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Ein „digitaler Zwilling“, ein individuelles digitales Abbild aus den klinischen Daten eines Patienten, eröffnet neue Möglichkeiten bei der Behandlung von Krankheiten. © tunedin | 100518349 | stock.adobe.com

Digitalisierung verbessert die Abstimmung bei Therapie und Nachsorge

In der Therapie erfordern gerade komplexe Erkrankungen viel Abstimmung zwischen den Ärzten. Durch digitale Lösungen greifen ihre Entscheidungen und Aufgabenteilung noch besser ineinander. Auch die Nachsorge lässt sich mit digitaler Unterstützung besser koordinieren, kommunizieren und kontrollieren. Eine wichtige Voraussetzung sind gemeinsame Standards für Patientendaten.

Am Beispiel von Tumorerkrankungen werden die Vorteile einer digital unterstützten Therapie besonders deutlich: An der Behandlung von Krebserkrankungen sind unterschiedliche Disziplinen beteiligt, die Therapien individuell auf den Patienten zuschneiden – Therapien, die sehr individuell anschlagen. Die Entscheidung, wer wann was machen sollte, ist vor allem eine Frage des Daten- und Wissensaustauschs.

Ein digitales Patienten-Abbild ermöglicht effektivere Therapien

Eine Möglichkeit, die sich durch digitale Lösungen eröffnet, ist ein „digitaler Zwilling“ – ein individuelles digitales Abbild aus den klinischen Daten eines Patienten. Mit seiner Hilfe lassen sich verschiedene Therapien simulieren. Aufbauend auf klinischen Studien und Erfahrungen sowie vorherigen Behandlungen, zeigt sich am Zwilling mit Wahrscheinlichkeiten hinterlegt, wie der Patient auf welche Therapie ansprechen würde.

Sind außerdem die Behandlungsdaten aller beteiligten Experten auf einer zentralen Cloud-Plattform verfügbar, lässt sich deren Zusammenarbeit während einer Therapie besser planen, umsetzen und kontrollieren. Dabei hilft zusätzlich eine digitale Lösung zur Therapiebegleitung, die etwa die Verträglichkeit von Wirkstoffen überwacht. Entsprechende Parameter meldet sie an die Ärzte zurück, die eine Therapie bei Bedarf anpassen.

Leichtere Dokumentation der Nachsorge per App

Die Nachsorge schließt an die Therapie an und umfasst je nach Erkrankung unterschiedliche Bestandteile: stationäre Reha, längerfristige Betreuung durch Untersuchungen oder palliative Nachsorge, sollte ein Patient nicht geheilt werden können. Auch in dieser Phase geht es um die bestmögliche Planung und Begleitung vieler Schritte durch mehrere Beteiligte – hierbei hilft eine digitale Lösung.

Neben dem digitalen Zwilling, der an verschiedenen Stationen des Versorgungspfads des Patienten nützlich ist, bietet sich eine dezidierte App zum Nachsorgemonitoring an. Darin finden Patienten alle für sie notwendigen Angaben zur Nachsorge wie Termine und Medikation. Außerdem können Ärzte durch die App den Verlauf der Nachsorge dokumentieren. Diese Daten lassen sich zentral sammeln und auswerten, sodass sich daraus Erkenntnisse für die Behandlungen anderer Patienten ergeben. Bei Tumorerkrankungen ist ein weiteres Ziel der Nachsorgeüberwachung, das erneute Auftreten eines Tumors rechtzeitig zu entdecken.

Fehlende Datenstandards erschweren den Austausch

Zentrale Voraussetzung ist eine einheitliche Datenbasis. Von ihr hängt maßgeblich eine erfolgreiche Digitalisierung von Therapie und Nachsorge ab. Außerdem ist diese einheitliche Basis für viele weitere Schritte des digitalisierten Versorgungspfads des Patienten notwendig: Derzeit bedeuten viele beteiligte Disziplinen und Sektoren eine hohe Anzahl unterschiedlicher Daten- und Kommunikationsstandards. Digitale Lösungen verstehen und verknüpfen verschiedene Patientendatensätze aus Praxen, Krankenhäusern oder Krankenkassen aber nur dann sinnvoll, wenn sie einer gemeinsamen „Sprache“ folgen. Zum einen geht es um die Struktur, in der das Informationssystem die Einzeldaten erfasst und verarbeitet. Hier sollte sich Deutschland an international akzeptierten Standardschnittstellen orientieren.

Zum anderen setzt der Austausch von Gesundheitsdaten eine einheitliche Semantik voraus: eine Art Wörterbuch, das etwa für Krankheitsbilder verbindliche medizinische Terminologien festlegt, die sich in allen Datensätzen einer Datenbank nutzen lassen. Außerdem ist Einheitlichkeit auch bei der Verwendung von (anonymisierten) Patienten-IDs gefragt, die sich bislang zwischen verschiedenen Systemen unterscheiden. Erst durch Standardisierung können künstliche Intelligenzen, Apps und menschliche Nutzer alle für einen Patienten oder eine Erkrankung relevanten Daten überhaupt in einer Datenbank zusammenstellen und interpretieren.