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„German Angst“ behindert Innovationen im Mittelstand

Industrielle Tätigkeit hat in Deutschland zunehmend ein Akzeptanzproblem. Dies betrifft besonders kleine und mittelständische Unternehmen. Gegenüber Neuentwicklungen, Wachstum und Veränderung besteht in weiten Teilen der Gesellschaft oftmals eine Grundskepsis, die für Innovationen nachteilige Auswirkungen hat. Die Politik ist hier gefordert, das öffentliche Interesse an Innovationen zu bestärken.

Wirtschaftlich hat Deutschland ein Erfolgsmodell, das weltweit beneidet wird: den Mittelstand. Der Erfolg des Mittelstands hängt in erster Linie an dessen Innovationskraft. Dennoch spielen kleinere Unternehmen hierzulande zunehmend eine nachgeordnete Rolle im Innovationssystem. Dies gefährdet Arbeitsplätze und den Standort Deutschland. Der Beitrag mittelständischer Industrieunternehmen zu den Forschungs- und Entwicklungsausgaben (F&E) der deutschen Wirtschaft ist zuletzt auf 16 Prozent gesunken. Beim Spitzenreiter Südkorea liegt er fast doppelt so hoch.

Das BDI/A.T. Kearney-Mittelstandspanel 2016 zeigt, dass Mittelständler mehr und mehr ins Hintertreffen geraten. Die Gründe dafür liegen häufig im sozio-ökonomischen Umfeld: Die äußeren Umstände, unter denen Unternehmen heute in Deutschland wirtschaften haben sich für den industriellen Mittelstand weiter verschlechtert.

„German Angst“ als Hürde

Die Studie zeigt: Die tatsächliche Erschwernis kommt vielmehr aus der Mitte der Gesellschaft. Offenbar erleben die mittelständischen Industriebetriebe die öffentliche Stimmung als wenig innovationsfreundlich – und damit als Hemmschuh ihres Erfolgs. So deutet die Erhebung auf einen Zusammenhang zwischen dem öffentlichen Klima in Deutschland und der Innovationsbereitschaft der Unternehmen hin. Anders als die übrigen sozioökonomischen Umfeldbedingungen erweist sich die Offenheit gegenüber Innovationen als durchaus erfolgskritischer Faktor. Das Mittelstandspanel belegt, dass hier nicht nur ein gefühltes, sondern ein reales Problem in Deutschland besteht.

Akzeptanz für industrielle Tätigkeit schwindet

Industrielle Tätigkeit hat in Deutschland zunehmend ein Akzeptanzproblem. Dies betrifft besonders kleine und mittelständische Unternehmen, die in den Regionen flächendeckend vertreten und – teils schon seit Jahrhunderten – sehr standorttreu sind. Gegenüber Neuentwicklungen, Wachstum und Veränderung besteht in weiten Teilen der Gesellschaft oftmals eine Grundskepsis, die für Innovationen immer mehr nachteilige Auswirkungen hat. Daher muss für ein erfolgreiches Innovationssystem ein stärkerer Fokus auf Transparenz und Partizipation aller gesellschaftlichen Gruppen gelegt werden.

Die Politik muss stärker für Offenheit gegenüber neuen Technologien werben, deren Vorteile herausstellen und öffentliches Interesse an Innovationen befördern. Die Akzeptanz für und die Verbreitung von innovativen Produkten und Dienstleistungen kann so gesteigert werden. Bereits für die Phase der Ideen- und Wissensgewinnung ist eine größere gesellschaftliche Aufgeschlossenheit gegenüber Technik und Innovationen erforderlich.

In innovativen mittelständischen Unternehmen wachsen Umsatz und Beschäftigtenzahl um rund zwei Fünftel schneller gegenüber nicht-innovativen Mittelständlern. Dennoch lässt die Innovationstätigkeit in kleinen und mittleren Unternehmen im dritten Jahr in Folge nach. Nur 28 Prozent der Unternehmen investieren noch in innovative Produkte und Prozesse, so der BDI-acatech Innovationsindikator.

Einfacher Zugang zu technologischem Fortschritt, innovationsfreundliche politische Rahmenbedingungen sowie transparente und unbürokratische Förderrichtlinien sind Eckpfeiler, um die Innovationsbereitschaft bei kleinen und mittleren Unternehmen zu erhöhen. Die gesellschaftliche Bedeutung von Innovation und Unternehmermut ist wichtiger Bestandteil eines notwendigen Dialogs zwischen Wirtschaft, Politik, Bürgern und Wissenschaft. Ohne eine positive Grundstimmung für Innovationen und Veränderung wird sich die Aussicht für den deutschen Mittelstand nicht verbessern.