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HySupply

Die Wasserstoffbrücke von Australien nach Deutschland

Gut drei Jahre lang untersuchte das Projekt HySupply erstmalig, ob und wie der Import von erneuerbarem Wasserstoff aus Australien gelingen kann. Die Ergebnisse aus dem Projekt zeigen, dass die deutsch-australische Wasserstoffbrücke noch vor 2030 Realität werden könnte.

Das Projekt HySupply war ein direktes Ergebnis des vorausgegangenen Kooperationsvorhaben mit acatech – Akademie der Technikwissenschaften „Wege in die Energiezukunft“, bei dem die letzte Fact-Finding-Mission nach Australien führte. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) traf sich eine deutsche Delegation im Mai 2022 mit führenden Forschungseinrichtungen und Unternehmen im Bereich Energie und Wasserstoff. Die wichtigste Erkenntnis des Projektes: Australien ist ein geeigneter Partner für eine langfristige Wasserstoffpartnerschaft mit Deutschland.

Holger Lösch, stellv. BDI-Hauptgeschäftsführer, über das Projekt HySupply © BDI

Das Projekt

Das Projekt HySupply wurde gemeinsam vom BDI mit acatech koordiniert und vom BMBF gefördert. Das Konsortium wurde auf australischer Seite von der University of New South Wales (UNSW) geleitet und vom Department of Foreign Affairs and Trade (DFAT) gefördert. Zusammen vereinten beide Seiten ein einzigartiges Netzwerk an Unternehmen und Fachleute aus der Wissenschaft, um die gesamte Wertschöpfungskette von erneuerbarem Wasserstoff aus Australien zu untersuchen.

Die Machbarkeitsstudie besteht aus einer Reihe von Meilensteinen, die im Laufe von drei Jahren erarbeitet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass die deutsch-australische Wasserstoffbrücke bereits vor 2030 realisiert werden kann. Um den Import von erneuerbarem Wasserstoff aus Australien zeitnah zu ermöglichen, müssen jetzt die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Damit würde nicht nur der Grundstein für die Lieferkette mit Australien, sondern auch für weitere potenzielle Exportländer gelegt werden.

Eine von Fraunhofer IEG durchgeführte Studie über mögliche Versorgungsketten innerhalb Deutschlands bildet den Abschluss des Projekts – und stützt das positive Gesamtfazit. Die Studie beleuchtet den letzten Wegabschnitt, um Wasserstoff und Wasserstoff Derivate von Australien über die Importhubs bis zu den Endverbrauchern in Deutschland zu transportieren. Die Studienergebnisse zeigen: Bei der nationalen Verteilung ist die Wasserstoffversorgung über Pipelines die kostengünstigste Variante. Kleinere Verbraucher lassen sich prinzipiell per Schiff und Bahn beliefern. Hiermit leistet die Studie wichtige Orientierungshilfe für politische Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen.

Das Projekt HySupply untersucht, wie eine Wasserstoff-Lieferkette mit Australien aussehen könnte. © BDI

Wichtig für das Projekt war es schnell, konkret und in großen Dimensionen zu agieren. Deshalb hat sich HySupply von Anfang an als eine Plattform für den kontinuierlichen Austausch und Dialog mit den australischen Partnern verstanden. Darüber hinaus wurde aktiv das Match-Making von deutschen und australischen Unternehmen betrieben, um bereits während der Laufzeit des Projekts die richtigen Stakeholder zusammenzubringen. In diesem Zusammenhang führte eine Delegationsreise mit führenden Akteurinnen und Akteuren der deutschen Wasserstoffwirtschaft und dem BMBF im Mai 2022 nach Australien.

Die aus HySupply entstandenen neuen Partnerschaften und die Weiterentwicklung bestehender Kooperationen bilden den Grundstein für eine Lieferkette für erneuerbaren Wasserstoff zwischen Australien und Deutschland. Insgesamt acht bilaterale Memorandums of Understanding sind aus HySupply hervorgegangen. Nun gilt es, die Ergebnisse von HySupply in die Umsetzung zu bringen.

HySupply Delegation auf/vor mit Brennstoffzelle betriebenem Truck von FFI. © Cath Leo

Aktuelles

Fragen und Antworten

Warum brauchen wir Wasserstoff aus Australien?

Dass Deutschland energieautark sein kann, ist eine Illusion. Insbesondere vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs ist deutlich geworden, wie sehr Deutschland auf Importe von fossilen Brennstoffen angewiesen ist. Ähnliches wird zukünftig für Wasserstoff und wasserstoff-basierten Energieträgern, sogenannte Power-to-X Produkte (PtX), gelten. Die in 2023 fortgeschriebene nationale Wasserstoffstrategie hat zum Ziel hierzulande bis 2030 10 GW Elektrolyseleistung zu errichten. Dennoch übersteigen die Bedarfe die heimische Produktion bei weitem: Während man mit diesen 10 GW rund 1 Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoff herstellen könnte, geht die Bundesregierung von einem Wasserstoff-Bedarf von bis zu 3 Millionen Tonnen aus. Deutschland wird demnach bereits in 2030 50 bis 70 Prozent seines Wasserstoffbedarfs importieren müssen. Auf europäischer Ebene strebt man zudem in dem als Reaktion auf den Russland-Ukraine Krieg vorgelegten REPowerEU-Plan ein Ziel von 10 Millionen Tonnen heimischer Produktion von erneuerbarem Wasserstoff plus 10 Millionen Tonnen an Importen bis 2030 an.

