Steffen Gentsch, Leiter Sicherheit Airbus Defence and Space und Leiter Konzernsicherheit der Airbus Gruppe Deutschland © BDI

Drei Fragen an Steffen Gentsch

Mit der Initiative Wirtschaftsschutz ist ein neues Programm zum Schutz deutscher Unternehmen auf den Weg gebracht. Steffen Gentsch erklärt als Vorsitzender des BDI-Arbeitskreises Wirtschaftsschutz, was sich konkret hinter dem Programm gegen Spionage und Sabotage verbirgt. Als Head of Corporate Security Germany and Airbus Defence & Space fordert Gentsch zudem: Es muss noch mehr zum Schutz der Firmen getan werden.

1. Der Begriff Wirtschaftsschutz klingt zunächst etwas abstrakt. Was bedeutet er konkret?

Wirtschaftsschutz ist der Schutz deutscher Unternehmen vor sicherheitspolitischen Risiken wie Spionage, Sabotage, organisierter Kriminalität und fehlender Rechtsstaatlichkeit. Dies umfasst die Prävention, also die Risiko- und Krisenfrüherkennung, ebenso wie geeignete Schutzmaßnahmen durch Staat und Wirtschaft. Oder um es weniger akademisch zu sagen: Es geht um den weltweiten Schutz unserer Mitarbeiter, unseres Know-hows, unserer Produktion und Logistikketten gegen Spionage, Sabotage, Terrorismus und kriminelle Handlungen. Dieses spezifische Schutzinteresse deutscher Unternehmen wird derzeit zu wenig als wichtige eigenständige Aufgabe der deutschen Sicherheitspolitik verstanden.

2. Der Bund, der DIHK und der BDI haben eine Nationale Wirtschaftsschutzstrategie erarbeitet. Was steckt dahinter?

Die nationale Strategie für Wirtschaftsschutz verfolgt das Ziel, bestehende Sicherheitsmaßnahmen von Staat und Wirtschaft für den Eigenschutz von Unternehmen besser aufeinander abzustimmen. Große Konzerne und Unternehmen haben professionelle Sicherheitsabteilungen, doch insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) sollen durch die Wirtschaftsschutzstrategie stärker für existenzielle Bedrohungen sensibilisiert werden. Dazu ist ein wesentlicher Bestandteil, bundesweit ergänzende Präventions- und Hilfsangebote für die deutsche Wirtschaft zu schaffen.  

Es geht vor allem um die Frage, wie der Informationsaustausch und das Zusammenwirken zwischen Staat und Wirtschaft bei der Risikoanalyse und auch der Krisenfrüherkennung, der Sensibilisierung von KMU und Forschungseinrichtungen und der Weiterbildung im Bereich Sicherheit verbessert werden kann. Wir haben gemeinsam im Rahmen der „Initiative Wirtschaftsschutz” eine Reihe von Maßnahmen und Pilotprojekten aufgesetzt. Das beginnt bei konkreten Sensibilisierungsmaßnahmen für Entscheider aus Unternehmen, Forschung und Politik. Und es geht weiter bei einer transparenten Darstellung von behördlichen Zuständigkeiten und Ansprechpartnern bei Sicherheitsvorkommnissen – bis hin zu öffentlichen und nicht-öffentlichen Austauschstrukturen zwischen Unternehmen und Staat.

3. Was muss darüber hinaus aus Ihrer Sicht noch getan werden?  

Die Wirtschaftsschutzstrategie ist ein echter Meilenstein für den längst überfälligen, systematischen Schutz deutscher Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Doch angesichts der zunehmenden Sicherheitsbedrohungen muss der Schutz von Unternehmen als fester Bestandteil der deutschen Sicherheitspolitik verankert werden. Deutsche Unternehmen erleiden jährlich Schäden im zweistelligen Milliardenbereich durch Spionage, Sabotage und organisierte Kriminalität.  

Mit der Vorstellung der Wirtschaftsschutzprojekte Ende April in Berlin steht die Stärkung des Wirtschaftsschutzes zugunsten deutscher Unternehmen in Bund und Ländern, im In- und Ausland erst am Anfang. Es bedarf nun einer raschen Umsetzung der nationalen Wirtschaftsschutzstrategie. Der Schutz unserer Unternehmen muss ein sicherheitspolitisches Kernanliegen der Exportnation Deutschland sein und muss nun gemeinsam von Staat, Wirtschaft und Sicherheitsbehörden fortgeschrieben werden.