Wirtschaftsabkommen zwischen EU und AKP-Staaten bedeutet Win-Win für beide Seiten

Die EU und die Gruppe der afrikanischen, pazifischen und karibischen Staaten – kurz AKP-Staaten – stärken ihre Partnerschaft: Das Europäische Parlament stimmte dem Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EPA zwischen der EU und der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrikas zu. Nach 14 Jahren Verhandlungen begrüßt der BDI diesen wichtigen Schritt in Richtung Freihandel. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Abkommen?

Was ist das Ziel der EPAs?

Ziel der EPAs ist es, die schrittweise Integration der AKP-Staaten in die Weltwirtschaft zu fördern, somit ihre nachhaltige Entwicklung zu begünstigen und damit einen Beitrag zur Minderung der Armut in den AKP-Staaten zu leisten. Des Weiteren streben die EPAs an, regionaler Integrationsprozesse innerhalb der AKP-Staaten zu stärken.

Was sind EPAs?

Die Europäische Union (EU) verhandelt seit 2002 mit den AKP-Staaten über die EPAs. Diese sollen die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den 79 AKP-Staaten und der EU durch Freihandelsabkommen neu gestalten. Um den unterschiedlichen Entwicklungsstand der einzelnen Partner zu berücksichtigen, folgen die EPAs dem Grundsatz der asymmetrischen Marktöffnung. Empfindliche, afrikanische Produkte können somit von der vollständigen Liberalisierung ausgeschlossen werden.

So garantiert das EPA zwischen der EU und der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrikas (SADC) Produkten aus Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland dauerhaft zoll- und quotenfreien Marktzugang zum EU-Markt. Im Gegenzug öffnet die Zollunion des südlichen Afrika (Southern African Customs Union, kurz SACU) ihren Markt für 86 Prozent der EU-Produkte. Dieser Grad der Asymmetrie in einem Freihandelsabkommen ist für die EU ein Novum.

Die vertragliche Grundlage der EPA liegt im Cotonou-Abkommen, das die EU und die AKP-Staaten im Jahr 2000 in der Hauptstadt von Benin unterzeichneten.

Wer verhandelt?

Die Verhandlungen werden zwischen der EU und regionalen Gruppen innerhalb der AKP-Staaten geführt. In Afrika wurden auf regionaler Ebene bereits Abkommen mit Westafrika[1] und SADC[2] geschlossen. Mit der Ostafrikanischen Gemeinschaft[3] (East African Community, kurz EAC), den Staaten des [...] östlichen und des südlichen Afrika[4] (Eastern and Southern Africa, kurz ESA) sowie mit Zentralafrika[5] werden die Verhandlungen zurzeit fortgeführt.

Wie kam es zu den EPAs?

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den AKP-Staaten auf der einen Seite und den Mitgliedern der Europäischen Gemeinschaft, später der EU, auf der anderen Seite sind seit Beginn der 1960er Jahre Gegenstand spezieller Abkommen. Von den Yaoundé-Abkommen (1963-1975) zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den früheren französischen Kolonien in Afrika über die Lomé-Abkommen (1975-2000) bis zu den gegenwärtigen sogenannten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen als Teil des Cotonou-Abkommens (2000-2020) gab es spezielle Handelssysteme für die Beziehungen zwischen den beteiligten Staaten. Die Abkommen beinhalteten neben den Handelsaspekten finanzielle Unterstützung und in unterschiedlichem Ausmaß den politischen Dialog.

Lomé-Abkommen

Kernpunkte der Lomé-Abkommen waren einseitige Handelspräferenzen und die Einrichtung von Fonds, mit denen bei sinkenden Weltmarktpreisen oder Ernteausfälle die Exporteinnahmen der AKP-Staaten stabilisiert werden konnten. Der größte Teil der AKP-Exporte, rund 90 Prozent, konnte zollfrei in die EU exportiert werden. Dies räumte den AKP-Staaten gegenüber anderen Entwicklungsländern eine privilegierte Stellung ein.

Große Hoffnung im Verhandlungsprozess der EPAs

Der Erfolg der einseitigen Handelspräferenzen war beschränkt. Der Anteil der AKP-Exporte in die EU fiel trotz der bevorzugten Behandlung in der Zeit der Lomé-Abkommen um die Hälfte - von fast acht Prozent auf etwa drei Prozent. Die Anteile von anderen Entwicklungsländern, die ein geringeres Niveau an bevorzugtem Marktzugang in die EU besaßen, wie z.B. Länder in Südostasien, stiegen hingegen an.

