Hängepartie um CETA hat die EU enorm beschädigt

Der Bundesverband der Deutschen Industrie forderte nach dem abgesagten EU-Kanada-Gipfel umfassende Konsequenzen.

„Das Desaster um das vorläufige Scheitern von CETA zeigt uns: Wir brauchen endlich klare Verhältnisse in Europa. Durch ungeklärte Zuständigkeiten in der EU-Handelspolitik droht der EU die Totalblockade.“ Das sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo am Donnerstag in Berlin.  

„Eine kleine Region hat die EU kompromisslos und gegen den Willen der Mehrheit in ihrer Kernkompetenz blockiert. Das ist kein Sieg der Demokratie, das ist politische Geiselhaft“, kritisierte Grillo. Die Hängepartie um CETA habe die EU in einem ihrer Kernfelder enorm beschädigt. „Damit aus dem Schaden kein dauerhafter Makel wird, muss die Staatengemeinschaft den CETA-Prozess zügig weiterführen und die Handlungsfähigkeit der EU in der Handelspolitik sicherstellen.“  

Der EU-Ministerrat und das Europäische Parlament sollten CETA spätestens Anfang nächsten Jahres ratifizieren, damit das Abkommen vorläufig in Kraft treten kann. „Eine weitere Verzögerung würde sich mit dem anlaufenden Brexit-Prozess überschneiden. Das sollten wir bei diesem wichtigen Abkommen unbedingt vermeiden“, warnte Grillo.  

Der BDI forderte für die europäische Handelspolitik politische Konsequenzen: „Für zukünftige Handelsabkommen, die die EU verhandelt, könnte es eine klarere vertragliche Trennung zwischen den gemischten und den EU-Zuständigkeiten geben.“ Dann könnten die Teile, die nicht in nationale Zuständigkeit fallen, zügig auf Brüsseler Ebene verabschiedet werden – mit qualifizierter Mehrheit im Rat und unter Zustimmung des Europäischen Parlaments.  

Den Vorwurf ungenügender demokratischer Kontrolle wies Grillo zurück: „Durch die Beteiligung des Ministerrates und des Europäischen Parlaments ist die demokratische Beteiligung und Kontrolle der Mitgliedstaaten voll gewährleistet. Nur so funktioniert Europa. Die Mitgliedstaaten müssen dies akzeptieren – Deutschland eingeschlossen.“  

Grillo forderte von den Kritikern der europäischen Handelspolitik Realismus und mehr Vertrauen in die EU: „Nur gemeinsam werden wir Europäer in der Welt noch erfolgreich sein können. Sonst versinken wir getrennt in der Bedeutungslosigkeit. Denn 2050 wird voraussichtlich kein einziges europäisches Land allein mehr zu den neun größten Volkswirtschaften weltweit zählen.“