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Reform des EU-Transparenzregisters

Im Juli ist das reformierte EU-Transparenzregister in Kraft getreten. Neben EU-Kommission und Europäischem Parlament nimmt nun auch der Rat der EU-Mitgliedstaaten am Register teil. Vorausgegangen waren vier schwierige Verhandlungsjahre. Die Industrie begrüßt grundsätzlich eine Reform, die den Dialog der Interessenvertretung offen gestaltet. Die Reform führt jedoch zu mehr bürokratischen Belastungen für registrierte Organisationen, ohne dass die EU-Insitutionen Relevanz, Klarheit und Vergleichbarkeit der öffentlich bereitgestellten Informationen gewährleisten.

Der Austausch zwischen Politik und politischer Interessenvertretung ist ein wichtiger Grundpfeiler politischer Meinungsbildungsprozesse und gehört zum Fundament des demokratischen Willensbildungsprozesses.

Im Transparenzreigster der EU-Insitutionen legen knapp 13.000 Organisationen detailliert offen, mit welchem personellen und finanziellen Aufwand sie ihre Interessen in den EU-Gesetzgebungsprozess einbringen. Rund die Hälfte dieser Organisationen sind Unternehmen und Verbände – etwa 15 Prozent davon mit Hauptverwaltungssitz in Deutschland.

Der Registereintrag ist Voraussetzung für Gespräche mit Kommissaren und deren Kabinettsmitgliedern sowie Generaldirektoren der EU-Kommission. Diese werden im Internet veröffentlich – einschließlich Nennung der Organisation und des Gesprächsthemas. Auch der Zugang zu den Gebäuden des Europäischen Parlaments ist an den Registereintrag gebunden. Künftig sollen zusätzlich Gespräche mit hochrangigen Beamten der Parlamentsverwaltung, die Teilnahme als Sprecher an EP-Veranstaltungen und die Organisation solcher Veranstaltungen ausschließlich registrierten Organisationen offenstehen. Die EU-Mitgliedstaaten haben derweil beschlossen, dass der Registereintrag Voraussetzung ist für Gespräche mit hochrangigen Beamten des Brüsseler Ratssekretariats, für die Teilnahme an Ratsbriefings und für die Teilnahme als Sprecher an öffentlichen Veranstaltungen des Rates. Zudem wollen zahlreiche EU-Mitgliedstaaten diese Regeln während ihrerer halbjährlichen EU-Ratspräsidentschaften und in den sechs Monaten davor auf ihre Ständigen Vertretungen in Brüssel anwenden. Kurzum: Ohne Eintrag ins Transparenzregister ist effektive Interessenvertretung in Brüssel nicht möglich.

Uneinigkeit über Verbindlichkeit

Die Einigung der EU-Insitutionen auf eine Reform des Registers kam Ende 2020 nach vier komplizierten Verhandlungsjahren zustande. Zwischen EU-Kommission und Parlament bestehen grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten darüber, wie verbindlich das Register ausgestaltet sein soll.

Die EU-Kommission fordert, dass die Europaparlamentarier ihre Treffen mit Interessenvertretern an einen Eintrag ins Transparenzregister knüpfen. Im Parlament wird eine solche Konditionalität – wie sie in der EU-Kommission bereits seit 2014 gilt – als unvereinbar mit dem freien Mandat des Abgeordneten betrachtet. In der jüngsten Überarbeitung der EP-Geschäftsordnung wurden zwar Ausschussvorsitzende, Berichterstatter und Schattenberichterstatter verpflichtet, alle Treffen mit Interessenvertretern offenzulegen. Das von der EU-Kommission geforderte Verbot von Treffen mit nicht-registrierten Organisation blieb jedoch aus. Die EU-Kommission lenkte schließlich ein.

Kommissionsvorschlag bestraft die Falschen

Der BDI beteiligt sich aktiv an der Diskussion zur Reform des Transparenzregisters. Die deutsche Wirtschaft hat großes Interesse, dass der Dialog zwischen den EU-Institutionen und allen Interessenvertretern offen und regelmäßig gestaltet wird. Diese Form des Dialogs ist Voraussetzung für informierte politische Entscheidungen.

Die Reform des Registers ist aus BDI-Sicht nicht geeignet, den Dialog zwischen den EU-Institutionen und Interessenvertretern transparenter zu gestalten. Im Gegenteil: Interessenvertreter sollen verpflichtet werden, immer mehr Daten öffentlich bereitzustellen, ohne dass die EU-Institutionen Relevanz, Klarheit und Vergleichbarkeit der Informationen gewährleisten. Das leistet Fehlinterpretationen und reputationsschädigender Berichterstattung Vorschub und bestraft ausgerechnet die Unternehmen und Wirtschaftsverbände, die sich ordnungsgemäß an die Vorgaben halten. Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf.

In Deutschland gibt es seit der Einführung eines öffentlichen Verbänderegisters im Jahr 1972 Lobbyregeln. Politische Interessenvertretung hat sich seitdem allerdings weiterentwickelt. Es erscheint daher sinnvoll, die geltenden Transparenzregelungen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und der heutigen Zeit anzupassen.

„Allianz für Lobbytransparent“

Legitime Interessenvermittlung und Bereitstellung von Praxisinformationen bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen wird nach wie vor von einer breiten Öffentlichkeit kritisch bewertet. Es wird unterstellt, dass „hinter verschlossenen Türen“ gesetzliche Regelungen vorbereitet werden, ohne dass alle betroffenen Interessen die gleiche Chance haben, gehört zu werden. Der Vertrauensverlust betrifft nicht nur Verbände, sondern auch die Vertreter von Parlament und Regierung.

Um dem entgegenzuwirken, haben sich BDI, Transparency International Deutschland e.V., Verband der Chemischen Industrie (VCI), Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), Naturschutzbund Deutschland (NABU) und Die Familienunternehmer in einer „Allianz für Lobbytransparenz“ zusammengeschlossen und ein Eckpunktepapier für ein Interessensvertretungsgesetz erarbeitet. Wichtig ist den Mitgliedern dieser Allianz, dass auch in Deutschland für alle die gleichen Spielregeln gelten.