Auch konnte die Abhängigkeit der AKP-Staaten von einer geringen Zahl an Exportgütern nicht durchbrochen werden. Vielmehr führten die Handelsvorteile bei Exporten von Rohstoffen und landwirtschaftlichen Produkten dazu, dass sich in den AKP-Staaten die weiterverarbeitende Industrie kaum entwickelte.

Außerdem waren die einseitig gewährten Handelsvorteile nicht mit den Regeln der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, kurz WTO) vereinbar. Demzufolge musste die EU bei den anderen WTO-Mitgliedern eine Ausnahmeregelung beantragen. Diese wurde letztmalig bis Ende 2007 verlängert. Eine Reform der Zusammenarbeit wurde somit notwendig.

Was sind die Grundsätze von EPAs?

Das EPA-Konzept beinhaltet zwei wichtige Grundsätze:

  1. Gegenseitige Handelsliberalisierung: Die EPAs beinhalten die Einführung von Freihandelszonen zwischen der EU und den AKP-Staaten. Dies bedeutet auch, dass die EU die verbleibenden Handelsschranken vor allem beim Import von Agrarprodukten abbauen wird. Von besonderem Vorteil für die AKP-Staaten wäre dabei, dass bei einer unbefristeten Freihandelszone der freie Marktzugang auch dann noch bestehen bleibt, wenn die Wettbewerbsfähigkeit für Produkte wie Textilien und Agrarerzeugnisse erreicht wurde. Im Gegenzug müssen die AKP-Staaten ihre Handelsschranken gegenüber EU-Importen schrittweise abbauen. Innerhalb von 15 bis 25 Jahren soll die vollständige Einführung der Freihandelszonen abgeschlossen sein.
  2. Regionalisierung: Das EPA-Konzept strebt an, regionale Integrationsprozesse auf Seiten der AKP-Staaten weiter auszubauen und zu fördern. Die EU erwartet, dass die AKP-Staaten den EPAs als regionale Gruppen beitreten und die Freihandelsabkommen mit bereits bestehenden regionalen Integrationsinitiativen anstatt mit einzelnen Ländern abgeschlossen werden. Dies beschränkt die Anzahl der Abkommen und trägt dazu bei, regionale Integrationsbemühungen zu unterstützen.

Was sind die Vorteile von EPAs?

Der freie Zugang zum europäischen Markt für afrikanische Produkte sowie der verbesserte Zugang zu den afrikanischen Märkten für europäische Produkte bieten große Chancen für sowohl afrikanische als auch europäische Unternehmen. Für die afrikanischen Staaten liegt der größte Vorteil aus Freihandelszonen mit der EU in einer Verbesserung des Marktzugangs und in einer Sicherung des freien Marktzugangs im für sie wichtigsten Absatzmarkt. Die SADC-Länder profitieren beispielsweise vor allem von besseren Handelsbedingungen in der Landwirtschaft und Fischerei, wie Wein, Zucker, Fischereiprodukte und Blumen.

Gleichzeitig werden die EPAs einen Beitrag leisten, die afrikanischen Wirtschaften zu diversifizieren und die Herstellung von Produkten mit höherem Mehrwert zu fördern. Die EPAs reduzieren die Importzölle auf viele Zwischenprodukte (wie Teile für die industrielle Ausrüstung, Saatgut und Maschinen), die entscheidend für eine Diversifizierung der Wirtschaft sind. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der EPAs sind die EU-Agrarsubventionen. So ist das EPA mit SADC das erste Abkommen, das die Anwendung von EU-Agrarexportsubventionen ausschließt.

Zudem könnte der bevorzugte Zugang zur EU multilaterale Unternehmen veranlassen, die afrikanischen AKP-Länder als Exportstandort zu wählen, um europäische oder andere afrikanische Märkte zu bedienen. Die dadurch zunehmenden ausländischen Direktinvestitionen können sich wiederum stimulierend auf die Arbeits- und Konsumnachfrage sowie den Technologietransfer auswirken. Dies würde weitere ausländische Direktinvestitionen anziehen.

