Atomausstieg: Politische Entscheidungen für Kernenergieausstieg

© EnBW

BDI begleitet Atomausstieg aus Sicht der Industrie

Die Nutzung der Kernenergie hat die deutsche Politik und Gesellschaft über lange Zeit gespalten. Mit Blick auf das Wahljahr ist festzustellen, dass sich die politischen Lager derzeit einig sind, wichtige Fragen des Kernenergie-Ausstiegs im parteiübergreifenden Konsens zu regeln. Und zwar noch vor der Bundestagswahl 2017.

Das Jahr 2016 brachte wichtige politische Entscheidungen für die weitere Gestaltung des Kernenergieausstiegs: Die beiden von der Bundesregierung eingesetzten parteiübergreifenden Kommissionen legten ihre Empfehlungen zur Endlagersuche und zur Finanzierung von Rückbau, Zwischen- und Endlagerung vor. Das Bundesverfassungsgericht entschied zur Rechtmäßigkeit des Atomausstiegs. Und zum Jahreswechsel läuft die gesetzgeberische Umsetzung der in den Kommissionen gefundenen Einigung. Der BDI hat all diese Prozesse aus Industriesicht eng begleitet und u. a. auf kostenbewusste Lösungsansätze gedrängt.

Eine entscheidende Rolle bei der Konsensfindung spielten die beiden Expertenkommissionen:

Endlager-Kommission

Die sogenannte Endlager-Kommission („Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“) umfasst Vertreter wichtiger gesellschaftlicher Gruppen, und zwar aus Wissenschaft, Umweltverbänden, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften und Industrie, wobei die Industrievertreter vom BDI vorgeschlagen wurden. Die Ernennung der Mitglieder erfolgte direkt von Bundestag und Bundesrat, um größtmögliche gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen.

Nach rund zweijähriger Arbeit stellte die Kommission im Juli 2016 ihren Abschlussbericht der Öffentlichkeit vor. Die Empfehlungen des Berichts betreffen geologische Anforderungen an die künftige Endlagerung und den Vorschlag, die Endlagersuche auf einer „weißen Landkarte“ ohne vorherige Festlegungen oder Ausschlüsse zu beginnen. Zudem soll jede wichtige Etappe dieses künftigen Suchprozesses durch einen Parlamentsbeschluss abgeschlossen werden. Die Gesetzesänderungen zur Einarbeitung dieser Vorschläge (mit Änderungen u. a. des Standortauswahlgesetzes und des Atomgesetzes) sollen Mitte März 2017 abgeschlossen sein.

KFK („Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs“)

Die zweite Expertenkommission, die sogenannte KFK wurde auf Beschluss der Bundesregierung eingesetzt. Mitglieder waren hier Vertreter der verschiedenen politischen Strömungen sowie Experten aus Wissenschaft, Rechtspraxis und Verwaltung. Als Vertreter der Industrie nahm der damalige BDI-Präsident Ulrich Grillo teil. Nach einem halben Jahr Arbeit übergab die Kommission ihren Abschlussbericht im April 2016 der Bundesregierung. Der einstimmig beschlossene Bericht schlägt eine klare Aufgabenteilung zwischen den Versorgern und dem Bund vor hinsichtlich Rückbau, Zwischenlagerung und Endlagerung und regelt auch die Finanzierung entsprechend. Die gesetzliche Verankerung erfolgte durch das „Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung“, das Bundestag und Bundesrat im Dezember 2016 verabschiedet haben.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg

Mit besonderer Spannung wurde am 6. Dezember 2016 das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des Atomausstiegs 2011 erwartet. Der BDI war vom Bundesverfassungsgericht im Vorfeld zusammen mit anderen Interessengruppen um eine Stellungnahme gebeten worden. Darin betonte der BDI das hohe Gut eines wirksamen Grundrechts und insbesondere Eigentumsschutzes für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Dieses sei ein wichtiger Grund für die Stärke unseres Industrielandes. Eine Einschränkung der Grundrechte dürfe nur gestattet sein, wenn sie durch eine begründete Faktenbasis dazu legitimiert werde.

Die sehr differenzierte Entscheidung des Gerichts im Dezember fand dann ein erhebliches Echo: sie wurde von der Bundesregierung, von den Versorgern, aber auch vom BUND begrüßt und kann damit wohl zu Recht als salomonisch im Sinne einer gesellschaftlichen Befriedung gelten. So sah das Gericht die gesetzlichen Regelungen zum Atomausstieg vom 31. Juli 2011 als zumutbare und auch die Anforderungen des Vertrauensschutzes und des Gleichbehandlungsgebots wahrende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums der Versorger an. Allerdings sei das Eigentumsgrundrecht insoweit verletzt, als die Einführung fester Abschalttermine den Verbrauch der 2002 jedem Kraftwerk zugewiesenen Stromerzeugungskontingente für die Betreiber unmöglich mache. Mit dem Grundrechtsschutz sei auch unvereinbar, dass das Atomausstiegsgesetz von 2011 keine Regelung zum Ausgleich für Investitionen enthielt, die die Betreiber im berechtigten Vertrauen auf die im Jahr 2010 zusätzlich gewährten Stromerzeugungskontingente vorgenommen hatten, die durch den Ausstiegsbeschluss aber entwertet worden waren.

Ausblick

Mit all diesen Ergebnissen sind einige wichtige Etappen beim Kernenergie-Ausstieg genommen. Allerdings bleibt auch noch Erhebliches zu tun, nicht nur bei der Kernenergie, sondern vor allem auch bei der Energiewende und dem Ziel, diese wirtschaftlich und international wettbewerbsfähig zu gestalten.