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Industriestrategie für Deutschland und Europa?

Der Mittelstand im BDI fordert vom Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ein selbstbewusstes Anpacken der wirtschaftspolitischen Aufgaben. Eine Industriestrategie hilft standorttreuen Mittelständlern dann, wenn sie hausgemachte Schwächen in Deutschland behebt. Es gilt gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, Innovation zu stärken, Bürokratie abzubauen und Infrastruktur zu verbessern.

Im Februar hat Altmaier eine „Nationale Industriestrategie 2030“ vorgestellt. Sein Ziel ist es, „gemeinsam mit Akteuren der Wirtschaft einen Beitrag zu leisten zur Sicherung und Wiedererlangung von wirtschaftlicher und technologischer Kompetenz, Wettbewerbsfähigkeit und Industrie-Führerschaft auf nationaler, europäischer und globaler Ebene.“

Als eines der zentralen Handlungsfelder sieht der Minister die Stärkung von Schlüsseltechnologien, wie etwa Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Batteriezellfertigung. Als weitere Handlungsfelder sind u.a. vorgesehen:

  • Eintreten für offene Märkte, eine Stärkung des Multilateralismus (unter anderem Modernisierung der Welthandelsorganisation) und für international vergleichbare Rahmenbedingungen („level playing field“)
  • Förderung und Erhalt technologischer Souveränität
  • Schaffung eines Beteiligungsfonds gegen feindliche Übernahmen
  • Verbesserung der Rahmenbedingungen (zum Beispiel Energiepreise, Steuern und Sozialabgaben)
  • Überprüfung des Beihilfe- und Wettbewerbsrechts
  • Mobilisierung von mehr Wagniskapital für Risikoinvestitionen

Anfang Mai 2019 diskutierte der Minister seine Vorschläge in Berlin mit Vertretern aus Wirtschaft, Unternehmen, Gewerkschaften und Gesellschaft. Trotz generellen Lobs überwog detaillierte Kritik. Zu viel Symbolpolitik, zu viel staatliche Steuerung, zu viel Leuchtturmprojekte – so die breite Einschätzung. Es fehle an konkreten Entlastungen und belastbaren Perspektiven für Unternehmen vor Ort. In diesem Sinne hielt BDI-Präsident Dieter Kempf fest: „Die Bundesregierung muss die Standortnachteile und die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland endlich umfassend angehen – gegen zu hohe Energiepreise, überzogene Rechtsetzung und Bürokratie, schleppenden Ausbau und Erneuerung der Infrastruktur sowie schädliche Steuerpolitik“.

Gravierender Mangel bleibt, dass ein klarer, strategischer Blick auf den industriellen Mittelstand fehlt. Dabei steht der Mittelstand für 99 Prozent der Unternehmen in Deutschland. Mit über 60 Prozent der Beschäftigten ist er Arbeitsplatzgarant Nr. 1. Über 80 Prozent der Auszubildenden sind hier zuhause. Über die Hälfte aller „Hidden-Champions“ weltweit kommt aus Deutschland. Der „German Mittelstand“ ist eine weltweit bekannte Marke. Der Erfolg dieser Unternehmen ist einer der Belege dafür, dass Altmaiers Ansatz eines „size matters“ nicht trägt.

Daten, Zahlen und Fakten zur Bedeutung von Mittelstand und Familienunternehmen in Deutschland bietet ein BDI-Faktencheck. Mit Blick darauf meint der Vorsitzende des BDI/BDA-Mittelstandsausschusses, Hans-Toni Junius: „Jede gute Strategie setzt voraus, Wirklichkeit und Fakten nüchtern zu betrachten, gut zu verstehen und in Optionen zu bewerten. Das gilt für Unternehmen und Politik gleichermaßen“.