Deutsche Industrie erwartet klares Bekenntnis zum Industrie- und Innovationsstandort EU

BDI-Präsident Siegfried Russwurm äußert sich zum geplanten Fit-for-55-Klimaschutzpaket der Europäischen Kommission. Der Klimaplan der EU müsse sich an der Kosteneffizienz seiner Maßnahmen und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft messen lassen.

„Die deutsche Industrie erwartet vom Fit-for-55-Klimaschutzpaket der Europäischen Kommission ein klares Bekenntnis zum Industrie- und Innovationsstandort Europa. Der Klimaplan der EU muss sich an der Kosteneffizienz seiner Maßnahmen und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft messen lassen.

Wer die Latte bei den Klimazielen immer höher legt, muss auch dafür sorgen, dass Europa mit einer zukunftsfähigen Industrie im globalen Wettrennen um beste Klimaschutzlösungen die Nase vorne hat. Unternehmen brauchen einen klaren und verlässlichen Umsetzungsplan der geplanten Maßnahmen.

Im Zentrum muss eine ausreichende Menge erneuerbarer Energien zu wettbewerbsfähigen Preisen stehen sowie der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft. Für einen raschen Hochlauf eines Wasserstoffmarktes ist eine Anpassung des europäischen Rechtsrahmens unerlässlich. Die überarbeitete Erneuerbare-Energien-Richtlinie sollte erneuerbaren und CO2-armen Wasserstoff über eine harmonisierte Klassifizierung und Zertifizierung europaweit und international handelbar machen. Statt dem Verbrennermotor faktisch den Garaus zu machen, kommt es im Transportsektor auf eine technologieoffene Dekarbonisierung sowie den konsequenten Ausbau von Lade- und Tankinfrastrukturen an.

Planungs- und Investitionssicherheit stehen für die Industrie an oberster Stelle. Die Politik muss Unternehmen in die Lage versetzen, das notwendige Kapital für die enormen Investitionen in klimafreundliche industrielle Prozesse und Technologien zu generieren.

Ein verlässlicher Carbon-Leakage-Schutz über die erprobten Instrumente des EU-Emissionshandelssystems ETS ist unter keinen Umständen verhandelbar und sollte eher noch verstärkt werden. CO2-Grenzausgleichsmechanismen (CBAM) sind keine Alternative zu freien Zuteilungen über das Emissionshandelssystem ETS. Sie sind  missbrauchsanfällig und riskieren neue Handelskonflikte.

Europas Zukunftsfähigkeit steht und fällt mit einer verlässlichen CO2-Bepreisung auf EU- und globaler Ebene. Für ein Level-Playing-Field sind bei einer ETS-Ausweitung auf die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr separate Emissionshandelssysteme notwendig. Ein gemeinsames Handelssystem setzt nicht die richtigen Preissignale für die einzelnen Sektoren.

Anreize für CO2-neutrale Energieträger sollte die EU über die Energiesteuerrichtlinie schaffen. Zu Wettbewerbsverzerrungen für den europäischen Luft- und Seeverkehr durch eine europäische Insellösung darf es nicht kommen. Für international operierende Verkehrsträger sind internationale Lösungen zum Klimaschutz notwendig. Brüssel steht in der Pflicht, auf G20-Ebene mit ganzer Kraft für eine wachsende Konvergenz der Klimaambitionen einzutreten, um Wettbewerbsverzerrungen abzubauen. Mit Klimaschutz im europäischen Alleingang wäre dem Weltklima nicht geholfen.“