Russland-Ukraine-Krieg: Logistik

Die Situation in der nationalen und internationalen Logistik ist derzeit hoch angespannt. Der Krieg in der Ukraine, ausbleibende russische Gaslieferungen und durch die Corona-Pandemie bedingte Nachholeffekte verschärfen strukturelle Probleme in den Lieferketten. Knappe Transportkapazitäten in allen Verkehrsträgern führen zu einer unbefriedigenden Zuverlässigkeit, mangelnden Flexibilität und hohen Preisen.

Weitere Ursachen dieser Entwicklungen sind ein Mangel an Fahrpersonal und Logistikfachkräften, hohe Kraftstoffkosten, eine starke Nachfrage nach Logistikdienstleistungen sowie längere Transportwege und Staus vor Häfen. Dies resultiert in einem höheren Dispositionsaufwand und der längeren Gebundenheit von Transportmitteln.

Wachsende Transportbedarf für Energieträger

Der wachsende Transportbedarf für die Energieträger Kohle, Öl und Gas auf der Schiene und den Wasserstraßen erhöht den Druck auf die bereits ausgelasteten Verkehrsträger weiter. Die Bundesregierung hat mit der Energiesicherungstransportverordnung (EnSiTrV) eine Priorisierung von Erdöl und Erdölerzeugnissen sowie von festen, flüssigen und gasförmigen Energieträgern auf der Schiene verankert, welche am 30.08.2022 in Kraft getreten und vorerst auf 6 Monate befristet ist. Niedrigwasser auf relevanten Wasserstraßen können zu Kapazitätsverknappungen in der hoch ausgelasteten Binnenschifffahrt und damit zu Engpässen bei der Versorgung mit Mineralölprodukten, Kohle und Produktionsgütern führen.

Die Transportnachfrage und -möglichkeiten von und nach Russland und Belarus sind durch den Krieg und die Wirtschaftssanktionen stark zurückgegangen. Russische Flughäfen werden von EU-Airlines nicht bedient und vice versa. Der russische Luftraum ist für EU-Airlines gesperrt. Die Eisenbahnverbindung über die Ukraine nach Russland ist gekappt. Die Seehäfen und Küsten der Ukraine im Schwarzen Meer sind durch Treibminen für die internationale Handelsflotte blockiert. Der transeurasische Containerverkehr über die Seidenstraßen-Nordroute ist weiterhin nicht von Einschränkungen betroffenen. Die in Zusammenarbeit der nationalen Eisenbahnen aufgebaute Schienenbrücke von der EU in die Ukraine für zivile Güter ist intakt.

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der aktuellen Situation in der Logistik hängen primär davon ab, wie und über welchen Zeithorizont sich Kraftstoffpreise, Personalverfügbarkeit und Laderaumkapazitäten entwickeln. Steigende Transportkosten wirken bereits kurzfristig preistreibend für Industrie und Konsumgüter. Besonders dort, wo Transporte einen vergleichsweise hohen Anteil an den Produktionskosten ausmachen, können sie zur vorübergehenden oder dauerhaften Aufgabe von Wertschöpfungsmodellen führen. Es gilt, die Befähigung ukrainischer Geflüchteter zum Einsatz in der Logistik zu erleichtern, engmaschiges Monitoring der auf Straße, Schiene und Binnenschiff verfügbaren Kapazitäten sowie Alternativrouten außerhalb der russischen Einflusssphäre zu stärken, um Ausfallrisiken durch Diversifizierung zu minimieren.