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Startplattform für kleine Trägerraketen in der Nordsee

Fern der Erde und doch so nah. Satelliten bestimmen unseren Alltag. Die Kommerzialisierung der Raumfahrt, NewSpace genannt, schreitet rasant voran. Doch es fehlt an adäquaten Startmöglichkeiten, um Kleinsatelliten flexibel ins All zu bringen. Die hiesige Industrie setzt nun auf eine innovative mobile Startplattform für kleine Trägerraketen in der Nordsee. An Bord der Raketen: Kleinsatelliten, die etwa Klimadaten sammeln können.

Von einer Startplattform könnten kleine Trägerraketen ohne bürokratische Exportrestriktionen erstmals direkt aus EU-Kontinentaleuropa starten - ein entscheidender Wettbewerbsvorteil und Alleinstellungsmerkmal einer mobilen Lösung in der Nordsee. Dies wird auch von führenden deutschen und europäischen Raketenherstellern so gesehen. Am 6. September 2021 unterzeichneten mit T-Minus aus den Niederlanden, Skyrora aus Großbritannien, HyImpulse und der Rocket Factory Augsburg aus Deutschland vier europäische NewSpace-Launcher Absichtserklärungen für Starts mit der German Offshore Spaceport Alliance (GOSA) GmbH. Dank dem Ausbau der Offshore-Windenergie ist die notwendige Infrastruktur sowie Expertise bereits vorhanden. Ein weiterer Vorteil: Bei Starts in der Nordsee entfallen lange Transportwege für Raketen und Satelliten nach Übersee oder ins EU-Ausland. Der CO2-Fußabdruck wird damit erheblich reduziert. Von diesem vereinfachten und flexiblen Zugang würden insbesondere innovative Start-Ups profitieren. Die Bundesregierung sollte vor diesem Hintergrund die private Initiative aktiv unterstützen und die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit die Startplattform 2022 realisiert werden kann und Starts aus der Nordsee ein Jahr später möglich sind.

Die Startplattform in der Nordsee ist eine zentrale Komponente, um eine integrierte NewSpace-Wertschöpfungskette „Made in Germany“ aufzubauen und unmittelbar am dynamischen Zukunftsmarkt Weltraum partizipieren zu können. Allein bis 2030 werden weltweit 15.200 Satelliten ins All befördert – 90 Prozent davon sind Kleinsatelliten. Deutschland hat damit die seltene Chance, in einem Zukunftsfeld mit noch geringem Mitteleinsatz eine weltweit führende Rolle einzunehmen.

Satelliten und durch sie generierte Daten gewinnen rasant an Bedeutung. Sie sind der Schlüssel für Zukunftstechnologien wie autonomes Fahren, Industrie 4.0 und datengetriebene Geschäftsmodelle. Damit sind sie gerade für das Industrieland Deutschland von zentraler Bedeutung. Satellitendaten sind zudem Teil der Lösung für mehr Nachhaltigkeit auf der Erde und den Klimawandel. Für die außen- und sicherheitspolitische Urteils- und  Handlungsfähigkeit Deutschlands und Europas sind Satelliten unabdingbar und stellen eine kritische Infrastruktur dar. Europa und Deutschland als Industriestandort würden somit von einer Plattform gleichermaßen profitieren. Der europäische Weltraumbahnhof in Kourou (Französisch-Guyana) würde sinnvoll ergänzt.

Was ist zu tun?

  • Rechtsrahmen schaffen: Die Bundesregierung sollte bis 2022 die rechtlichen Voraussetzungen   für die Genehmigung der Startplattform schaffen.
  • Starkontingente als Ankerkunde erwerben: Neben einer Anschubfinanzierung sollte die Bundesregierung, koordiniert durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), nach US-amerikanischem Vorbild feste Startkontingente für Bund, Behörden und Forschungseinrichtungen erwerben. Dadurch würde sie die privatwirtschaftliche Umsetzung und den Betrieb der Plattform unterstützen und als Kunde von flexiblen Starts eigener Satelliten profitieren.