Industrie gibt Politik bei Nordstream 2 Rückendeckung

Im Interview mit der Wochenzeitschrift Superillu mahnt BDI-Präsident Dieter Kempf, Deutschland dürfe sich nicht erpressen lassen. Die Wirtschaft unterstützt das Vorgehen der Bundeskanzlerin, Drittlandsanktionen abzuwehren. Kempf spricht außerdem zum Kohleausstieg, Strukturwandel und zur konjunkturellen Lage.

Die Zeiten für die deutsche Industrie seien nicht leicht, gesteht BDI-Präsident Dieter Kempf im Interview mit der Superillu. Die internationalen Handelskonflikte und der Brexit belasteten die Weltkonjunktur. „Unsicherheit ist immer Gift für die Wirtschaft“, warnt Kempf.

Die jüngste Androhung von Zöllen auf europäische und deutsche Autos kritisiert der BDI-Präsident. Die Einstufung von Automobilimporten als Gefahr für die nationale Sicherheit der USA sei absurd. Zölle seien vielmehr ein Druckmittel, um amerikanische Interessen durchzusetzen. Im Falle Nordstream 2 stünde die deutsche Industrie hinter der Bundeskanzlerin. Kempf mahnt: „Wir dürfen uns nicht erpressen lassen und auch keine Drittlandsanktionen gegen uns zulassen.“

Die Abhängigkeit vom Gas dürfte angesichts des Kernkraftausstiegs 2022 und dem für 2038 anvisierten Ende der Kohleverstromung drastisch zunehmen. „Eine Stromversorgung rund um die Uhr ist Voraussetzung dafür, dass Unternehmen produzieren“, betont Kempf. Nicht nur die deutsche Industrie brauche Tag und Nacht, bei jedem Wind und Wetter bezahlbaren Strom.

Notwendig sei eine Diskussion darüber, wie Deutschland seine Versorgung sichert und etwa Kohle- durch Gaskraftwerke ersetzt. Kempf: „Es nutzt niemandem, wenn wir unsere leistungsfähigen Anlagen abschalten, um Braunkohle- oder Atomstrom aus den Nachbarländern zu importieren, und dabei gut bezahlte Industriearbeitsplätze in den Revieren verlieren.“

Beim Strukturwandel sollte weniger auf Subventionen gesetzt, sondern vielmehr die Weichen für die Zukunft des deutschen Mittelstands gelegt werden – beispielsweise durch die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung.