Nachbesserungsbedarf beim EU ETS-Reformvorschlag

Die Europäische Kommission hat am 15. Juli 2015 den mit Spannung erwarteten Legislativvorschlag für die Reform des EU-Emissionshandels (EU ETS) vorgelegt. Das Vorhaben nennt sich „Vorschlag für eine Änderung der EU ETS-Richtlinie zwecks Verbesserung der Kosteneffizienz von Emissionsminderungsmaßnahmen und zur Förderung von Investitionen in CO2-effiziente Technologien“.

Der Vorschlag zielt – wie von der deutschen und europäischen Industrie gefordert – darauf ab, durch langfristiger berechenbare politische Rahmenbedingungen das Vertrauen von Investoren in einen zuverlässig funktionierenden CO2-Markt wiederherzustellen. Die Wettbewerbsfähigkeit der ETS-pflichtigen Anlagen darf aber nicht durch zusätzliche einseitige Belastungen beeinträchtigt werden. Ob der Vorschlag dies leistet, darf bezweifelt werden.

Vier konkrete Punkte beunruhigen die deutsche Industrie im Zusammenhang mit dem Juli-Vorschlag im Moment am meisten. So sollen die heute existierenden Emissionswerte (Benchmarks) für alle Industrieprozesse für die vierte Handelsperiode (2021 – 2030) in zwei Schritten deutlich verschärft werden: um bis zu maximal 30 Prozentpunkte bis Mitte der Periode. Diese „Rasenmäher-Methode“ lehnen wir ab, denn sie verkennt entschieden die Situation der sehr unterschiedlichen ETS-pflichtigen Prozesse. Nur technisch und zugleich wirtschaftlich noch umsetzbare Reduktionspotenziale sollten die Basis für ein Update der Benchmarks sein. Sie sollten auch nur angepasst werden, wenn tatsächlich technischer Fortschritt stattgefunden hat.

Zweitens, es wird auch weiter ein Industrie-cap geben, d. h. sollte die von der europäischen Industrie beantragte gesamte Zuteilungsmenge dieses cap überschreiten, wird automatisch jede Zuteilung pauschal um den Prozentsatz gekürzt, der erforderlich ist, um die Einhaltung des Industrie-cap zu gewährleisten. Dies steht aus Sicht der Industrie im Gegensatz zum Bekenntnis der Staats- und Regierungschefs vom Oktober 2014, dass die CO2-effizientesten Anlagen in der EU keine zusätzlichen und einseitigen ETS-bedingten Belastungen zu tragen haben sollten.

Drittens, für die Erstellung der Liste mit Sektoren, deren Anlagen durch die 100 % kostenfreie Zuteilung von Zertifikaten vor der Verlagerung ihrer Aktivitäten ins Nicht-EU-Ausland (Carbon Leakage) geschützt werden sollen, gibt es eine neue Methodik. Diese bewirkt, dass einige Sektoren von der jetzigen Liste fallen werden und so trotz hoher CO2-Intensität einen pauschalen Abzug von 70 % der kostenlosen Zertifikate hinnehmen müssen. Dies widerspricht dem Grundgedanken des Carbon-Leakage-Schutzes. Deshalb braucht es entsprechende Ausnahmen.

Schließlich werden an vielen Stellen im Kommissions-Vorschlag wichtige Regelungen nur erwähnt, aber nicht konkretisiert. Dies soll durch später erfolgende Rechtsetzungsakte der EU-Kommission geschehen. Dies führt zu großer Unsicherheit der ETS-pflichtigen Anlagenbetreiber, die die wirtschaftlichen Auswirkungen des Vorschlags ohne Kenntnis der Umsetzungsmaßnahmen nicht zuverlässig beurteilen können. Diese Unsicherheit schreckt potenzielle Investoren ab.