Michael Basten © BDI

Mehrwert für Wirtschaft und Umwelt

Die Baustoffindustrie fördert den größten Teil der in Deutschland nachgefragten mineralischen Rohstoffe aus heimischen Lagerstätten. Im Interview erklärt Michael Basten, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden (BBS), wie das gelingt: nachhaltig und effizient.

Ohne mineralische Roh- und Baustoffe lassen sich Wohnungen und Schulen, Straßen und Brücken nicht bauen. Auch industrielle Abnehmer wie die Chemie-, Glas- oder Stahlindustrie sind auf mineralische Rohstoffe angewiesen. Insgesamt benötigt die deutsche Volkswirtschaft pro Jahr rund 550 Millionen Tonnen Primärrohstoffe, die von der Steine-Erden-Industrie vor Ort gewonnen werden. Zusätzlich verwertet die Branche etwa 100 Millionen Tonnen Sekundärrohstoffe und schont dadurch natürliche Ressourcen. Von der Rohstoffgewinnung über die Baustoffproduktion bis hin zur Nutzung und späteren Verwertung ihrer Produkte setzt die Branche auf Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz.

Herr Basten, was verbinden Sie persönlich mit dem Begriff nachhaltiges Bauen?

Unter nachhaltigem Bauen verstehe ich, ein Bauwerk ganzheitlich und über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg zu optimieren. Bauwerke müssen die Anforderungen an Sicherheit, Gesundheit, Ressourcenschonung und Umweltschutz so effizient wie möglich erfüllen. Da Bauwerke zentrale Grundbedürfnisse wie Wohnen, Lernen oder Mobilität erfüllen, dürfen wir die sozialen Aspekte nicht vergessen. Das gilt ganz aktuell für das bezahlbare Bauen und Wohnen in urbanen Ballungsräumen. Hier besteht ebenso wie beim altersgerechten oder energieeffizienten Bauen und Sanieren großer Handlungsbedarf. Unsere Produkte leisten einen wichtigen Beitrag zur Lösung dieser Herausforderungen.

Was bedeutet Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang für die Baustoffindustrie?

In Bezug auf die Kreislaufwirtschaft in erster Linie das Schließen von Stoffkreisläufen. Baustoffe werden beim Abriss eines Bauwerks zurückgewonnen und einer neuen Verwendung zugeführt. Mehrfache Nachnutzungszyklen sind möglich, so dass einmal gewonnene Primärrohstoffe über lange Zeiträume in der Nutzung sind. Im Übrigen setzen wir entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz. Das gilt für die umweltschonende Gewinnung von Primärrohstoffen ebenso wie für die Renaturierung von Abbauflächen, mit der wir einen anerkannten Beitrag zur Biodiversität leisten. Nachhaltigkeit steht auch bei der Produktion mineralischer Grund- und Baustoffe ganz oben auf der Agenda. So konnten wir die energiebedingten CO2-Emissionen bei der Herstellung von Zement, Kalk, Gips, Ziegeln oder Fliesen seit 1990 um insgesamt rund 45 Prozent senken. Nachhaltigkeit bedeutet aber auch, Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Das ist gerade für die Investitionen der kapitalintensiven Grund- und Baustoffindustrie unverzichtbar.

Wie steht es um die Verwertung mineralischer Bauabfälle?

Die Initiative Kreislaufwirtschaft Bau, die der BBS für die gesamte Bauwirtschaft koordiniert, veröffentlicht regelmäßig Monitoring-Berichte mit stoffstromspezifischen Verwertungsquoten. Danach werden Böden zu knapp 90 Prozent, Bauschutt zu etwa 95 Prozent und Straßenaufbruch zu rund 99 Prozent stofflich verwertet. Insgesamt erreichen wir über alle mineralischen Bau- und Abbruchabfälle eine Verwertungsquote von über 91 Prozent. Das heißt, nur neun Prozent werden beseitigt beziehungsweise deponiert. Mit dieser hohen Verwertungsquote liegen wir deutlich über den Anforderungen der Europäischen Union und setzen weltweit eine Benchmark.

Was passierte früher mit den Bauabfällen?

