Skyline Vancouver © Fotalia/cullenphotos

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Bundestag sollte CETA zügig ratifizieren

Die EU und Kanada haben 2014 die Verhandlungen über ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) offiziell abgeschlossen. Doch bis heute wird CETA noch nicht vollständig angewendet. Hierfür müssen Deutschland und weitere EU-Mitgliedstaaten das Abkommen noch ratifizieren. Union und SPD sollten den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Verpflichtungen nachkommen und die Ratifizierung zügig vorantreiben.

„Wir wollen in Deutschland die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das CETA-Abkommen umfassend in Kraft treten kann“ – so steht es im aktuellen Koalitionsvertrag. Bislang wird CETA aber noch nicht umfassend angewendet, da Teile des Abkommens in die gemischte Zuständigkeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten fallen. Diese Teile können erst dann angewendet werden, wenn alle Mitgliedstaaten nach ihren jeweiligen Verfahren CETA ratifiziert haben. In diese gemischte Zuständigkeit fällt etwa das CETA-Kapitel zur Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Investitionen. Weitere solcher Vertragsinhalte sind der Zugang zum Investitionsmarkt für Wertpapieranlagen und ein Artikel zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte. Bisher haben erst zwölf Mitgliedstaaten der EU CETA auf nationaler Ebene ratifiziert. Die Koalitionspartner Union und SPD haben das Thema CETA hingegen noch nicht angepackt; eine Ratifizierung im Bundestag steht noch aus.

CETA: Ein Abkommen mit Vorbildfunktion

Dabei hat CETA eine große Bedeutung für die europäische Handelspolitik. Das Abkommen ist einer der umfassendsten und ambitioniertesten Freihandelsverträge, den die EU bisher verhandelt hat. In Übereinstimmung mit den Regeln der WTO wird im Wesentlichen der gesamte Handel liberalisiert: 99 Prozent der Zölle wurden bereits mit Inkrafttreten des Abkommens beseitigt. Auf Industrieprodukte werden spätestens sieben Jahre nach Beginn der vorläufigen Anwendung überhaupt keine Zölle mehr entfallen.

CETA geht mit seinen ambitionierten Liberalisierungszielen (etwa beim Zollabbau, bei der Liberalisierung von Dienstleistungen oder auch beim Schutz des geistigen Eigentums) über das Regelwerk der WTO hinaus und deckt auch Bereiche ab, die noch nicht oder noch nicht umfänglich Bestandteil der WTO sind (etwa Investitionen, Wettbewerb, öffentliches Beschaffungswesen).

Kanada: Ein verlässlicher Partner

Kanada ist die zehntgrößte Volkswirtschaft der Welt (2018). CETA bietet deutschen Unternehmen deshalb große Chancen, etwa durch den Abbau aller Industriezölle, den weitreichenden Zugang zum kanadischen Vergabemarkt, den Schutz heimischer Herkunftsangaben in Kanada (beispielsweise „Nürnberger Rostbratwürste“) und einen reformierten Investitionsschutz mit einem modernen Investitionsgerichtshof (Investment Court System, ICS). Zudem stellt CETA sicher, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten Regulierungen und Standards eigenständig entwickeln können.

Kanada hat das Abkommen seinerseits bereits vollständig ratifiziert. In der EU verzögerte sich die Ratifizierung hingegen. Ein Grund war, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Antrag Belgiens klären musste, ob der in CETA vereinbarte Investitionsgerichtshof mit europäischem Recht vereinbar ist. Der EuGH stellte Ende April 2019 klar, dass er keine rechtlichen Probleme bei CETA sieht. Die Schaffung von Schiedsgerichten im Rahmen internationaler Abkommen zur Klärung von Investor-Staat-Schiedsklagen (ISDS) ist also grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar.

Damit CETA seine Vorbildfunktion voll entfalten kann, sollte der Bundestag nun das Abkommen zügig ratifizieren. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen ein verlässlicher Partner für Kanada sein. Dies wird für Unternehmen in beiden Wirtschaftsräumen Planungssicherheit schaffen und die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Kanada stärken.