© Andrey Armyagov | stock.adobe.com

Wie Innovationen der Raumfahrt unser Leben prägen

Raumfahrt betrifft uns alle, sie ist viel mehr als reine wissenschaftliche Liebhaberei. Jeden Tag kommen Menschen auf der Erde mit ihren Technologien in Berührung und nutzen sie, meist unbewusst: Ob beim Telefonieren, beim Lesen der Wettervorhersage oder beim Tragen von Kleidung. Entwicklungen für den Weltraum können zukünftige Herausforderungen der Erde lösen.

Raumfahrttechnologie ist die Basis unserer modernen Informationsgesellschaft. Internet, GPS-Tracking, Navigationssysteme, Logistiksteuerung oder schlicht die detailgenauen Wettervorhersagen unserer Wetter-App werden durch Satelliten unterschiedlichster Größe und Technologiestufe unterstützt. Die satellitenbasierte Telekommunikation ergänzt terrestrische Lösungen und bindet schlecht oder unerschlossenen Gegenden – in Grenzgebieten, in der Schifffahrt oder als Back-up, wenn die Glasfaserleitung durchtrennt wird – an.

Selbst in den kleinen Dingen unseres Alltags finden sich Entwicklungen aus der Raumfahrt wieder: Materialien, die einmal für die Kleidung von Astronauten hergestellt wurden, prägen unsere Sportschuhe, werden in Rettungsdecken für die Erste Hilfe eingesetzt oder dienen Rennfahrern in ihren Anzügen zur Kühlung. Auch der in kaum einem Haushalt fehlende Akku-Schrauber wurde einst für die Apollo-Missionen in den USA konstruiert. Kratzfeste Materialien, ursprünglich für Raketen entwickelt, erfreuen heute jeden Brillenträger. Gefriergetrocknete Lebensmittel und angereicherte Babynahrung haben ihren Ursprung in der Raumfahrt, gleiches gilt für zahlreiche Medikamente, medizinische Verfahren und Geräte wie beispielsweise die Magnetresonanztomographie (MRT).

Raumfahrt löst zukünftige Herausforderungen

Darüber hinaus leistet die Raumfahrt einen bedeutenden Beitrag zu weltpolitischen und gesellschaftlichen Herausforderungen: Dank Raumfahrttechnologie ist es uns möglich, Entwicklungen und Veränderungen der Erdoberfläche, in der Atmosphäre, unserem Klima und Wetter genauer zu beobachten als jemals zuvor und darauf aufbauend Forschungen zum Erhalt unseres Lebensraums anzustoßen. So können wir auch unsere knappen Ressourcen sorgsamer, umweltgerechter und nachhaltiger bewirtschaften, wie zum Beispiel durch satellitengestützte, zentimetergenaue Ausbringung von Saatgut, Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie durch punktgenaue Bewässerung.

 

Video: ESA-Astronaut Matthias Maurer zur Bedeutung von Raumfahrttechnologien
Video: ESA-Astronaut Matthias Maurer zur Bedeutung von Raumfahrttechnologien © BDI
Video: Thomas Schilling, Head of Information Technology bei BASF, erläutert, wie Landwirte ihre Herausforderungen mithilfe von Raumfahrttechnologien meistern können.
Video: Thomas Schilling, Head of Information Technology bei BASF, erläutert, wie Landwirte ihre Herausforderungen mithilfe von Raumfahrttechnologien meistern können. © BDI
Video: Anke Pagels-Kerp, Head of Space Science Department beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), über die Bedeutung der Erdbeobachtung für den Umwelt- und Klimaschutz
Video: Anke Pagels-Kerp, Head of Space Science Department beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), über die Bedeutung der Erdbeobachtung für den Umwelt- und Klimaschutz © BDI

Raumfahrttechnologien liefern wichtige Daten und Bilder, um in der Außen- und Sicherheitspolitik auch in der Zukunft fundierte Entscheidungen treffen zu können. Das Militär wird mit der fortschreitenden Digitalisierung von weltraumgestützten Systemen und Dienstleistungen noch weiter abhängig sein. Und mehr noch: Raumfahrtanwendungen sind Schlüssel und Voraussetzung für Zukunftstechnologien wie autonomes Fahren und Industrie 4.0. Beim automatisierten Informationsaustausch zwischen Maschinen sorgen Satelliten für eine lückenlose Breitbandinfrastruktur – und sorgen damit für mehr Datensicherheit und -souveränität. Beim autonomen Fahren liefern sie wichtige Daten zur Navigation.

Gleichzeitig schafft Raumfahrt ein enges Netz internationaler Zusammenarbeit, wie allein das Beispiel der Internationalen Raumstation ISS zeigt, an der auch Deutschland über die Europäische Weltraumorganisation (ESA) beteiligt ist. Als Außenposten der Menschheit im All und zugleich fliegendes Labor mit exzellenten und immer stärker kommerziell genutzten Möglichkeiten für Wissenschaft und Forschung ist die ISS das weltweit größte laufende internationale Wissenschaftsprojekt. Es zeigt, wie Raumfahrt dazu geeignet ist, junge Menschen für Naturwissenschaft und Technik zu begeistern. Astronautinnen wie Samantha Cristoforetti oder Astronauten wie Alexander Gerst dienen vielen Kindern und Jugendlichen als Vorbild, sind damit Ansporn und Motivation für die nächste Generation von Wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen. Damit leistet die Raumfahrt einen wichtigen Beitrag, um dem Fachkräftemangel, insbesondere in Berufen der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT), entgegenzuwirken.

Raumfahrt wird zur kritischen Infrastruktur

Raumfahrttechnologien tragen somit dazu bei, wichtige gesellschaftliche Funktionen, die Sicherheit und das wirtschaftliche, soziale oder gesundheitliche Wohlergehen der Bevölkerung aufrechtzuerhalten – und ihre Bedeutung wird in den nächsten Jahrzehnten weiter steigen. Damit wird Raumfahrt zu einer kritischen Infrastruktur unseres Landes, die wir sichern und ausbauen müssen, um ihre Leistungsfähigkeit sowohl auf der Erde als auch im Weltraum zu gewährleisten.

Dabei hilft die zunehmende Kommerzialisierung der Raumfahrt, „New Space“ genannt. Sie kann Arbeitsplätze in unterschiedlichsten Branchen schaffen und als Innovationsmotor dienen, der die deutsche Industrie im internationalen Wettbewerb stärkt und für den Erhalt und den Ausbau unserer technologischen Kernkompetenzen sorgt. Die deutsche Industrie verfügt mit ihren Systemhäusern, mittelständischen Unternehmen und Startups über die Expertise und Innovationskraft, um eine führende Rolle im „New Space“-Zeitalter zu spielen. Deutschland ist Hightech-Nation, die drittgrößte Exportnation und viertgrößte Volkswirtschaft der Erde. Der Anspruch an uns selbst sollte sein, dass wir im Weltraum nicht weniger erfolgreich sind.