dass die neuen Klimabeschlüsse von Paris weltweit verbindlich sind, um ein Carbon Leakage – und letztendlich auch ein Job- und Investment-Leakage in Europa – zu verhindern. Das 20-Prozent-Industrieziel muss den gleichen Stellenwert wie das 20-Prozent-Klimaziel erhalten. 
  • In Europa muss die Ausgestaltung des Emissionshandels (ETS) eine Wachstumschance für die Industrie berücksichtigen, die sich am technologischen Fortschritt orientiert.
  • Mit Blick auf den möglichen Marktwirtschaftsstatus Chinas erwartet das Bündnis von der Europäischen Kommission eine klare Analyse v. a. eine umfassende ökonomische Folgenabschätzung für die europäische Wirtschaft.
  • Auf dem Weg zum digitalen europäischen Binnenmarkt wünscht sich das Bündnis mehr Geschwindigkeit sowie den Erhalt und Aufbau von Schlüsseltechnologien und -kompetenzen (z. B. in der Mikroelektronik, Batteriezellfertigung und -forschung).

Die drei Initiatoren des Bündnisses äußerten sich im Rahmen der Industriekonferenz wie folgt:

Bundesminister Gabriel: „Eine starke Industrie ist wichtig für Deutschland und Europa. Ich bin daher fest davon überzeugt, dass Europa nur mit einem starken industriellen Kern auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben kann. Industrie bedeutet heute High-Tech, hohes Innovationstempo, gute Ausbildung, kurz: acht Millionen attraktive und produktive Arbeitsplätze. Aber klar ist auch, dass die Industrie nur dann der Garant für Wohlstand und wirtschaftlichen Erfolg sein kann, wenn sie wettbewerbsfähig ist – und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit. Hierfür brauchen wir verlässliche europäische Rahmenbedingungen für Investitionen und Forschung und Entwicklung, aber vor allem auch die richtige Ausrichtung einer europäischen Industriepolitik. Das Ziel, den Industrieanteil (am BIP) in Europa bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen, gehört für mich auch weiterhin auf die europapolitische Agenda und muss den gleichen Stellenwert erhalten wie das 20-Prozent-Klimaziel.“

BDI-Präsident Ulrich Grillo machte deutlich: "Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hat gezeigt: Europa braucht eine starke und moderne Industrie. Vorrang müssen Investitionen in Europa haben. Gegenwärtig liegt das Investitionsniveau in Europa 15 Prozent unter Vorkrisenniveau. Es fehlen pro Jahr rund 300 Milliarden Euro an Investitionen. Das Bündnis ‚Zukunft der Industrie‘ erwartet von der europäischen Politik jetzt klare industriepolitische Leitlinien."

Der Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann: „In diesen Wochen werden wichtige Weichen für die Zukunft der Industrie und der Beschäftigung gestellt. Wir stehen vor der Frage, wie können wir ein Europa ohne Binnengrenzen erhalten? Wie soll die Energiepolitik der Zukunft aussehen? Wie sichern wir die europäische Stahlindustrie vor unlauterem Wettbewerb oder wie kann der Markthochlauf für Elektromobilität befördert werden? Hier den richtigen Weg einzuschlagen, erfordert ein koordiniertes gemeinsames Handeln – und genau dafür haben wir das Bündnis ‚Zukunft der Industrie‘ mit gegründet und arbeiten an konkreten Lösungswegen."

Eine für das Bündnis in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage in der Bevölkerung unterlegt die Notwendigkeit, mit den Menschen zum Thema Akzeptanz der Industrie in den Dialog zu treten. Hierzu hat das Bündnis viele Aktivitäten geplant. U. a. wird im September eine deutschlandweite Aktionswoche stattfinden. Die Industriekonferenz wurde vom Bundeswirtschaftsministerium zusammen mit dem Bündnis "Zukunft der Industrie" veranstaltet – einem starken Zusammenschluss von Industrie, Gewerkschaften, Arbeitgebern und Politik.

Weitere Informationen zum Bündnis: http://www.buendnis-fuer-industrie.de/