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Sicherheit im Koalitionsvertrag: Politik zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Anfang Februar haben Union und SPD ihren Koalitionsvertrag für die 18. Wahlperiode vorgelegt. Sicherheitspolitisch klafft eine Lücke zwischen großen Absichten auf der einen und unzureichenden Investitionen auf der anderen Seite. So bleibt offen, wie Deutschland seiner Verantwortung nachkommen und seine internationalen Verpflichtungen einhalten will.

Im vorliegenden Dokument bekennt sich die Bundesregierung zu den von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen vorangetriebenen Trendwenden, stattet die Bundeswehr allerdings finanziell nicht dafür aus. Die Zusage von zusätzlichen zwei Milliarden Euro für Verteidigung und Entwicklung entspricht einer Erhöhung des Verteidigungshaushaltes um 250 Millionen Euro pro Jahr. Allein die Inflationsrate und eine Tariferhöhung im öffentlichen Dienst könnten diese Mittel vollständig aufzehren. Höhere Investitionen in neueste Ausrüstung wären dann nicht mehr möglich. Auch wenn es ein erfreuliches Signal ist, dass zusätzlich frei werdende Mittel prioritär in den Sicherheitsbereich fließen sollen, fehlt doch eine belastbare Planbarkeit, die insbesondere für Neueinstellungen sowie Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte dringend benötigt wird.

Absacken von Verteidigungsanteil am BIP befürchtet

Wie prekär die gegenwärtige finanzielle Situation ist, wird dadurch verdeutlicht, dass die zukünftigen Koalitionäre – anstatt sich zum Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu bekennen – vor einem Absinken des Anteils der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt warnen. Der BDI hatte zuvor errechnet, dass dies bei einer anhaltenden positiven wirtschaftlichen Entwicklung bereits in Kürze drohen könnte. Diese mangelnde finanzielle Unterfütterung der politisch gesetzten Ziele sowie die an die Verbündeten in der NATO gemachten Zusagen werden mittelfristig zu weiteren Problemen führen. Die Bundeswehr fährt weiter auf Verschleiß.

Hürden für europäische Zusammenarbeit

Anders als im Koalitionsvertrag von 2013 fehlt im neuen Dokument außerdem ein klares Bekenntnis zu einer eigenen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland. Es wird lediglich auf ein Eckpunktepapier aus dem Jahr 2015 verwiesen. Die weitere Verschärfung der Exportbestimmungen im nationalen Alleingang ist im Hinblick auf eine engere europäische und insbesondere deutsch-französische Kooperation problematisch. Rüstungsexporte und europäische Kooperationsvorhaben sind zwei Seiten einer Medaille. Das angestrebte Ziel einer Harmonisierung der Rüstungsexportbestimmungen in Europa, welches der BDI unterstützt, scheint auf dieser Basis nicht realisierbar. Auch die bilateral zwischen Deutschland und Frankreich verabredeten Entwicklungsvorhaben drohen durch den deutschen Sonderweg gefährdet zu werden.

Vor diesem Hintergrund verblassen die positiven Aspekte des Koalitionsvertrages: Das klare Bekenntnis zur regelbasierten Weltordnung, zur NATO und zur transatlantischen Freundschaft sowie die politische Absichtserklärung, die europäische Sicherheitspolitik zu stärken. Es wäre wünschenswert, wenn eine neue Regierung hier Erfolge erzielen könnte. Dafür müssen Anspruch und Wirklichkeit in Einklang gebracht werden.