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CO2-Grenzausgleichsmechanismus

Die Europäische Kommission hat Mitte 2020 den Gesetzentwurf für einen Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) vorgelegt. Ziel ist es, EU-Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten, die sich bei verschärften Klimazielen härteren Klimaschutzanforderungen stellen müssen. So soll Carbon-Leakage verhindert werden. Der BDI, dessen Mitglieder starke Bedenken gegen einen solchen Mechanismus hegen, äußert sich zu der geplanten Maßnahme kritisch. 

Die Kommission hat für ausgewählte Sektoren ein CBAM-System vorgeschlagen, um das Risiko von Carbon-Leakage zu mindern. Der Preis von Importen solle so ihren CO2-Gehalt besser widerspiegeln. Diese Maßnahme ist so konzipiert, dass sie mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) und anderen internationalen Verpflichtungen der EU in Einklang steht, so die EU-Kommission. Sie wäre – so die Kommission weiter – allerdings zunächst eine Ergänzung zu den Maßnahmen durch die bislang das Carbon Leakage-Risiko im EU-ETS (freie Zuteilung, Strompreiskompensation) gemindert wird. Das Instrument des CO2-Grenzausgleichs ist neu und noch in keiner Weise erprobt. Deshalb soll vor der „Scharfschaltung“ des Instruments zu Anfang Januar 2026 eine dreijährige Übergangsphase vorgeschaltet werden. Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission muss jedoch in vielerlei Hinsicht noch präzisiert und konkretisiert werden, bevor er in die Testphase gehen kann.

Grenzausgleichsmaßnahmen können aus BDI-Sicht kostenfreie Zuteilungen und Strompreiskompensation nicht ersetzen – wie die EU-Kommission das bislang will –, sondern allemal nur ergänzen.  

Wie die neue Bundesregierung agieren wird, lässt sich noch nicht sagen. In der 19. Legislaturperiode wurde bei CBAM abwartend agiert. Feststeht, dass Frankreich – welches zu Jahresbeginn 2022 für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat – das Dossier vorantreiben will. Bis heute lässt sich im Rat allerdings noch keine eindeutige Richtung ausmachen. Viele EU-Mitgliedstaaten sind noch dabei, den Vorschlag tiefer zu analysieren und sich eine Meinung zu bilden.  

Carbon-Leakage-Schutz erforderlich 

Der BDI unterstützt die Pariser Klimaziele und die Ziele des Green Deal. Der CBAM sollte grundsätzlich auf seine Eignung zur Minderung des Carbon-Leakage-Risikos geprüft werden, weil offensichtlich die für die freie Zuteilung zur Verfügung stehende Menge an Zertifikaten weiter abnehmen wird. Solange nicht alle Staaten ihre Treibhausgasemissionen so ambitioniert reduzieren wollen oder können wie die EU, besteht dieses Risiko. Im Klimaschutz wächst das Ambitionsgefälle zu Wettbewerbern. Wenn Unternehmen in der EU mehr Klimaschutz realisieren (müssen) als anderswo, bedeutet das mehr Belastung als anderswo. Deshalb ist unbedingt ein erweiterter Carbon-Leakage-Schutz erforderlich. 

Das Hauptproblem ist, dass die Umstellung auf kohlenstoffarme Produktionstechnologien nicht von heute auf morgen erfolgen kann. Die Sicherstellung eines Level-Playing-Fields sowie der Wettbewerbsneutralität hat für den BDI weiterhin Priorität, da europäische Unternehmen die ehrgeizigen Klimaziele nur erreichen können, wenn sie wirtschaftlich erfolgreich sind.  

Grenzausgleichsmaßnahmen müssen WTO-kompatibel sein 

Es ist ernsthaft zu befürchten, dass die einseitige Einführung von CBAM zu harten Gegenreaktionen von wichtigen Handelspartnern führen wird, u. a. in Form von WTO-Streitigkeiten sowie tariflichen Vergeltungsmaßnahmen unter dem Vorwurf des Protektionismus. Auch die Umgehung der CBAM-Abgabe durch veränderte Exportvarianten ist ein Aspekt, der Anlass zu großer Sorge gibt. Wie diese Umgehung vermieden werden soll, dazu bleibt der Kommissionsvorschlag sehr vage. Grenzausgleichsmaßnahmen müssen WTO-kompatibel sein, insbesondere mit Bezug auf das Meistbegünstigungsprinzip sowie die Inländerbehandlung, und ihr Einsatz muss unbedingt international abgestimmt werden.  

Der BDI befürwortet einen sektoralen schrittweisen Ansatz mit einer vorgelagerten Testphase und einem Fokus auf die direkten (Scope 1) Emissionen. Damit wird verhindert, dass die bestehenden und bewährten Instrumente zum Schutz von Carbon-Leakage untergraben werden. Stabile Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit sind unabdingbar. Vor diesem Hintergrund sollte der Schutz vor Carbon-Leakage bis 2030 in erster Linie durch die traditionellen Instrumente, die kostenlose Zuteilung und die Strompreiskompensation ohne Abstriche erfolgen. 

CBAM ist darüber hinaus alles andere als ein Wundermittel gegen Carbon-Leakage. Es ist ein Instrument, mit dem wir im Klimabereich keinerlei Erfahrung haben. Es kann wohl höchstens für einzelne Sektoren zusätzlichen Schutz bieten, möglicherweise jedoch mit erheblichen Nebenwirkungen, wie etwa Vergeltungsmaßnahmen und daraus resultierenden Handelskonflikten. Zusätzliche Maßnahmen gegen Carbon-Leakage müssen also noch kommen. CBAM sollte, wenn überhaupt, vorsichtig ausprobiert und nur in konstruktiver Zusammenarbeit mit ebenfalls an diesem Instrument interessierten Handelspartnern angewendet werden. Denn eines ist klar: erfolgreicher Klimaschutz braucht internationale Kooperation. Handelskonflikte schaden dem Klima.