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Klimaziele durch mehr Rationalität und Planbarkeit erreichen

Die Bundesregierung will bis 2045 klimaneutral werden – das ist anspruchsvoll, doch technologisch machbar. Auch die EU-Kommission hat erste Vorschläge zum „Green Deal“ gemacht. Egal ob Berlin oder Brüssel: Zum Erreichen der Ziele braucht es technisches Können, viel Geld und gesellschaftlichen Konsens. Entscheidend bleibt rationale und planbare Politik, auf die sich Unternehmen aller Größen und Branchen verlassen können.

Im Eilverfahren boxte die Bundesregierung im Juni 2021 ein neues Klimaschutzgesetz mit schärferen Klimazielen durch. Das Zieljahr für die Klimaneutralität spontan um fünf Jahre vorzuziehen ist ein teurer Kraftakt. Auch die Vorschläge der EU-Kommission zur Umsetzung des „Green Deal“ fordern in vieler Hinsicht heraus. Auf dem Weg zum klimaneutralen Industrieland braucht es Unternehmen – börsennotierte Konzerne genauso wie mittelständische Familienunternehmen – als Treiber von Innovation.

Zum Erreichen der Klimaziele sind neben dem technischen Können und der Entwicklung von Innovationen auch viel Geld, gesellschaftlicher Konsens und richtige Rahmenbedingungen notwendig. „Es reicht nicht, Klimaneutralität per Gesetz vorzuschreiben. Die Politik muss auch etwas dafür tun, dass das Ziel erreicht werden kann. Dafür braucht es so schnell wie möglich ein enormes Infrastrukturprogramm“, sagt BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Die Wirtschaft sei Teil der Lösung des Klimaproblems. Für ein klimaneutrales Industrieland bräuchten Unternehmen aber mehr Rationalität und Planbarkeit der Politik.

Klimaschutzgesetz muss wirtschaftsfreundlich sein

Für ein wirtschaftsfreundliches Klimaschutzgesetz müssen im Hausaufgabenheft der neuen Bundesregierung vier Aufgaben ganz oben stehen:

  • Strom muss günstiger werden, also rasch von Abgaben und Umlagen befreit werden. Schon heute hat Deutschland die höchsten Strompreise der Welt. Das ist ein erheblicher Standortnachteil.
  • Zudem gilt es, das Innovationstempo mit gewaltigen Investitionen auf öffentlicher wie privater Ebene zu beschleunigen. Das setzt Technologieoffenheit und eine pragmatische Planung voraus.
  • Für eine klimaneutrale Energieversorgung überall und zu jeder Zeit wird Wasserstoff als Transport- und Speicherlösung immer wichtiger. An einem schnellen Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft führt kein Weg vorbei.
  • Ein Korsett jahresscharfer linearer Sektorziele auf Grundlage heutiger Abschätzungen schafft theoretische Zukunftslandschaften auf dem Reißbrett, aber hilft dem Klima nicht. Klimaneutralität ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf.

Klimaschutz ist eine globale Aufgabe

Allein wird Deutschland das Klima global ohnehin nicht verbessern. Zum einen müssen die nationalen Pläne mit dem europäischen Green Deal konsistent sein. Sonst wird der Umbau teurer als nötig. Zum anderen braucht es internationale Kooperationen. Beispielsweise bieten sich mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden und seinem ehrgeizigen Klimaschutzprogramm neue Absatzmöglichkeiten für Lösungen „made in Germany“.

Zwar liegt der Anteil Deutschlands in der globalen CO2-Bilanz bei gerade einmal knapp zwei Prozent. Doch führt die Rolle als Innovationsführer immer auch zu Verantwortung. Unternehmen wollen die globale Nachfrage nach pragmatischen und profitablen Technologien bedienen und einen Beitrag zur weltweiten Emissionsreduktion leisten. Konkret gilt das etwa als Leitanbieter beim Aufbau eines globalen Wasserstoffmarktes.

Frühzeitige Investitionen sind notwendig

„Die Regierung will ein Klimaschutzgesetz beschließen, in dem sie das Ziel Klimaneutralität nochmals fünf Jahre vorzieht auf 2045, lässt aber offen, wie das gehen soll. So kann das nicht funktionieren. Industrie-Anlagen laufen schon mal 20 Jahre und müssen vorher geplant und genehmigt werden. Dafür fehlen aktuell verlässliche Grundlagen“, sagt Siegfried Russwurm. Dem Klimaschutz helfen weder Aktionismus noch Verbotspolitik noch weitere Kosten für Unternehmen – es braucht handfeste Investitionen.