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Drei Fragen an Dr. Christopher W. Grünewald

Im Interview beantwortet Dr. Christopher W. Grünewald, Vorsitzender des BDI-Ausschusses Energie- und Klimapolitik sowie Geschäftsführer des mittelständischen Papierunternehmens Gebr. Grünewald GmbH & Co. KG Fragen zu den Auswirkungen des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird dieses Jahr grundlegend geändert. Welche Auswirkungen hat das auf den industriellen Mittelstand?

Vor allem auf zwei Dinge ist bei der Novellierung zu achten: Zum einen müssen die Eigenstrom-Bestandsanlagen auch künftig vollständig von der EEG-Umlage befreit bleiben. Für viele energieintensive Mittelständler, gerade auch bei uns in der Papierindustrie, spielt die Eigenerzeugung eine wichtige Rolle. Wir bauen darauf, dass die Bundesregierung in dieser Frage gegenüber der EU-Kommission standhaft bleibt und den zugesagten Bestandsschutz sicherstellt. Der zweite Punkt betrifft den künftigen Erneuerbaren-Zubau: Im neuen EEG wird es über die Ausschreibungen erstmals möglich sein, die Zubaumenge zu steuern. Nach meiner persönlichen Auffassung sollten wir innerhalb des Ausbaukorridors in § 1 EEG von „40-45 Prozent Erneuerbare bis 2025“ den Mittelwert von 42,5 Prozent anpeilen, um eine bessere Verzahnung mit dem schleppenden Netzausbau und eine wirksame Kostenkontrolle zu erreichen.

Für Industrieunternehmen mit hohen Stromkosten (Stromkostenintensität ab 17 Prozent) wird die EEG-Umlage begrenzt. Unternehmen, die weniger für Strom ausgeben, bezahlen nach kurzer Zeit die volle Umlage. Wie könnte der Fehlanreiz, weniger in Energieeffizienz zu investieren, korrigiert werden?

Die harte Abschneidegrenze von 17 Prozent für die Entlastungen ist in der Tat ein Konstruktionsfehler des EEG, der einerseits Investitionen in mehr Energieeffizienz für viele Unternehmen riskant macht und andererseits besondere Härtefälle im Grenzbereich schafft. Im BDI fordern wir schon seit längerem die Lösung dieses Problems etwa über die Schaffung eines gleitenden Einstiegs. Seit kurzem hören wir Signale aus dem Bundeswirtschaftsministerium, dass man dieses Thema bei der Novelle  tatsächlich anpacken und lösen möchte. Mit dem BDI-Ausschuss „Energie- und Klimapolitik“ werden wir alles unternehmen, das Ministerium darin zu unterstützen.

In Brüssel wird dieses Jahr die Erneuerbaren-Energien-Richtlinie novelliert. Wie könnte die Förderung erneuerbarer Energien in Zukunft stärker als bisher europäisch geregelt werden?

Nationale Förderszenarien für erneuerbare Energien sind längerfristig sicher am teuersten. Bei derzeit bereits 25 Milliarden Euro EEG-Kosten im Jahr in Deutschland und dem Ausbauziel von 80 Prozent im Jahr 2050 muss die Wirtschaftlichkeit das oberste Gebot sein. Notwendig ist, die optimalen europäischen Erneuerbaren-Standorte in Europa besser miteinander zu vernetzen und einen echten Energiebinnenmarkt zu schaffen. Die rasant steigenden Kosten von inzwischen mehr als 1 Milliarde Euro für Redispatch und Abregelung von EE-Anlagen im Jahr 2015 in Deutschland verdeutlichen den Handlungsbedarf. Hier muss Europa die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Das gilt auch für die Versorgungssicherheit, die immer weniger national definiert und garantiert werden kann – umso wichtiger wird auch in diesem Feld eine engere Abstimmung mit unseren Nachbarstaaten.