Klaus Wittstock © BASF SE

Interview mit Klaus Wittstock, BASF SE, zur Ressourceneffizienz

Was macht eine effektive Ressourceneffizienzpolitik aus? Unternehmen müssen Ressourcen wie Materialien, Rohstoffe und Energie sparsam einsetzen, um im harten weltweiten Wettbewerb bestehen zu können. Wie kann die Politik auf nationaler und internationaler Ebene diesen permanenten Prozess wirkungsvoll unterstützen? Einige Antworten hierauf finden sich im folgenden Interview.

Die Ressourceneffizienz erweist sich seit einigen Jahren als Dauerbrenner auf der politischen Agenda auf nationaler, europäischer und jetzt auch auf internationaler Ebene. Welche Ursachen hat das?

Wenn die Prognosen der Vereinten Nationen stimmen, dann werden im Jahre 2050 etwa 9 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Heute sind es knapp 7,4 Milliarden. Der größte Zuwachs ist in Ländern zu erwarten, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten wirtschaftlich stark aufholen werden. Mit Recht streben diese Länder einen materiellen Wohlstand an, wie wir ihn in den entwickelten Industrieländern seit vielen Jahrzehnten gewohnt sind. Das wird die weltweite Nachfrage nach begrenzten Ressourcen vor allem fossilen Rohstoffen, Erzen, Industriemineralien und Baumaterialien stark anheizen. Hier gilt es, auf politischer Ebene möglichen Konflikten vorzubeugen. Aspekte wie Versorgungssicherheit und der Umweltschutz spielen dabei natürlich auch eine wichtige Rolle.

Welchen Stellenwert hat eine ressourcenschonende Produktion für die Industrie?

Gerade in Deutschland als überwiegend exportorientiertes Land stehen viele Industrieunternehmen in hartem globalen Wettbewerb. Kosteneffiziente Produktionsstrukturen sind daher für die Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich. Und da die Materialkosten in vielen Industriebranchen schon mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen, ist der effiziente Einsatz von knappen und teuren Ressourcen damit erst recht unerlässlich.

Wie kann die Politik den effizienten Einsatz knapper Ressourcen in der industriellen Produktion wirkungsvoll flankieren?

Es finden sich hierzu gute Ansätze und Maßnahmen im Deutschen Ressourceneffizienzprogramm ProgRess. Dazu zählen insbesondere die Beratung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Das ist sinnvoll, denn gerade KMUs können sich in der Wachstumsphase oft nicht ausreichend um die Optimierung ihrer Produktionsabläufe kümmern, da Akquisition und Kundenkontakte alle verfügbaren Kapazitäten binden. Vor allem kommt es auf die Freiwilligkeit der politschen Maßnahmen und Programme an und es ist gut, dass diese Ansätze auch im aktuellen Fortschrittsbericht zum Deutschen Ressourceneffizienzprogramm ProgRess II weitgehend beibehalten wurden. Nennen möchte ich aber auch das Rahmenprogramm FONA des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Entwicklung von nachhaltigen Technologien und Lösungen. Ein eigener Forschungsschwerpunkt „Ressourceneffizienztechnologien“ fokussiert auf eine bessere Wissensbasis darüber, wie Ressourcen effizient genutzt werden und vielversprechende FuE-Ergebnisse in die industrielle Praxis übertragen werden können. Das zielt genau in die richtige Richtung und lässt vielversprechende Ergebnisse und Impulse erwarten.

Die europäische Kommission hat in ihrem Circular economy package vom Dezember 2015 Ressourceneffizienz vor allem mit der Ökodesign-Richtlinie verknüpft. Wie bewerten Sie das?

Beim Thema Circular Economy sieht man sehr schön die Verbindung zwischen Ressourceneffizienz und Sustainable Consumption und Production. Ideen wie Ökolabel, Ökodesign und Umweltfußabdruck werden als Steuerungstools genutzt, um die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Wir sehen allerdings darin einen nicht unproblematischen und vor allem einseitigen Fokus. Bei der Umsetzung der Ökodesign-Richtlinie beispielsweise können und sollen schon jetzt alle Faktoren betrachtet werden, die einen wesentlichen Einfluss der jeweiligen Produkte auf die Umwelt im Verlaufe ihres gesamten Lebensweges beschreiben. Bisher spielte dabei der Energieverbrauch in der Gebrauchsphase die wichtigste Rolle. Das ergibt sich vor allem daraus, dass die Ökodesign-Richtlinie in ihrer jetzigen Fassung auf sogenannte „energieverbrauchsrelevante“ Produkte fokussiert. Künftig werden Zielkonflikte und „trade offs“, die sich aus der gleichzeitigen Optimierung von Energie- und Ressourceneffizienz ergeben können, das Produktdesign erschweren.

Die Bundesregierung hatte Ressourceneffizienz als eines der prioritären Themen auf der Agenda ihrer G7-Präsidentschaft im vergangenen Jahr 2015 und dabei die G7-Allianz für Ressourceneffizienz initiiert. Sollte sie das Thema auch im Rahmen ihrer anstehenden G20-Präsidentschaft ab Dezember 2016 aufgreifen?

Unbedingt ja. Die Industrie hat die G7-Allianz für Ressourceneffizienz sehr begrüßt und sich aktiv an der Umsetzung beteiligt. Inzwischen hat es in diesem Rahmen schon einige interessante Workshops in Deutschland, England, Japan und den USA gegeben. Dieser Weg ist richtig, da er den Dialog, den Erfahrungsaustausch und das gegenseitige „Von-einander-Lernen“ zwischen den Partnern aus den wichtigsten Industrieländern fördert und damit Ressourceneffizienz voranbringen kann. Darüber hinaus gehört Ressourceneffizienz auch auf die Agenda der G20, der auch die wichtigsten Schwellenländer angehören. Denn gerade dort stehen entscheidende Investitionen in die industrielle Infrastruktur aber auch in Straßen und Schienen in den Startlöchern, die wesentlich über den weltweiten Ressourcenbedarf der kommenden Jahre und Jahrzehnte entscheiden werden.

Kann und muss sich die Ressourceneffizienzpolitik um das Thema Digitalisierung in der Industrie – Industrie 4.0. – kümmern?

Durch die Digitalisierung von Produktionsprozessen und mithin die Entwicklung zu Industrie 4.0. kann unter anderem die Ressourceneffizienz der Produktion bezüglich Materialeinsatz, Energieeinsatz und menschlicher Arbeit deutlich gesteigert werden. Die Flankierung dieser Entwicklung sollte daher als wichtiger Ansatzpunkt für die Ressourceneffizienzpolitik begriffen werden. Vor allem gilt es, Fragen der Datensicherheit und der Normung anzugehen und zu lösen. Da müssen wir schon deshalb dranbleiben, um die potenziellen Wettbewerbsvorteile einer immer stärkeren Digitalisierung unserer Wirtschaft in Deutschland zu nutzen.