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, mit starken und verlässlichen Ländern zu kooperieren, um die Wasserstoff-Importe zu diversifizieren und dadurch die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Eines dieser Länder ist Australien.

Welche Möglichkeiten gibt es erneuerbaren Wasserstoff aus Australien zu importieren?

Das Arbeitspapier der deutschen Projektgruppe „A Meta-Analysis towards the German-Australian Supply Chain for Renewable Hydrogen“ hat als einen ersten Meilenstein untersucht, welche technische Möglichkeiten für den Import von erneuerbarem Wasserstoff aus Australien in Frage kommen. Hierbei hat man sich auf vier Transportoptionen konzentriert: Flüssigwasserstoff (LH2), Liquid Organic Hydrogen Carriers (LOHC), Ammoniak (NH3) und Methanol (MeOH). Die Ergebnisse zeigen, dass die Transportoptionen unterschiedliche Vor- und Nachteile und vor allem unterschiedliche technologische Reifegrade aufweisen. Dennoch gibt es auch Herausforderungen, die alle Optionen gemein haben wie zum Beispiel die fluktuierende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen oder das Fehlen von relevanten Infrastrukturen wie Export- und Importterminals. Zudem bestehen für alle Optionen nach wie vor regulatorische Unsicherheiten insbesondere was die rechtssichere Definition von „erneuerbaren“ Wasserstoff und PtX-Produkte angeht.

Welche Rolle spielt die Entfernung? 

Die Entfernung zwischen Deutschland und Australien ist erheblich. So gibt es beispielsweise keine direkten Linienflüge und die Schiffsroute zwischen beiden Ländern beträgt circa 21 000 km. Dennoch betrug das deutsch-australische Handelsvolumen im Jahr 2020 mehr als elf  Milliarden Euro. Davon kommen die Produkte überwiegend aus dem Automobil-, Pharma- und Rohstoffbereich, insbesondere Steinkohle. Das zeigt, dass die Entfernung bereits heute kein Hindernis für den Handel von Gütern aus Australien darstellt. Im Gegenteil. Die EU will durch das geplante Freihandelsabkommen mit Australien die Handelsbeziehungen verstärken.

In Bezug auf die Kosten zeigt das Arbeitspapier der australischen Projektgruppe „The Case for an Australian Hydrogen Export Market to Germany: State of Play Version 1.0“, dass der Schiffstransport insbesondere bei den technisch reifen Transportoptionen nur einen Bruchteil der Gesamtkosten ausmachen. So macht bei Wasserstoffgestehungskosten von vier Euro pro Kilo der Transport in Form von Ammoniak beispielsweise nur einen Anteil von sieben Prozent aus, das sind zwischen sieben und neun Cent pro Kilo Ammoniak. Bei Methanol liegt der Anteil mit vier bis sechs Cent pro Kilo Methanol bei etwa fünf Prozent .

Wie klimaneutral ist der aus Australien importierte Wasserstoff?

Nicht zu Unrecht stellt sich die Frage, ob wie klimaneutral der Wasserstoff noch ist, wenn er im Hafen in Deutschland oder der EU mittels Tanker ankommt. Der weltweite Schiffsverkehr ist immerhin für circa 2,6 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Dennoch zeigen die vorläufigen Ergebnisse, dass die direkten CO2-Emissionen des Transports von Australien nach Europa einschließlich der Rückfahrt selbst mit Schweröl gering bis moderat sind. Hierbei spielt vor allem die Schiffsgröße eine entscheidende Rolle, weswegen bei großen Tankern wie für Ammoniak und Methanol die spezifischen CO2-Emissionen weiter unter bestehenden Grenzwerten wie beispielsweise der Taxonomie oder des TÜV SÜD Standards für grünen Wasserstoff liegen.

Am Ende ist das Entscheidende, dass die klimaneutrale Eigenschaft des gelieferten Wasserstoffs nachvollziehbar ist. Dafür braucht es ein einheitliches internationales Zertifizierungssystem, das auf dem CO2-Fußabdruck des Wasserstoffs beruht.

Gibt es regulatorische Hindernisse für den Import von erneuerbarem Wasserstoff aus Australien?

Dieser Frage ist das von HySupply in Auftrag gegebene Studie des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) zum regulatorischen Rahmen einer deutsch-australischen Wasserstoffbrücke nachgegangen. Die Ergebnisse zeigen: Der Import von Wasserstoff aus Australien nach Deutschland über die vier untersuchten Transportoptionen (LH2, LOHC, NH3, MeOH) ist grundsätzlich rechtlich machbar.