Für deutsche und europäische Unternehmen liegt ein großer Vorteil der EPAs in der leichteren Erschließung afrikanischer Märkte. Auch steigt die Attraktivität der afrikanischen Märkte in Folge der regionalen Wirtschaftsintegrationsprozesse. Afrika wandelt sich zunehmend zum vielversprechender Wirtschaftspartner und Zukunftsmarkt. Die EPAs sind ein wichtiges Instrument, damit europäische Unternehmen von dem Potenzial des afrikanischen Kontinents profitieren können. Sie sind entscheidend, um die Handelsbindungen zwischen Afrika und der EU zu stärken.

Trotz der zu erwartenden Vorteile durch die Handelsliberalisierung gibt es Bedenken seitens einiger afrikanischer Regierungen bezüglich möglicher negativer Folgen für die eigene Entwicklung. So werden Befürchtungen geäußert, dass afrikanische Industrien und Landwirtschaften der steigenden Importkonkurrenz durch die EU nicht standhalten können und dass die von der EU geforderte Abschaffung der Exportsteuern auf Rohstoffe den Politikspielraum afrikanischer Staaten einschränkt. Des Weiteren stellt der Wegfall von Zolleinnahmen eine große Herausforderung für die afrikanischen Haushalte dar. Um die mit einem EPA verbundenen Anpassungskosten zu decken, stellt die EU jedoch technische und finanzielle Unterstützung zur Verfügung.

Wie lauten die Empfehlungen des BDI?

Die deutsche Industrie begrüßt die Bemühungen um einen baldigen Abschluss aller EPA-Verhandlungen. Alle Verhandlungsparteien sollten mit vereinten Kräften an den noch ausstehenden Herausforderungen der EPAs arbeiten.

Der BDI empfiehlt der EU, Flexibilität bezüglich des Zeitrahmens und Produktumfangs der EPAs zu zeigen. Sogenannte sensitive Produktgruppen sollten für die einzelnen afrikanischen Staaten geprüft werden. Eine fallweise Entscheidung, welche Produktgruppen für einzelne afrikanische Länder von den EPAs vorerst ausgeschlossen werden sollten, ist aus Sicht der deutschen Wirtschaft sinnvoll.

Der BDI plädiert dafür, Anpassungshilfen für entgangene Zolleinnahmen durch die EU bereitzustellen. Diese sollten Programme zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des afrikanischen Privatsektors sowie Infrastrukturmaßnahmen beinhalten.

Die afrikanischen Regierungen fordert der BDI dazu auf, durch eine Verbesserung von Produktionsbedingungen die Wettbewerbs- und Konkurrenzfähigkeit von afrikanischen Produkten zu verbessern, um so die sich ergebenden Chancen aus den EPAs nutzen zu können.

Hier finden Sie die zentralen Aussagen zusammengefasst:

  1. EPAs bieten große Chancen für afrikanische und europäische Unternehmen.
  2. EPAs folgen dem Grundsatz der asymmetrischen Marktöffnung - empfindliche, afrikanische Produkte können somit von der vollständigen Liberalisierung ausgeschlossen werden.
  3. Für die afrikanischen Staaten liegt der größte Vorteil in einer Verbesserung des Marktzugangs in die EU (einschließlich der Landwirtschaft) und in einer Sicherung des freien Marktzugangs im für sie wichtigsten Absatzmarkt.
  4. Die EPAs reduzieren die Importzölle auf viele Zwischenprodukte und können somit die Diversifizierung der afrikanischen Wirtschaften vorantreiben.
  5. Für deutsche und europäische Unternehmen bedeuten EPAs einen leichteren Zugang zu den afrikanischen Märkten. Somit sind EPAs ein wichtiges Instrument, damit europäische Unternehmen von dem Potenzial des afrikanischen Kontinents profitieren können.

[1] Benin, Burkina Faso, Kap Verde, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Elfenbeinküste, Liberia, Mauretanien, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo 

[2] Botswana, Lesotho, Mosambik, Namibia, Südafrika und Swasiland

[3] Burundi, Kenia, Ruanda, Tansania und Uganda

[4] Djibouti, Eritrea, Äthiopien, Sudan, Malawi, Sambia and Simbabwe, Komoren, Mauritius, Madagaskar und die Seychellen

[5] Kamerun, Zentralafrikanische Republik, Tschad, Kongo, Demokratische Republik Kongo, Äquatorialguinea, Gabun, São Tomé und Príncipe