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Europäischer Green Deal: BDI-Eckpunkte zur Erreichung des EU-Klimaziels

„Vom Krisenmodus in eine neue Geschwindigkeit der Zusammenarbeit mit der europäischen Industrie kommen,“ so eröffnete Kommissionspräsidentin von der Leyen die diesjährigen EU Industry Days. Mit Blick auf die für 2021 angekündigten Gesetzgebungsvorschläge der EU-Kommission zur Erreichung des 55-Prozent-CO2-Einsparziels bis 2030, stellte der BDI im März 2021 seine Green Deal Eckpunkte für den europäischen „Fit-for-55“ Prozess vor.

Im Dezember 2020 hat der Europäische Rat ein verbindliches EU-Ziel für eine Netto-Treibhausgasreduktion von mindestens 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 gebilligt. Dies soll nun im Eilzugstempo in konkrete, EU-weite Umsetzungsmaßnahmen gegossen werden. Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen die Maßnahmen zur Erreichung des neuen Klimaziels dabei auf eine Weise ausgestalten , die ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ankurbeln, Arbeitsplätze schaffen, Gesundheits- und Umweltvorteile für die EU-Bürger bringen und durch die Förderung grüner Innovationen zur langfristigen globalen Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft beitragen soll. Drei Kernprioritäten rücken für den BDI angesichts der systemischen Herausforderung, Komplexität und globalen Interdependenz bei der Bewältigung des Klimawandels in den Mittelpunkt:

  1. Eine erneuerte und verstärkte internationale Zusammenarbeit wird der Schlüssel sein, um den Anstieg des globalen Temperaturanstiegs einzudämmen und die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie angesichts eines 8-prozentigen, stetig sinkenden Anteils der EU an den globalen Emissionen zu stärken.
     
  2. Ein industriell starkes und wettbewerbsfähiges Europa ist nicht nur die Grundlage für einen fairen, integrativen und wirtschaftlich machbaren Übergang, sondern auch dafür, dass Europa als nachhaltiges, globales Vorbild dienen kann, dem andere folgen wollen. Ein integriertes Innovations- und Konjunkturprogramm für dieses Jahrzehnt ist von zentraler Bedeutung.
     
  3. Um die Klimaziele mit einem intelligenten Rahmenwerk und einem ganzheitlichen Instrumentenmix zu unterstützen, ist eine umfassende, gut durchdachte Toolbox auf EU-Ebene erforderlich.

Prinzipien für eine konsistente, gut durchdachte 2030 EU Green Deal Referenzarchitektur

Eine konsistente, gut durchdachte 2030 Green Deal Referenzarchitektur muss demnach auf allen Ebenen - der politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen, der europäischen und der globalen- „fit for 55" sein. Zusätzlich zu den drei o.a. Kernpunkten, sollte sie die folgenden, weiteren Grundsätze verfolgen:

  • Nachhaltige Energie als Rückgrat
  • Beschleunigung der Gebäudesanierung
  • Nachhaltige Mobilität für alle
  • Ein realistisches, erreichbares EU-Umweltrecht und eine marktgesteuerte Kreislaufwirtschaft
  • Freisetzung der Potenziale der Digitalisierung für die Dekarbonisierung
  • Schaffung öffentlicher Akzeptanz

Klimaschutz rasch in Wachstum und Geschäftsmodelle umsetzen – aber wie?

Klimaneutralität 2050 – für die deutsche Industrie steht dieses Ziel für eine Zeit des Umbruchs. Für eine gelingende Klima- und Energiezukunft werden alte Geschäftsmodelle hinterfragt und neue drängen auf den Markt. Damit dieses gesamtgesellschaftliche Großprojekt erfolgreich angegangen werden kann, wird eine Reihe konkreter Green Deal Umsetzungsmaßnahmen von entscheidender Bedeutung sein. Der BDI fordert neben einer ambitionierten Industriestrategie u.a. verlässliche CO2 Preissignale auf EU und globaler Ebene, mehr Tempo, mehr Harmonisierung und mehr internationale Kooperationen für den Wasserstoffmarkthochlauf und den massiven Ausbau der Energie, Verkehrs- und Digitalinfrastruktur.

Die Einführung einheitlicher Standards für die Klassifizierung und Zertifizierung von erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen im REDII Review oder die Integration von Wasserstoffnetzen in die neue Gasmarktordnung ebenso wie die Entwicklung einer Importstrategie für klimaneutrale Energieträger in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern spielen aus Sicht des BDI eine entscheidende Rolle.

Zudem sollten technologieoffene Anreize für alternative Antriebe und Kraftstoffe geschaffen und transeuropäische Verkehrsnetze einschließlich der notwendigen Lade- und Tankinfrastrukturen gestärkt werden. Bei der Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems sollte im Falle einer Ausdehnung auf andere Sektoren mit separaten Systemen begonnen werden, insbesondere sofern diese den Transport- und Wärmesektor betreffen.

Auch wird die Industrie für die Transformation verlässliche Unterstützung brauchen, da trotz genereller Klimabekenntnisse internationaler Handelspartner konkrete vergleichbar ambitionierte Maßnahmen erst noch folgen müssen. Daher sollten bewährte EU-ETS Carbon Leakage Instrumente vorerst auch weiterhin Bestand haben und nicht abrupt durch unerprobte Grenzausgleichsmaßnahmen ersetzt werden.

Die Klima- und Energiediplomatie auf die nächste Ebene heben

Vor allem aber braucht es eine aktive europäische Klima- und Energiediplomatie. So empfiehlt der BDI einen transatlantischen Pakt für die Klimaneutralität, einschließlich einer neuen Allianz für Green Tech. Auch verstärkte Anstrengungen zur Schaffung eines effektiven und effizienten Instruments unter dem Dach von Artikel 6 des Pariser Abkommens sind nötig. Eine neue Strategie für internationales Engagement im Energiebereich und eine neue Afrika-EU-Initiative für grüne Energie würden zudem den Übergang Europas zu einer Wasserstoffwirtschaft unterstützen und neue, für beide Seiten vorteilhafte Allianzen und Energiekooperationen schaffen.