Hans-Toni Junius, Vorsitzender des BDI/BDA-Mittelstandsausschuss © Christian Kruppa

Bundespolitiker diskutieren die Handlungsempfehlungen: Dieter Dehm, Christian v. Stetten, Kerstin Andreae, Hubertus Heil, Michael Theurer (v. l.) © Christian Kruppa

Mathis Kuchejda, Vorstandsmitglied im BDI/BDA-Mittelstandsausschuss © Christian Kruppa

Holger Lösch, stellvertretender BDI-Hauptgeschäftsführer © Christian Kruppa

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Junius: „Leidensdruck im Mittelstand steigt“

Der industrielle Mittelstand verbindet Innovationskraft, Standorttreue und Traditionsbewusstsein. Trotz einer positiven wirtschaftlichen Ausgangslage steigt der Leidensdruck der mittelständischen Unternehmer. Zur Bundestagswahl und anlässlich des 60. Gründungsjahres des BDI/BDA-Mittelstandsausschusses hat der BDI seine mittelstandspolitischen Handlungsempfehlungen vorgestellt.

„Die Politik lässt sich von guten Wirtschaftszahlen blenden und erkennt nicht, dass der Leidensdruck im Mittelstand steigt. Es ist ein Alarmsignal, dass die Innovationstätigkeit seit einigen Jahren abnimmt.“ Mit dieser Botschaft empfing Hans-Toni Junius, Vorsitzender des BDI/BDA-Mittelstandsausschusses, prominente Politiker aller Parteien im Mai 2017 in Berlin.

Der BDI stellte an diesem Tag seinen Gästen aus Politik und Wirtschaft seine zehn zentralen mittelstandspolitischen Handlungsempfehlungen zur Bundestagswahl vor, die aus Sicht des industriellen Mittelstands von einer neuen Bundesregierung zügig angegangen werden sollten.

Ausbau digitaler Infrastruktur dringend notwendig

Vor allem gelte es, die Investitionen in die digitale Infrastruktur zu stärken. Im jüngsten Vergleich der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) lag Deutschland beim Glasfaserausbau nur auf Platz 28 von 32. Junius: „Der Mittelstand benötigt für die Digitalisierung wirtschaftspolitische Unterstützung: leistungsfähige Netze, passende Regeln und konkrete Hilfsangebote. Wer das schafft, trägt zu dauerhafter Beschäftigung, sicherem Einkommen und Wohlstand in der Breite bei.“

Die Vertreter der Parteien, darunter die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Kerstin Andreae (Grüne) und Hubertus Heil (SPD), waren sich darin einig, dass in den letzten Jahren für den Mittelstand zu wenig getan wurde. Heil betonte aber – wie sein Kollege Christian von Stetten (CDU), dass es den meisten Unternehmen derzeit sehr gut gehe. Das sei auch der Erfolg der Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre.

Genau darin sieht Holger Lösch, Stellvertretender BDI-Hauptgeschäftsführer, jedoch auch die größte Gefahr: Das konstante Wachstum und die gute Beschäftigungslage verleite die Politik zu weiteren Belastungen. Dies führe auf Dauer zu einer schleichenden Abwanderung gerade mittelständischer Unternehmen ins Ausland.

Unternehmen hätten eine Verpflichtung, in Deutschland für Arbeit und Beschäftigung zu sorgen. Dem industriellen Mittelstand gehe es derzeit sehr gut, führte Diether Dehm, mittelstandspolitischer Sprecher der Partei Die LINKE, aus. Vor allem die „ganz kleinen Unternehmen mit wenigen Beschäftigten“ sollten Unterstützung genießen. An die versammelten Mittelständler gewandt ergänzte Dehm: „Sie tragen große Verantwortung, Eigentum verpflichtet.“

Steuerliche Forschungsförderung muss kommen

Nahezu alle Diskustanten stimmten darin überein, dass die Zeit für eine steuerliche Forschungsförderung gekommen sei. Michael Theurer (FDP) hielt seinen Kollegen aus den Regierungsfraktionen vor, dies schon viel zu lange verschlafen zu haben: „Das Ergebnis sind immer weniger Innovationen im Mittelstand“, schlussfolgerte Theurer.

Politik und Gesellschaft sollten künftig wieder „Mehr Mittelstand wagen“ – dies war der Appell aller anwesenden Mittelständler, die dafür warben, ihnen optimale und wettbewerbsfähige Bedingungen zu bieten. Nur dann könnten deutsche Unternehmen weiterhin Garant für Wohlstand und Beschäftigung bleiben.