Techniker im Maschinenbau montieren eine Gasturbine für die Energiewirtschaft

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Schweiz: Schwieriges Fahrwasser im Verhältnis mit einem engen Partner

Der Abbruch der Verhandlungen durch die Schweiz zu einem „Institutionellen Rahmenabkommen“ mit der EU führte 2021 zu unmittelbaren Konsequenzen für Unternehmen auf beiden Seiten. Bereits heute müssen Produktzulassungen für bestimmte Güter auf beiden Seiten beantragt werden. Die Probleme drohen sich in den kommenden Jahren zu verschärfen. Die deutsche Industrie beteiligt sich an der Suche nach Lösungen.

Deutschland und die Schweiz sind enge Partner. Allein der bilaterale Handel beträgt etwa 109 Milliarden Euro. Damit ist die Schweiz auf Platz acht der deutschen Außenhandelspartner. Vor allem in den grenznahen Regionen befinden sich High-Tech-Zentren, beispielsweise aus der pharmazeutischen Industrie, mit einer erheblichen Wertschöpfung auf beiden Seiten der Grenze. Eine der Grundlagen des Erfolgs sind die Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union und dem Nicht-EU-Land Schweiz („Bilaterale Verträge“).

Faire Wettbewerbsbedingungen schaffen

Allerdings gibt es in den Bilateralen Verträgen keine Schiedsgerichtsbarkeit bei Meinungsverschiedenheiten. Für die EU ist dies mit Blick auf faire Wettbewerbsbedingungen von hoher Bedeutung. Ein Rechtsweg, falls eine der Parteien ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, gibt es nicht.

Darüber hinaus bestehen bei der Dienstleistungsfreiheit Beschränkungen: Bei Entsendungen bedarf es einer Voranmeldung, der Hinterlegung einer Kaution und dem Nachweis einer in der Schweiz üblichen Entgeltzahlung (Äquivalenzlohn).

Beides sind stark umstrittene Punkte zwischen den Verhandlungspartnern. Mit dem Abbruch sind die Probleme nicht gelöst. Im Gegenteil: Die EU und die Schweiz reagieren mit einseitigen Maßnahmen auf Differenzen. Eine Situation, die Unsicherheit für die Wirtschaft erzeugt. Der BDI setzt sich daher für einen Dialog und faire Lösungen zum Wohle von Wirtschaft und Gesellschaft auf beiden Seiten ein.

Globale Stellung Europas stärken

Die Herausforderungen für Europa sind enorm: Die Systemkonkurrenz zu China, strategische Abhängigkeiten insbesondere zu autokratischen Regimen und der rasante technische Fortschritt stellen den gesamten Kontinent vor nie da gewesene Herausforderungen.

Dafür braucht es eine effiziente Wirtschaftsordnung. Hierzu trägt zum Beispiel die wechselseitige Anerkennung von Produktzertifizierungen bei, wie etwa der „TÜV“. Für Medizinprodukte werden diese Zulassungen fortan nicht mehr anerkannt. In Kürze dürften mit der Reform der EU-Maschinenverordnung weitere Bereiche der Wirtschaft betroffen sein.

Dies betrifft die Schweiz genauso wie die EU. Denn die Schweiz liefert oftmals Vorprodukte an deutsche Fertigungsbetriebe, die diese dann weiter exportieren. Ohne eine wechselseitige Anerkennung dürfte die Markteinführung der Endprodukte erheblich aufwändiger werden.

Im Zuge der Corona-Pandemie kam es weltweit zu Störungen bei zahlreichen Lieferketten. Der BDI setzt sich dafür ein, dass im Handel mit der Schweiz möglichst keine neuen Risiken entstehen. Letztlich werden Schweizer und Europäische Unternehmen im globalen Markt mit Liefertreue punkten müssen.

Grüne und digitale Ziele in den Blick nehmen

Auch bei der Umsetzung des Green Deal und der anspruchsvollen Kommissionsagenda zur Digitalisierung muss die Schweiz eng eingebunden werden. Vorliegende Konzepte zu einer tieferen Strompartnerschaft können die effizientere Nutzung bestehender Energiestrukturen ermöglichen, z. B. bei Speicherkapazitäten.

Ebenfalls entscheidend ist die Zusammenarbeit im High-Tech-Bereich. Die grenzüberschreitende Wissenschafts- und Forschungszusammenarbeit, etwa in der Weltraumtechnologie, kann dazu beitragen, dass Europa auch in Zukunft eine Führungsrolle einnimmt. Wichtig ist daher, dass die zunehmenden Probleme im bilateralen Verhältnis zügig adressiert werden.