Allerdings gibt teilweise hohe rechtliche Anforderungen, die die Umsetzung der jeweiligen Pfade erheblich erschwert. So ist eines der größten Hindernisse der Bau von Importterminals einschließlich der einzuhaltenden Sicherheitsabstände zu angrenzender Infrastruktur, was bedeutet, dass nicht jeder Hafen in Europa für die Einfuhr aller der vier Wasserstoffträger geeignet ist. Zudem gibt es landseitige Streckenbeschränkungen bspw. beim Transport von Ammoniak. Grundsätzlich wird deutlich, dass es für eine zeitnahe Umsetzung der Lieferkette beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren brauch, bspw. im Bereich der zeitlichen Verkürzung der Öffentlichkeitsbeteiligung oder der zeitlichen Flexibilisierung für Kompensationsmaßnahmen nach dem Naturschutzrecht.

Was muss jetzt passieren, um die deutsch-australische Wasserstoffbrücke zu realisieren?

Die Ergebnisse von HySupply zeigen, dass die deutsch-australische Wasserstoffbrücke technisch, ökonomisch und regulatorisch machbar ist. Um die Lieferkette mit Australien noch vor 2030 realisieren zu können, müssen jetzt die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Der „HySupply-Germany’s Demand-Side Action Plan“ zeigt auf, welche Maßnahmen dafür in den nächsten 24 Monaten ergriffen werden sollen. Dazu zählt vor allem die Sicherstellung der Abnahme in Deutschland sowie die Einführung einer rechtssicheren Definition für erneuerbaren Wasserstoff und seiner Derivate. Ebenso zentral ist die zeitnahe Schaffung einer Import- und Verteilinfrastruktur in Deutschland und der EU. Gleichzeitig müssen die Wasserstoffprojekte in Australien in den richtigen Maßstab gebracht werden, um für den Export geeignet zu sein. Hierbei können deutsche Hersteller und Zulieferer bei den benötigten Technologien eine Führungsrolle übernehmen. Nicht zuletzt müssen bestehende und neu entstehende Kooperationen mit Australien im Bereich Wasserstoff koordiniert und auf einander abgestimmt werden, um Ressourcen zu bündeln und so ihre Wirkung zu maximieren.

Seit Projektbeginn wurden einige dieser Maßnahmen bereits in Angriff genommen. So wurden inzwischen auf EU-Ebene Kriterien für die Definition von grünem Wasserstoff festgelegt. Zusätzlich soll in Deutschland mit dem Wasserstoff-Kernnetz bis 2032 eine nationale Transportinfrastruktur entstehen. Es gilt die Fertigstellung des Wasserstoff-Kernnetzes nun energisch weiterzuverfolgen und zusätzliche Schritte, wie die Schaffung von grünen Leitmärkte, zu unternehmen, damit der Wasserstoffmarkthochlauf auch gelingt.

Mitglieder von HySupply

Der Mehrwert des Projekts ergibt sich durch die breite Expertise der beteiligten Fachleute. Aus der Industrie wirkten seit Beginn des Projekts eine Reihe von Unternehmen und Verbände mit, darunter Air Liquide S.A., BASF SE, Hafenbetrieb Rotterdam, Deutsche Lufthansa AG, Linde GmbH, Wirtschaftsverband Fuels & Energie (en2x), RWE Supply & Trading GmbH, Siemens Energy AG und thyssenkrupp Steel Europe AG. Weitere Unternehmen wie die Robert Bosch GmbH, SAP SE, Schaeffler AG und thyssenkrupp nucera Australia stellten ebenfalls ihre Expertise der deutschen Gruppe zur Verfügung.

Zudem brachten führende Expertinnen und Experten aus der Forschung ihr Wissen ein, darunter Frank-Detlef Drake (E.ON Energy Research Center at RWTH Aachen University), Veronika Grimm (FAU Erlangen-Nürnberg), Christian Growitsch (Fraunhofer IMW), Dominik Härle (Fraunhofer-Gesellschaft), Christopher Hebling (Fraunhofer ISE), Andreas Löschel (Ruhr-Universität Bochum), Karen Pittel (ifo Institut), Mario Ragwitz (Fraunhofer IEG), Christoph M. Schmidt (RWI), und Maike Schmidt (ZSW),  Michael Sterner (OTH/FENES) und Peter Wasserscheid (FAU Erlangen-Nürnberg)

Die australische Projektgruppe wurde von der University of New South Wales (UNSW) geleitet, mit Baringa Partners und Deloitte als zentrale Partner. Zusätzliche Unterstützung des Konsortiums kam von weiteren Industriepartnern wie MAN Energy, GPA Engineering und Scimita Ventures.

Partner

Acatech
Acatech
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Bundesministerium für Bildung und Forschung