Digitalsteuer: Der (vorerst) gescheiterte europäische Alleingang

Als kurzfristige Maßnahme hatte die EU-Kommission im März 2018 eine Digitalsteuer vorgeschlagen, für die jedoch keine Einigung der EU-Mitgliedstaaten erzielt werden konnte. Im März 2019 wurde auch ein Kompromiss für eine Digitalsteuer abgelehnt, deren Anwendungsbereich auf Online-Werbung begrenzt war. Sollte bis Ende 2020 jedoch kein Konsens auf internationaler Ebene gefunden werden, wird die Digitalsteuer wieder in den Mittelpunkt der Diskussion rücken.

Eine einseitige europäische Digitalsteuer auf Bruttoumsätze ist nicht als globale Lösung zur Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle geeignet. Sie ruft zahlreiche ungeklärte Fragen hervor und begründet das Risiko umfangreicher Kollateralschäden zu Lasten aller Unternehmen, insbesondere Doppelbesteuerungen. Dies gilt auch bei einer Begrenzung des Anwendungsbereichs auf die Fälle reiner Online-Werbung („Digital Advertising Tax“).

In welchem Umfang die digitalen Geschäftsmodelle der Unternehmen langfristig von einer solchen Sondersteuer konkret betroffen wären, lässt sich aufgrund der dynamischen Entwicklung der Geschäftsmodelle zurzeit nicht exakt quantifizieren, so dass das Risiko von Kollateralschäden bleibt.Im März 2019 wurde die Diskussion zur Digitalwerbesteuer zunächst auf Eis gelegt.

Als Reaktion gehen einige EU-Mitgliedstaaten nationale Alleingänge. Frankreich hat bereits rückwirkend zum Beginn des Jahres 2019 eine nationale Digitalsteuer eingeführt. Auch in Österreich trat Anfang des Jahres eine vergleichbare Steuer in Kraft. Weitere unilaterale Maßnahmen drohen in Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich. In Deutschland ist dies zunächst nicht zu erwarten, da eine einheitliche Lösung auf OECD-Ebene angestrebt wird. Sofern auf internationaler Ebene bis zum Ende des 2020 jedoch kein Kompromiss gefunden wird, strebt die Kommission unter von der Leyen an, den Vorschlag der europäischen Digitalsteuer wieder auf die Tagesordnung zu setzen.

Die Einführung einer „digitalen Präsenz“ soll den Betriebsstättenbegriff erweitern

Langfristig möchte die Europäische Union das „Problem“ der digitalen Wirtschaft mit der Einführung der sogenannte „signifikanten digitalen Präsenz“ lösen. Dazu wurde im März 2018 ein zweiter EU-Richtlinienvorschlag veröffentlicht. Der nationale und abkommensrechtliche Betriebsstättenbegriff soll dahingehend ergänzt werden, dass die physische Präsenz eines Unternehmens nicht mehr ausschlaggebend ist für die Begründung der Besteuerungsrechte in einem Staat. Besteuert werden soll die Online-Wertschöpfung des Unternehmens, welche am Ort des Nutzers zum Zeitpunkt des Verbrauchs stattfindet.

Langfristige Systemänderungen, wie die Einführung einer digitalen Präsenz, können – wenn überhaupt – nur durch eine weltweite Harmonisierung steuerlicher Rahmenbedingungen erreicht werden. Aus guten Gründen wird bisher dem Ansässigkeitsstaat eines Unternehmens, in dem das Unternehmen mit erheblichem Ressourceneinsatz tätig ist, ein Besteuerungsrecht zugewiesen. Wenn die Besteuerung zukünftig nicht an die Produktion, sondern an den Absatz von Gütern anknüpft, entstehen grundlegende Besteuerungskonflikte zwischen den Staaten. Eine Neuverteilung von Besteuerungsrechten kann daher – entsprechend der Empfehlung der OECD – nur in einem internationalen Konsens erfolgen.