Plädoyer für einen Paradigmenwechsel in der Zusammenarbeit von Staat und Industrie

In einer globalisierten Welt ist die Exportnation Deutschland mehr denn je von Entwicklungen betroffen, die sich tausende von Kilometern entfernt ereignen. Es handelt sich nicht mehr nur um isolierte Probleme armer Länder. Nur durch eine enge Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft können die Herausforderungen bewältigt werden.

Die deutsche Industrie ist sich ihrer Verantwortung vor dem Hintergrund zunehmender globaler Problemlagen bewusst. Mehr noch: Seit vielen Jahrzehnten sind deutsche Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern präsent. Die Bereitschaft, diesen Erfahrungsschatz in die Kooperation mit der Entwicklungszusammenarbeit einzubringen, ist groß. Ohne dieses Engagement der Wirtschaft kann die Entwicklungspolitik ihr Ziel eines nachhaltigen wirtschaftlichen Wachstums nicht verwirklichen. Doch Unternehmen benötigen gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern politische Flankierung und entsprechende Rahmenbedingungen, um ihre Potenziale entfalten zu können.

Aus Sicht der deutschen Industrie muss es daher einen Paradigmenwechsel in der Entwicklungszusammenarbeit geben: Politik und Wirtschaft müssen eine Partnerschaft eingehen, um Wohlstand weltweit zu ermöglichen. Die Bundesregierung muss diesen Prozess aktiv gestalten. In der Entwicklungspolitik muss die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gleichberechtigt neben die Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren rücken

BDI äußerst sich erstmals zur Entwicklungspolitik

Mit dem Grundsatzpapier zur Entwicklungspolitik nimmt der BDI erstmals konstruktiv und umfassend an der entwicklungspolitischen Debatte teil. Dieses Papier ist nicht nur ein Angebot zum Dialog an nationale und internationale Akteure, sondern auch eine Aufforderung zum gemeinsamen Handeln. Dabei hat die deutsche Industrie drei Kernbereiche identifiziert. 

1. Gemeinsame Ziele verwirklichen

Deutsche Unternehmen handeln weltweit mit Gütern, investieren in Fertigungsstandorte, schaffen Arbeitsplätze und tragen zum Innovationstransfer in Entwicklungs- und Schwellenländer bei. Angesichts der gestiegenen Herausforderungen muss das Portfolio der Bundesregierung zur Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ausgebaut werden. Die Instrumente der technischen und finanziellen Zusammenarbeit gehören auf den Prüfstand und das Haushaltsvolumen in diesem Bereich sollte auf fünf Prozent des bestehenden Gesamthaushaltes des BMZ erhöht werden.

2. Rahmenbedingungen für nachhaltige Entwicklung schaffen

Unternehmerisches Engagement kann nur zu positiven Effekten führen, wenn die Rahmenbedingungen auf die Bedürfnisse der Wirtschaft abgestimmt sind. Die deutsche Entwicklungspolitik muss ihre Anstrengungen bei der Beratung der Partnerländer erhöhen und bei der Schaffung eines ordnungspolitischen Rahmens unterstützen.

Das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft muss leitend für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit sein und die Förderung von Klein- und mittelständischen Unternehmen sowie von Ausbildungssystemen ganz oben auf der Agenda stehen.

3. Internationale Allianzen für Entwicklung nutzen

Ohne umfassende internationale Anstrengung wird die Entwicklungszusammenarbeit ihre Ziele nicht erreichen können. Das Leitbild hierfür sind die Sustainable Development Goals, mit denen die Vereinten Nationen bis 2030 ehrgeizige Ziele für eine gerechte Welt formuliert haben. Ein substantieller Beitrag der Wirtschaft ist nötig, um diese Ziele zu erreichen. Der BDI fordert die Bundesregierung daher zu einer aktiven Gestaltung des deutschen Beitrags auf. Dazu gehört, auf inter- und supranationaler Ebene die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu verbessern.