Noch in den 1980er Jahren wurden Bau- und Abbruchabfälle überwiegend deponiert – auch, weil es praktisch für jede Gemeinde eine Deponie gab, auf der große Mengen auf kurzem Weg entsorgt werden konnten. Seit den 1990er Jahren hat die Branche den Markt für Sekundärrohstoffe und die Kreislaufführung ausgebaut – zumal die Deponierung ungefährlicher Bauabfälle auch mit Blick auf den Medien- und Umweltschutz keinen Sinn macht.

Haben Sekundärrohstoffe einen messbaren ökologischen Vorteil?

Mineralische Sekundärrohstoffe substituieren Primärrohstoffe, wodurch die Rohstoffgewinnung entsprechend reduziert werden kann. So decken wir mit dem Baustoffrecycling in Deutschland etwa 15 Prozent der jährlichen Nachfrage nach Gesteinskörnungen wie Kies oder Naturstein. Heute verfügen praktisch alle Hersteller über Umweltproduktdeklarationen, die auf Basis normierter Ökobilanzen den gesamten Produkt-Lebenszyklus einschließlich der Entsorgung abdecken. Allerdings können Transporte eine positive Ökobilanz ins Gegenteil verkehren. So macht es weder ökologisch noch ökonomisch Sinn, Bauabfälle von Süd- nach Norddeutschland zu transportieren. Zielführend ist vielmehr ihre möglichst ortsnahe Verwertung. Bisher ist das trotz zunehmender Restriktionen noch möglich – allerdings haben wir große Sorge, dass sich die Rahmenbedingungen weiter verschlechtern.

Wie ist die Verwertung von Bau- und Abbruchabfällen denn aktuell gesetzlich geregelt?

Noch haben die Bundesländer jeweils eigene Regelungen. Die Mustervorlage der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall wurde individuell angepasst, so dass ein regelungstechnischer Flickenteppich entstanden ist. Die Industrie hat immer wieder eine bundeseinheitliche Regelung zur Verwertung mineralischer Sekundärrohstoffe eingefordert. Seit fast zehn Jahren versucht der Bund, mit der sogenannten Mantelverordnung eine Lösung zu finden. Leider ist ein Konsens zwischen Bund, Ländern und Wirtschaft noch immer nicht in Sicht.

Würde eine solche Verordnung die Kreislaufführung von Baustoffen aus Sicht der Branche verändern?

Sollte die Mantelverordnung nach dem aktuellen Entwurf verabschiedet werden, müssten Millionen Tonnen Ersatzbaustoffe und Böden, die wir heute umweltgerecht verwerten, aus dem Stoffkreislauf ausgeschleust und deponiert werden. Für Schlacken zum Beispiel würden die Grenzwerte drastisch verschärft und die Einbauoptionen deutlich eingeschränkt. Ähnliches gilt für Böden, selbst wenn sie keiner Vorbelastung ausgesetzt waren. Wir plädieren seit Jahren dafür, die umweltpolitischen Zielkonflikte zwischen Boden- und Gewässerschutz, Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz aufzulösen. Hier müssen die politischen Entscheidungsträger der Ressourcenschonung, die sie ja auch selbst einfordern, die gebotene Vorfahrt einräumen. Auf einen vernünftigen Medienschutz brauchen sie dabei nicht zu verzichten.

Wozu würde eine eingeschränkte Verwertung führen – zurück zur Deponie?

Ja, wenn eine Verwertung nicht mehr möglich ist, bleibt nur noch die Deponie. Doch regional stößt die Deponierung bereits an ihre Grenzen, da Kapazitäten erschöpft sind und neue Deponien in den letzten Jahren kaum eingerichtet wurden. Schon heute steigen die Kosten für Bauvorhaben deutlich an, weil die Entsorgung von Bauabfällen immer schwieriger wird. Vor allem aber konterkariert die Politik die Ziele zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft, wenn die erfolgreichen Anstrengungen der Bau- und Entsorgungswirtschaft zur Schließung von Stoffkreisläufen ausgehebelt werden.

Herr Basten, wir danken Ihnen für das Gespräch.