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Maut: Nutzerabhängige Infrastrukturfinanzierung für alle Verkehrsträger

Der BDI erneuert sein Bekenntnis einer nutzerabhängigen Infrastrukturfinanzierung für alle Verkehrsträger. Er betont hierbei die Notwendigkeit einer sachgerechten Beteiligung aller Nutzer an den Kosten der Bereitstellung und dem Unterhalt der von ihnen genutzten Verkehrsinfrastruktur.

In der Vergangenheit hat sich der BDI wiederholt dafür ausgesprochen, aus ökologischen Gründen auch die Verkehrsträger zu stärken, die im Falle einer Anlastung der Vollkosten möglicherweise an Attraktivität einbüßen und Marktanteile zu Gunsten anderer, weniger ökologischer vorteilhafter Verkehrsträger verlieren dürften.

Mauterhebung und Mauthöhe

Der BDI begrüßt beim Fünften Gesetz zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes, das Anfang Januar 2019 in Kraft treten soll, ausdrücklich die Einheitlichkeit der Mautsätze auf Autobahnen und Bundesstraßen. Eine Differenzierung der Mauthöhe hätte einerseits zur Benachteiligung von Unternehmen im ländlichen Raum und andererseits zu einer relativen Verteuerung des Straßengüternahverkehrs im Verhältnis zum Straßengüterfernverkehr geführt. Letzteres würde möglicherweise die Anstrengungen zur Stärkung des kombinierten Schienengüterverkehrs erheblich erschweren. Ebenfalls positiv zu bewerten ist, dass bei der Bemessung der Mauthöhe in Zukunft weniger auf die Anzahl der Achsen und mehr auf das Gewicht der Fahrzeuge abgestellt wird. Dadurch werden zuvor bestehende Fehlanreize korrigiert, ein und dieselbe Last allein aus Gründen der Mautkosteneffizienz auf einem Fahrzeug mit geringerer Achsenanzahl verladen zu müssen.

Allerdings hat sich bei der Neujustierung der Mautsätze eine Asymmetrie eingeschlichen, die insbesondere umweltfreundliche Lkw – mit modernster Technik zur Abgasnachbehandlung – mit deutlich höheren Mautsteigerungen belegt, als stärker schadstoffemittierende Fahrzeuge.

Die höchsten Zuwächse (in der Höhe von 60, 58 und 53 Prozent) sind ausgerechnet für Fahrzeuge der klima- und umweltfreundlichsten Schadstoffklasse Euro-VI vorgesehen, während die Fahrzeuge der Klassen Euro-I bis Euro-IV nur Preissteigerungen von durchschnittlich 30 Prozent verkraften müssen.

Aus der geringen Spreizung bei der Anlastung der Kosten für saubere Luft bei den Schadstoffklassen Euro-IV bis Euro-VI ergeben sich somit nur sehr geringe Lenkungswirkungen in diesem Bereich. So fehlen beispielsweise für Transportunternehmen Anreize, ihre Flotten zu modernisieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn zusätzliche Kosten von rund einem Cent/km für das Betanken mit AdBlue für umweltfreundlichere Lkw der Kategorien Euro-V und Euro-VI eingepreist werden müssen.

Zwischen Euro-IV und Euro-V bzw. Euro-VI Fahrzeugen gelten um 43 Prozent bzw. 88 Prozent reduzierte Stickoxidwerte – diese Effekte sind im Teilmautsatz für Luftschadstoffe keinesfalls reflektiert. Überdies fehlen Anreizsysteme z. B. für Lkw mit Gas-Antrieb (CNG/LNG), obgleich diese Fahrzeuge rund 60 Prozent weniger Stickoxide und 90 Prozent weniger Feinstaub PM emittieren als beispielsweise Euro-VI Lkw. Eine ausschließliche Befreiung der elektrisch betriebenen Lkw von der Mautpflicht erscheint vor dem Hintergrund einer ökologischen Lenkungswirkung nicht überzeugend, wenn andere Technologien ganz ausgeklammert werden.

Methodik des Wegekostengutachtens

Der hohe Umfang der jetzt vorgeschlagenen Erhöhung der Mauteinnahmen ergibt sich im Wesentlichen aus der Erweiterung des Infrastrukturanlagevermögens, die mit der Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen ab Anfang Juli 2018 einhergeht sowie der Veranschlagung deutlich höherer kalkulatorischer Zinsen. Hinzu kommt die erweiterte Internalisierung externer Kosten für Emissionsbelastungen im Bereich Lärm und Luft.

Gemäß des neuen Wegekostengutachtens steigt das Infrastrukturanlagevermögen von 122 Milliarden (2017) auf 245 Milliarden Euro (2018) zu aktuellen Preisen der Neuerstellung (einschließlich Grunderwerb in Höhe von 34 Milliarden Euro), da nunmehr neben den 13.000 km Bundesautobahnen auch das Bundestraßennetz mit rund 38.000 km berücksichtigt wird.

Die Bewertung der Infrastruktur zu Neuwerten hat einen entscheidenden Haken: Auf die künstlich hochgerechneten Werte des Nettoanlagevermögens werden jährlich kalkulatorische Zinsen in Höhe von 3,3 Prozent gerechnet. Diese werden neben den effektiven Kosten zusätzlich mit 8 Milliarden Euro zu Buche schlagen und rund die Hälfte der Wegekosten ausmachen. So entstehen rein rechnerisch jährliche Wegekosten in Höhe von rund 15 Milliarden Euro, obwohl sich die tatsächlichen Aufwendungen und Investitionen für die Bundesfernstraßen auf rund acht Milliarden Euro jährlich belaufen.

Die Wegekosten und damit die Maut sind im Grunde genommen ein Drittel zu hoch angesetzt, wenn die Mauteinnahmen ausschließlich zur Kostendeckung von Erhalt und Erweiterung herangezogen würde, außerdem gleichermaßen Pkw, Busse, Wohnmobile und leichte Nutfahrzeuge ihren im Gutachten hinterlegten Mautbeitrag leisten würden.

Durch die Neujustierung der Mautsätze wird die deutsche Wirtschaft insgesamt mit drei Milliarden Euro mehr belastet. Die geplante Erhöhung wirkt vor allem wie eine allgemeine Konsumsteuer, die am Ende zu einem erheblichen Teil die Gesamtheit der Konsumenten tragen muss, da diese Kostensteigerungen durch Verkehrsverlagerungen und Effizienzsteigerungen nicht aufgefangen werden. Überdies müssten – nach der Logik des Wegekostengutachtens – die Kosten pro gefahrenen Kilometer steigen, wenn der Straßengüterverkehr schrumpfen würde.