Klimaschutzplan 2050 – Mehr Gründlichkeit, weniger Hast

In Sachen Klimaschutz hat Deutschland in den nächsten 34 Jahren Großes vor: Jährlich sollen große Mengen klimaschädlicher Gase eingespart werden. Unter Federführung des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) ist der Klimaschutzplan 2050 erarbeitet worden, der sich auf eine Textpassage im Koalitionsvertrag 2013 stützt, in der es heißt: „In Deutschland wollen wir die weiteren Reduktionsschritte (…) bis zu einem Zielwert von 80 bis 95 Prozent im Jahr 2050 festschreiben und in einem breiten Dialogprozess mit Maßnahmen unterlegen (Klimaschutzplan).“

In einem ersten Schritt ist in einem Konsultationsverfahren von Bürgern, Kommunen, Bundesländern und Verbänden eine erste Ideensammlung zusammengestellt worden. Leider war es in dem aufwendig organisierten Prozess nicht vorgesehen, gemeinsame Ideen von unserer Gesellschaft im Jahr 2050 zu erarbeiten. Es wurde stattdessen mit vorgefertigten „Pfaden“ gearbeitet, die im weiteren Verlauf in einem Schnellverfahren wissenschaftlich hinterlegt wurden. Diskussionen über die Inhalte und das gemeinsame Erarbeiten von Kompromissen waren generell nicht vorgesehen.

Ein Hinweis darauf, welche Rolle diese ad hoc Vorschläge spielen und was im weiteren Verlauf damit passieren soll, fehlten in den zwei Sitzungen der Stakeholder. In einem zweiten Schritt ist geplant, einen eigenen Vorschlag vom BMUB innerhalb der Bundesregierung abzustimmen und noch vor der Sommerpause durch das Bundeskabinett verabschieden zu lassen.

Der bisher bekannte Maßnahmenkatalog soll in einem nicht definierten Ausmaß als Ideengeber für den BMUB Entwurf dienen. Die bisherige wissenschaftliche Analyse der Maßnahmenvorschläge im Klimaschutzplan 2050 entspricht bisher nicht der Tragweite der notwendigen Entscheidungen bis 2050. Für ein Szenario mit einer Reichweite von 35 Jahren muss aus Sicht der Industrie für alle Szenarien und Maßnahmen ein Impact Assessment erfolgen, ein Preisschild vorliegen und eine Priorisierung vorgenommen werden. Stattdessen wurden gleichberechtigt nebeneinander ein Klimaschutzgesetz, Eingriffe in den Emissionshandel, Einspeisepflicht von Erneuerbaren Energien bei Bestandsgebäuden, die Abschaffung aller Regionalflughäfen, ein Koppeln der Energieeffizienz an die Grundsteuer und das Tempolimit 130 gefordert.

Die im bisherigen Sammelsurium enthaltenen sektorspezifischen Maßnahmenvorschläge entsprechen teilweise neuen verbindlichen nationalen Zielen und haben das Potenzial zu einer enormen Eigendynamik. Die bestehende europäische Gesetzgebung wird hierbei völlig außer Acht gelassen. Durch weitere nationale Sonderziele würde das europäische Burden sharing als System ausgehöhlt und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie fahrlässig aufs Spiel gesetzt. Es bleibt nun abzuwarten, wie der offizielle BMUB Entwurf aussieht und ob die Kritik an der Ideensammlung aus dem ersten Prozessschritt Wirkung gezeigt hat.