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Die gemeinsame Kraft europäischer Gesellschaften

Die Europäische Union ist nur dann politisch erfolgreich, wenn sie zugleich wirtschaftlich stark ist. Dem rauen internationalen Wettbewerb und der Zunahme protektionistischer Handelspraktiken können wir Europäer uns nur gemeinsam stellen.

Eine international wettbewerbsfähige Industrie setzt Weltmaßstäbe bei neuen Technologien und schafft Prosperität. Eine starke Industrie ist damit die Grundlage für ein politisch durchsetzungsfähiges Europa, das seine Werte schützt. Nur so können wir für Freihandelsabkommen, die unsere Wertestandards widerspiegeln, eintreten. Die neue politische Konstellation in den USA ist hierfür eine echte Chance, auch im Zusammenspiel mit China. Das bevölkerungsreichste Land der Erde ist die drängendste Aufgabe Europas, es schwingt sich zur regionalen, wenn nicht sogar zur Weltmacht auf. Der Wunsch nach Wandel durch Handel hat sich nicht erfüllt, das müssen wir ganz nüchtern feststellen. Umso mehr muss Europa auf die Kraft einer wettbewerbsfähigen Industrie setzen, die in diesem Systemwettbewerb besteht. 

Innovation und Wettbewerb als vitale Treiber 

Wir müssen deswegen alles dafür tun, dass unsere Unternehmen über genügend Innovationskraft verfügen, um international Schritt zu halten. Abschottung und Autarkie sind nicht die Antwort. Deutschland ist hinter den USA und China der weltweit drittgrößte Exporteur. Unsere Unternehmen profitieren von vernetzten Lieferketten – und diese sind zur gleichen Zeit unsere Stärke, um international für fairen Freihandel einzutreten. Anstatt einer Festung Europa brauchen wir starke Allianzen mit gleichgesinnten Partnern in der Welt.

Grundlegend für eine innovative und wettbewerbsfähige Industrie in Europa ist daneben eine Revitalisierung der Sozialen Marktwirtschaft. Dazu gehört vor allem, eine angemessene Balance zwischen marktwirtschaftlichen Prinzipien und staatlicher Handlungsfähigkeit zu finden. Wir müssen jetzt eine offene Diskussion zu diesem Spannungsfeld vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbsumfeldes führen. Wie stark muss der Staat einem durch Subventionen verzerrten internationalen Wettbewerbs entgegentreten, ohne dadurch den freien Wettbewerb der Ideen als Kernstück unserer Wirtschaftsordnung zu unterlaufen? Diese Diskussionen sind mühsam, aber sie müssen geführt werden.

Die Voraussetzungen einer Green Economy

Neben den geoökonomischen Treibern können wir die Generationenaufgabe des Klimawandels nicht außenvorlassen. Die Industrie steht zum Pariser Klimaabkommen und zum Ziel der C02-Neutralität. Jedoch muss der notwendige Investitionsspielraum für neue Technologien bestehen. Politische Wünsche sind das eine, das technisch Machbare das andere. Bestimmte Technologieformen lassen sich nicht verordnen, sondern der Markt muss über die beste Innovation, die wettbewerbsfähig ist, entscheiden. Anstatt den Anpassungsdruck der Industrie durch verschärfte Vorgaben und Zielmarken zu Zeiten der Corona-Pandemie nochmals zu erhöhen, müssen Deutschland und die EU mehr über Mittel und Wege reden. 

Raus aus der Krise – aber wie?

Vor der Corona-Krise konnten wir auf einen rund zehnjährigen Aufschwung blicken – dieser war auch das Ergebnis vergangener Innovationen und Investitionen. Das Ziel, um diese Pandemie so gut wie möglich zu meistern, ist aber nicht das Vorkrisenniveau: Jetzt müssen wir rascher aus bisherigen Versäumnissen lernen, die Transformation zu gestalten, damit die Industrie langfristig wettbewerbsfähig bleibt und klimaneutral wird. Das Krisenmanagement, für das die Bundesregierung ausdrücklich Lob verdient, ist die Brücke zu einem neuen Ufer und nicht zum Ausgangspunkt vor der Krise. Das Augenmerk muss darauf liegen, den europäischen Binnenmarkt zu vertiefen. Der Staat muss vorausschauender handeln, nicht nur vorsorgend oder gar versorgend – gesellschaftliche Umverteilung ist keine Dauerlösung. Mehr Geld für Forschung und Entwicklung, eine moderne Infrastruktur und europäische Digitalinnovationen müssen mit politischem Willen vorangetrieben werden.