Lokalisierungsanforderungen: Protektionismus durch die Hintertür?

Mit Lokalisierungsanforderungen möchten Regierungen die nationale Wirtschaft bevorzugen, lokale Investitionen fördern und Daten im Land halten. Allerdings verstoßen diese Maßnahmen teils gegen internationale Vereinbarungen im Rahmen der Welthandelsorganisation. Am Ende leiden unter solchen Wettbewerbsbeschränkungen Wirtschaft und Konsumenten.

Lokalisierungsanforderungen (local content requirements, LCR) auf Auslandsmärkten sind kein neues, aber wachsendes Problem für deutsche Unternehmen. LCR haben unter anderem das Ziel, die lokale Produktion oder Verwendung bestimmter Technologien zu fördern oder Staatsmittel bei Ausschreibungen und Fördermaßnahmen vor allem Unternehmen vor Ort zukommen zu lassen. Zudem sollen ausländische Unternehmen ermutigt werden, im Land zu investieren.

In jüngster Zeit werden LCR verstärkt im Zusammenhang mit der Datenspeicherung diskutiert und eingeführt. Besonders betroffene Wirtschaftskreise warnen deshalb bereits vor digitalem Protektionismus. Die negativen Effekte zeigen Erfahrungen aus dem Sektor der erneuerbaren Energie. Typischerweise verlangen LCR von den Entwicklungsgesellschaften von Solar- und Windenergie, einen bestimmten Teil der Jobs, Komponenten oder Kosten lokal zu beziehen, wenn sie sich für öffentliche Fördergelder oder öffentliche Ausschreibungen qualifizieren wollen. Solche LCR waren nach einer OECD-Untersuchung von 2015 in mindestens 21 Ländern vorgesehen oder in Kraft. Davon waren 16 OECD-Mitglieder. Das International Center for Trade and Sustainable Development (ICTSD) schätzte 2013, dass alleine LCR im Bereich der erneuerbaren Energien weltweit ein Handelsvolumen im Wert von 100 Milliarden US-Dollar beeinflussten.

Gegen LCR sollte nach Auffassung des BDI international verstärkt vorgegangen werden. Im WTO-Recht sind LCR mit handelsverzerrender Wirkung grundsätzlich verboten. Das gleiche gilt für die Abweichung vom Prinzip der Inländerbehandlung und ganz bestimmte Subventionsformen. In den vergangenen zwei Jahren konnten Japan und die USA mehrfach mit WTO-Streitschlichtungsverfahren erfolgreich gegen LCR vorgehen (zum Beispiel DS 412 gegen Kanada, DS 456 gegen Indien).

Die Europäische Kommission bezeichnet LCR als einen neuen Typ des versteckten Protektionismus. Die OECD kommt bereits 2015 zu der Erkenntnis, dass LCR negativ auf den grenzüberschreitenden Handel der lokalen Wirtschaft und betroffener Drittstaaten wirken. Zu den weiteren Folgen auf die nationale Wirtschaft zählen Wohlfahrtsverluste, reduzierte internationale Wettbewerbsfähigkeit, geringere wirtschaftliche Diversifizierung und verminderte Innovationsfähigkeit. OECD und ICTSD kommen übereinstimmend zu dem Schluss, dass LCR ihre politischen Ziele in der Regel verfehlen und alternative Mittel eingesetzt werden sollten (zum Beispiel Maßnahmen zur Verbesserung des Wirtschaftsumfeldes, Infrastrukturinvestitionen, Ausgleich von Informationsasymmetrien).