Stärkung der regionalen Kooperation – neue Impulse für die europäische Energiepolitik

Die EU-Kommission hat ihr Maßnahmenpaket „Saubere Energie für alle Europäer“ vorgelegt. Mit den Vorschlägen soll die europäische Energiewende bis 2030 und darüber hinaus fortgeschrieben werden. Die Kommission adressiert aktuelle Schwächen der Energiesysteme und will damit auch für mehr Kosteneffizienz im Klimaschutz sorgen. Der BDI wird zu diesem Gesetzespaket Stellung nehmen.

Energieeffizienz als oberstes Gebot

Die EU-Kommission schreibt im Winterpaket die Energie- und Klimaziele der EU für die kommende Dekade verbindlich fest. Dabei soll die europaweite Steigerung der Energieeffizienz um 30 Prozent oberste Priorität genießen. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll sich in 2030 auf 27 Prozent belaufen. Von nationalen Zielvorgaben sieht die Kommission in beiden Bereichen ab. Vielmehr soll ein Governance-System mit nationalen Energie- und Klimaschutzplänen, nationalen Berichtspflichten und einer regelmäßigen Kontrolle durch die EU-Kommission die Beiträge der Mitgliedstaaten zur Zielerreichung auf europäischer Ebene sicherstellen. Stakeholder wie auch die Nachbarstaaten sollen von den nationalen Regierungen bei Aufstellung der Energie- und Klimaschutzpläne eingebunden werden.

Märkte für die Zunahme an variabler Energie fit machen

Die EU-Kommission setzt auf marktverträglichere Lösungen zur Dekarbonisierung der Strommärkte und will erneuerbare Energien stärker in den Markt integrieren. So schlägt sie eine weitestgehende Abschaffung des Einspeisevorrangs für Strom aus erneuerbaren Energien und hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) vor. Ausgenommen sind hiervon Bestandsanlagen. Alle Stromanbieter sollen für Störungen des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage von Strom einstehen müssen (Bilanzkreisverantwortung). Die Großhandelsmärkte sollen weiter entwickelt werden, um den Anforderungen des wachsenden Anteils variablen Stroms besser Rechnung zu tragen. Zusätzlich sollen nationale Fördersysteme für Anbieter erneuerbaren Stroms aus anderen EU-Staaten schrittweise geöffnet werden; dies betrifft zunächst 10 Prozent der neu geförderten Kapazität und ab 2026 15 Prozent.

Staatliche Interventionen auf Mindestmaß begrenzen und Endverbraucher einbinden

Staatliche Kapazitätsmechanismen dürfen nur auf der Basis einer europaweiten Versorgungsanalyse eingeführt werden und auch nur dann, wenn die Behebung der Marktstörung nicht anderweitig möglich ist. Die EU-Staaten sollen sich vorrangig darauf konzentrieren, bestehende regulatorische Barrieren auszuräumen, die notwendigen Infrastrukturen auszubauen und die Nachfrageflexibilität zu erhöhen. Die staatlichen Kapazitätsmechanismen dürfen den grenzüberschreitenden Stromhandel nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen und müssen in den Vergabeverfahren grenzüberschreitende Anbieter berücksichtigen. Teilnehmen können nur Kraftwerke, die weniger als 550g CO2/kWh emittieren. Der Schwellenwert gilt zunächst für Neuanlagen und wird fünf Jahre nach Inkrafttreten der Strommarktverordnung auf Bestandsanlagen erweitert.

Zusätzlich sollen die Endverbraucher zu mehr Eigenengagement im Bereich Energieeffizienz und erneuerbare Energien ermutigt werden, u. a. durch dynamische Stromverträge, Intelligente Zähler und das Recht, Eigenstrom zu produzieren und ins Netz einzuspeisen.

Erste Diskussionen in Rat und Parlament

Im Rat haben die ersten Diskussionen auf Ministerebene im Energierat am 27. Februar 2017 begonnen. Die EU-Kommission betonte bei dieser Gelegenheit die Schlüsselrolle der integrierten nationalen Energie- und Klimapläne als Instrument der Umsetzung der 2030-Ziele. Viele Mitgliedstaaten forderten mehr Flexibilität bei der Umsetzung der Ziele zur Energieeffizienz und zum Ausbau erneuerbarer Energien. Kritik wurde an der Obergrenze von 550g CO2/kWh für Kapazitätsmechanismen geäußert, vor allem seitens Polen.

Der aktuelle maltesische EU-Ratsvorsitz möchte in der ersten Jahreshälfte 2017 die legislativen Vorschläge zur Energieeffizienz und zur Gebäudeeffizienz intensiver angehen und im Energierat im Juni eine allgemeine Ausrichtung erreichen. Die restlichen Dossiers des Winterpakets sollen unter den Maltesern andiskutiert werden. Das Europaparlament hat ein ambitionierteres Tempo eingeschlagen. Die Berichterstatter im federführenden Energie- und Industrieausschuss (ITRE) stehen fest. Ende Februar erfolgten die ersten Aussprachen im ITRE. Die Abstimmungen im ITRE sind für den Zeitraum September – November 2017 angesetzt; die Abstimmungen im Plenum stehen noch nicht fest.

Positive Impulse aus Brüssel

Der BDI verfolgt die seit Jahren zunehmenden nationalen Interventionen in die Energiemärkte mit Sorge. Die vorgeschlagenen Maßnahmen der EU-Kommission beinhalten wertvolle Anstöße, staatliche Interventionen abzubauen und erneuerbare Energien stärker in den Markt zu integrieren.

Positiv bewertet der BDI zudem den Vorstoß der Kommission, ein höheres Maß an regionaler Kooperation im Stromsektor einzufordern. Die 2030-Zielvorgaben können nur kosteneffizient erreicht werden, wenn die EU-Staaten die Sicherung ihrer Energieversorgung grenzüberschreitend organisieren und sich untereinander besser abstimmen. Die schrittweise Öffnung der Fördersysteme für erneuerbare Energien für grenzüberschreitende Anbieter bietet einen ersten Ansatz. Eine konsequente Harmonisierung des Ausbaus erneuerbarer Energien könnte jedoch darüber hinaus jährliche Effizienzgewinne von bis zu 16 Milliarden Euro mit sich bringen, laut einer Studie des Europäischen Parlaments.