Kultur der zweiten Chance etablieren

Die EU-Kommission will unternehmerisches Scheitern vom gesellschaftlichen Stigma befreien und macht ernst mit der Harmonisierung des Insolvenzrechts. Sie will berufsrechtliche Anforderungen für Insolvenzverwalter europaweit vereinheitlichen und Insolvenzgerichte in EU-Mitgliedstaaten weiter spezialisieren.

Darüber hinaus sind für Herbst 2016 Vorschläge für ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren sowie für eine einheitliche Frist zur Entschuldung von Verbrauchern angekündigt.

Erst vor wenigen Jahren wurden in Deutschland beide Aspekte neu geregelt und ein eigenständiges Verfahren, das dem gerichtlichen Insolvenzverfahren vorgelagert ist, abgelehnt. Gründe dagegen waren Missbrauchsrisiken, Sorge vor Intransparenz und die Tendenz zur Übersanierung liquidationsreifer Unternehmen. Vorzug erhielten Anreize für den frühen Einstieg in das formelle Insolvenzverfahren – die Stärkung der Eigenverwaltung oder die Einführung eines Schutzschirmverfahrens.

Für die Restschuldbefreiung von Verbrauchern wird in Brüssel eine Höchstfrist von drei Jahren diskutiert. Diese Frist hatte der nationale Gesetzgeber im Sommer 2014 noch als Minimum definiert.

Eine zentrale Frage in der aktuellen Diskussion über ein europäisches Insolvenzrecht ist das „vorinsolvenzliche Sanierungsverfahren“. Für mittelständische Gläubiger wie auch Schuldner kann höhere Flexibilität die Chance bieten, eine drohende Insolvenz abzuwenden.

Der BDI setzt sich für ein transparentes und faires Verfahren ein. Sanierungsversuche müssen aussichtsreich sein und im Konsens der Gläubiger erfolgen. Es kann nicht sein, dass einige wenige die Risiken eines neuen vorgeschalteten Verfahrens tragen.

Bis 14. Juni läuft eine öffentliche Konsultation der EU-Kommission zum Insolvenzrecht. Der BDI beteiligt sich intensiv an der Debatte.