Mit System zu mehr Gesundheit

Für deutsche Unternehmen entstehen in internationalen Gesundheitsmärkten zahlreiche Chancen. Vielerorts wird explizit nach deutschen Technologien und pharmazeutischen Produkten gefragt. Made in Germany steht hoch im Kurs.

Die German Healthcare Partnership (GHP) ist eine von BDI und BMZ im Jahr 2010 gegründete Initiative, die als Sprachrohr und Interessenvertreter für die deutsche exportorientierte Gesundheitswirtschaft fungiert. Mit diesem Mandat setzt die GHP sich für eine neue Art der Ausschreibungen im Gesundheitssektor ein, die eine WIN-WIN-WIN Situation für Partnerländer, deren Bevölkerung und die deutsche Gesundheitswirtschaft zufolge hat. Grundgerüst hierfür ist die gemeinsam von BMZ, GIZ, KfW und GHP beauftragte Studie „Mit System zu mehr Gesundheit – Systemische Ausschreibungen im Gesundheitssektor“, die 2014 fertiggestellt und 2015 offiziell gelauncht wurde.

Jeder kennt es: Beim Einkaufen bestimmt oftmals allein der Preis unsere Entscheidung. Das eine Produkt ist vermeintlich günstiger als das andere, vergleichbare Produkt. Und meistens liegen wir damit richtig. In vielen Situationen legen wir auf Qualität und Service mehr Wert und sind bereit, dafür zunächst mehr Geld auszugeben, wenn es sich mittel- oder langfristig lohnt.

Das ist das Prinzip hinter Systemischen Ausschreibungen. Im Gesundheitssektor gibt es viele Produkte oder sogenannte Systemeinheiten, für deren Bedienung beispielsweise das Lesen der Bedienungsanleitung nicht ausreicht. Krankenhäuser sind auf gut geschultes Personal angewiesen. Für den reibungslosen Ablauf im Haus aber vor allem für die Sicherheit der Patienten ist dies unverzichtbar.

Genauso unverzichtbar ist auch, dass die Geräte an sich fehlerfrei funktionieren. Sollten sie dennoch einmal defekt sein, ist es wichtig, dass sie so schnell wie möglich repariert werden. Das schlägt sich auf die Wartezeit der Patienten, die Behandlung von Notfällen, aber auch auf die wirtschaftliche Leistung des Krankenhauses aus. Ist ein Gerät zu lange defekt, können diese Leistungen nicht angeboten werden. Das Krankenhaus verliert Geld und Patienten können nicht ausreichend behandelt werden.

Systemische Ausschreibungen berücksichtigen in der Beschaffung, also im Einkauf der Produkte, bereits alle oben genannten Punkte und mehr. Hersteller und Händler sollten in der Ausschreibung des Kunden – des Einkäufers – aufgefordert werden, nicht nur das Produkt anzubieten. Training von Personal und Wartung und Service der Produkte gehören dazu.

Zusätzlich setzt sich die GHP ein, dass auch eine Berechnung der Lebenszykluskosten der Systemeinheit eingereicht wird. So kann der potentielle Käufer genau sehen, wie viel Strom, Gas, Wasser etc. das Gerät in der Zeit, in der es benutzt wird, verbraucht. Böse Überraschungen können so vermieden werden: Wer kauft schon ein günstiges Auto, wenn es so viel Benzin verbraucht, dass der Aufpreis zu einem sparsameren Modell schon nach 3 Monaten dafür draufgegangen ist.

Ebenso verhält es sich mit Verbrauchsmaterialien und Ersatzteilen. Letzteres ist besonders bei besonders langlebigen Produkten wichtig. Die Bieter sollten verpflichtet werden, Ersatzteile für Produkte über mindestens 7-10 Jahre nach Lieferung bereitstellen zu können. Zur Veranschaulichung ein Negativbeispiel: Wenn ein Teil eines Gerätes, dass ursprünglich sehr viel Geld gekostet hat (im medizintechnischen Bereich geht das schnell in den 6-stelligen Bereich), nun kaputt geht, das Ersatzteil aber nicht lieferbar ist – dann ist das gesamte Gerät unbrauchbar und muss entsorgt werden. Die Ausgaben für das Gerät haben sich dann nicht gerechnet.

Systemische Ausschreibungen sind ganzheitlich. Sie umfassen das gesamte System – dazu gehört natürlich das Gerät, aber auch das Personal, das Krankenhausmanagement und besonders die Patienten. Durch diesen ganzheitlichen Ansatz lässt sich wahre Nachhaltigkeit in Gesundheitssystemen rund um die Welt erreichen.  Davon profitieren die Menschen in besonderem Maße: Eine gesunde Bevölkerung ist eine wichtige Voraussetzung für funktionierende Gesellschaften und wachsende Marktwirtschaften in jeder Region und jedem Land.


Win-Win-Win

Mithilfe dieses Ansatzes der systemischen Ausschreibung lässt sich eine WIN-WIN-WIN Situation schaffen:

WIN 1 geht an das Partnerland, den Einkäufer. Nach der erfolgreichen Durchführung einer systemischen Ausschreibung ist der Einkäufer im Besitz eines funktionieren Systems, sozusagen ein rundum-sorglos Paket. Es wurde nicht nur ein qualitativ und technologisch hochwertiges Produkt erworben: Mit dem umfassenden Service-, Wartungs- und Trainingsvertrag wurde ein langfristiger Partner im Lieferanten gefunden. Gut geschultes Personal, funktionierendes Equipment und reibungslose Abläufe verhelfen dem Krankenhaus zu einem guten Ruf, der wiederum mehr Patienten anzieht. Eine Rechnung, die nicht nur ökonomisch, sondern auch sozial und ökologisch aufgeht.

WIN 2 geht an den Patienten. Durch ein verbessertes Gesundheitssystem und gut ausgestattete medizinische Einrichtungen werden präventive Maßnahmen günstiger und leichter zu erreichen. Krankheiten können früher erkannt oder gar vermieden werden. Gute, verlässliche Medizintechnik bietet schnelle und sichere Diagnose- und Therapiemöglichkeiten. Geschultes Personal besitzt auch im Notfall das Potential sich kompetent zu kümmern. Idealerweise können Patienten aufgrund der qualitativ hochwertigen Pflege schneller entlassen werden, sich wieder in das soziale Leben und in die Arbeit integrieren und in das ganz normale Leben zurückfinden. Ganz nach dem Motto: Ein gesunder Mensch hat tausend Wünsche. Ein kranker Mensch nur einen einzigen: Gesund werden.

WIN 3 geht an den Lieferanten. Durch die gehobenen Anforderungen an den Bieter gewinnt nicht mehr der „Billigste“. Deutsche Technologie und der umfassende Service, den deutsche Firmen anbieten (können), entspricht den Ansprüchen der systemischen Ausschreibungen. Die Wettbewerbsnachteile für deutsche Hersteller werden reduziert.