Kapitalmarktunion an Finanzierungsbedürfnissen der Unternehmen ausrichten

Der BDI und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) haben anlässlich der Halbzeitüberprüfung der Europäischen Kommission zur Kapitalmarktunion eine kritische Bewertung der bisherigen Arbeiten vorgenommen. Es kommt jetzt vor allem darauf an, solche Instrumente zu stärken, die die in Europa bislang sehr erfolgreich praktizierte Bankfinanzierung mit der Kapitalmarktfinanzierung vernetzen.

Die Organisation eines effektiven Risikotransfers an die Kapitalmärkte wird, gerade auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung, zum Schlüsselelement einer reibungslosen Unternehmensfinanzierung.

Widersprüche bei Regulierungsagenda beseitigen

Entscheidend für den Erfolg der Kapitalmarktunion wird ein widerspruchsfreier, konsistenter Regulierungsrahmen sein. Überlappungen, Widersprüche und Dopplungen in der Regulierungsagenda müssen korrigiert und künftig vermieden werden. Je mehr die zahlreichen und überaus komplexen Regulierungsmaßnahmen eine schlüssige Einheit bilden, umso größer ist letztlich der Mehrwert der Kapitalmarktunion für die europäische Wirtschaft als Ganzes.

Um das Gründen und das Wachstum der nächsten Unternehmensgeneration an europäischen Standorten attraktiver und aussichtsreicher zu machen und so die digitale Transformation der Realwirtschaft zu unterstützen, müssen die finanziellen Rahmenbedingungen für Startups verbessert werden. Eine reibungslose Finanzierung des digitalen Wandels verlangt neue Antworten auch von der nationalen und europäischen Förderpolitik, die einen Teil der steigenden Risiken abfängt.

Um mittelständischen Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern, sollten die Publizitätsregeln hinsichtlich Anlegerschutz und Vermeidung bürokratischer Lasten der Emittenten besser ausbalanciert werden. Bei der Finanzierung des mittel- bis langfristig steigenden Infrastrukturbedarfs könnten institutionelle Investoren eine deutlich stärkere Rolle als bisher spielen. Investoren mit langfristigem Anlagehorizont wie Versicherungen, Investmentfonds und Pensionseinrichtungen benötigen dazu vor allem ein stabiles Investitionsumfeld und einen attraktiven regulatorischen Rechtsrahmen.

Die Kapitalmarktunion darf sich nicht auf die Beseitigung von Finanzierungshemmnissen im engeren Sinne beschränken. Ebenso wichtig ist, dass die Banken und Unternehmen über erprobte Instrumente zur Absicherung von Wechselkurs-, Zins- und Rohstoffpreisrisiken verfügen, die die wirtschaftlichen Voraussetzungen für langfristige Investitionen unterstützen.

Leistungs- und wettbewerbsfähige Banken haben Schlüsselfunktion in Kapitalmärkten und damit für eine funktionierende Kapitalmarktunion. Deshalb muss die Initiative zur Schaffung einer Kapitalmarktunion mit dem Bestreben, die Funktionsfähigkeit eines leistungsfähigen Bankensystems zu erhalten und auszubauen, Hand in Hand gehen.

Bank- und Kapitalmarktfinanzierung über Verbriefungsmärkte verzahnen

Die aktuell diskutierten regulatorischen Vorschläge zur Wiederbelebung der Verbriefungsmärkte greifen zu kurz. Hohe Hürden für einen effizienten Verbriefungsmarkt sind vor allem die hohen Eigenkapitalanforderungen für Banken, die Aufstockung des Selbstbehalts und der mit hoher Rechtsunsicherheit behaftete Prozess der regulatorischen Anerkennung als STS-Verbriefung.

Zahlreiche steuerliche Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten stehen der Entwicklung eines integrierten und tiefen Kapitalmarktes im Wege. Wünschenswert wäre ein einheitlicher Regulierungsrahmen, der die Weiterentwicklung gesamteuropäischer Finanzinstitute, die über die ausreichende Größe, Diversifizierung und Kapitalisierung verfügen, unterstützt.