Organisationskonto: Strategischer Baustein für die digitale Interaktionen zwischen Industrie und Verwaltung

Mit mehr als 200 Verwaltungskontakten pro Jahr sind die Unternehmen in Deutschland die Power-User der Verwaltung. Damit die Interaktion zwischen Unternehmen und Behörden deutlich effizienter erfolgen können, bedarf es bundesweit einheitlicher Verwaltungslösungen. 85 Prozent der Industrieunternehmen sprechen sich für die Einführung des bundesweiten Organisationskontos als zentrale digitale Schnittstelle zwischen Verwaltung und Unternehmen aus.

Egal ob in Bremen, Bayern oder Berlin können Bürgerinnen und Bürger ihre Steuererklärung über ELSTER abgeben. Während die Steuererklärung bundeslandübergreifend für Bürgerinnen und Bürger über ein einheitliches Portal möglich ist, müssen Unternehmen für ihre Verwaltungsinteraktionen, wie z. B. das Stellen von Bauanträgen oder die elektronische Kfz-Zulassung, sich in jedem Bundesland bzw. in jeder Kommune bei einem anderen Portal anmelden. Dies führt bei Unternehmen zu erheblichen und vor allem unnötigen Mehrbelastungen. In einer Umfrage des BDI gaben 77 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die länderspezifischen Digitalisierungsstände, -vorgaben und -umsetzungen die reibungslose Interaktion mit der deutschen Verwaltung erschweren.

Die Lösung für dieses Problem existiert bereits. Einzig mangelt es an einer bundesweiten Umsetzung. Im Juni 2021 hat der Freistaat Bayern gemeinsam mit der Freien Hansestadt Bremen im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes das „Mein Unternehmenskonto“ mit einer Pilotphase gestartet. Mehr als zwei Jahre später ist das Organisationskonto noch immer nicht deutschlandweit verfügbar und bei der Zielgruppe weitgehend unbekannt, wie die Ergebnisse einer BDI-Umfrage verdeutlichen: Nur 46 Prozent der befragten Unternehmen kennen das Organisationskonto, und nur 15 Prozent nutzen das Konto (Bild am Ende des Texts). Daher fordert die deutsche Industrie, dass das Organisationskonto flächendeckend verfügbar sein muss und alle für die Industrie relevanten OZG-Verwaltungsdienstleistungen darüber voll digital durchführbar sein müssen.

Funktionalität und Nutzen des Organisationskontos:

Als Power-User der öffentlichen Verwaltung mit durchschnittlich 200 Verwaltungskontakten pro Jahr ist die deutsche Industrie auf eine digitale und effiziente Verwaltung angewiesen. Ein Schlüsselelement der dringend notwendigen und im Onlinezugangsgesetz vorgesehenen Verwaltungsmodernisierung ist das Organisationskonto. Das Organisationskonto soll als zentrales Portal für Unternehmen fungieren. Das Organisationskonto soll als einheitliche digitale Plattform für alle Unternehmen in Deutschland eine effizientere und sicherere Kommunikation mit Behörden ermöglichen. Es bietet eine zentrale Anlaufstelle für den Austausch mit Behörden und vereinfacht so administrative Vorgänge. Durch die Reduktion der Notwendigkeit, dieselben Informationen an verschiedene Behörden zu übermitteln, spart das Organisationskonto Zeit und Ressourcen. Zudem erhöht es die Datensicherheit, da sensible Unternehmensinformationen nicht mehrfach in unverschlüsselten Mails oder postalisch übermittelt werden müssen. Diese Effizienzsteigerung ist ein wichtiger Schritt, um die deutsche Industrie im internationalen Wettbewerb zu stärken.

Vorteile des Organisationskontos:

Durch die Implementierung eines bundesweiten Organisationskontos im Zusammenspiel mit der Umsetzung des OZG-Änderungsgesetzes kann die deutsche Industrie um 60,3 Millionen Euro entlastet werden. Dafür müssen alle 575 OZG-Verwaltungsdienstleistungen, vor allem die für die Industrie relevanten Dienstleistungen, darüber volldigital durchführbar sein. Stand Januar 2024 sind jedoch nur 153 OZG-Maßnahmenbündel deutschlandweit verfügbar – und auch das nur bedingt. Denn wie der Bundesrechnungshof darlegt, gilt eine OZG-Leistung schon dann als digital verfügbar, wenn nur in einer Kommune Anträge digital gestellt, die restliche Bearbeitung jedoch analog möglich ist.

Ein weiterer zentraler Vorteil des Organisationskontos liegt in der Vereinfachung von Verwaltungsprozessen. Unternehmen profitieren von einer zentralen Anlaufstelle für diverse Verwaltungsdienstleistungen, was nicht nur Zeit spart, sondern auch die Komplexität reduziert. Insbesondere für mittelständische Unternehmen, die oft nicht über die Ressourcen für umfangreiche Verwaltungsabteilungen verfügen, ist dies ein entscheidender Vorteil. Ein weiterer Pluspunkt ist die verbesserte Transparenz und Zugänglichkeit von Informationen und Dienstleistungen. Durch das Organisationskonto wird es einfacher, relevante Informationen zu finden und Verwaltungsaufgaben effizient zu erledigen. Dies fördert nicht nur eine stärkere Einbindung der Unternehmen in Verwaltungsprozesse, sondern trägt auch zur Reduktion von Fehlern und Missverständnissen bei. Darüber hinaus eröffnet das Organisationskonto neue Wege für digitale Innovationen. Es bietet eine Plattform für die Entwicklung und Implementierung neuer, digitaler Lösungen, die die Effizienz und Effektivität von Verwaltungsprozessen weiter steigern können. Beispielsweise kann ein zentrales Portal, in dem alle für einen Verwaltungsakt relevanten Informationen gespeichert sind, Routineaufgaben der Verwaltung, wie die Übermittlung von Daten und Statistiken, automatisieren. Dies stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und fördert die technologische Führungsrolle Deutschlands.

Zusätzlich fordert die deutsche Industrie, dass das Organisationskonto nicht nur für den direkten Austausch zwischen Unternehmen und Behörden ermöglicht wird, sondern auch die Business-to-Business-(B2B)-Kommunikation, die häufig im Vorfeld von Verwaltungsprozessen stattfindet, miteinbezieht. Eine solche Erweiterung des Organisationskontos würde es ermöglichen, die Kommunikationswege zwischen Unternehmen und Behörden, aber auch zwischen Unternehmen und externen Gutachtern zu vereinheitlichen. Dadurch können Verwaltungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden und zugleich ein nahtloser, medienbruchfreier Informationsaustausch gewährleisten werden. Die Integration der B2B-Kommunikation in das Organisationskonto ist daher ein entscheidender Schritt, um die Effizienz und Effektivität in der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und staatlicher Verwaltung zu steigern.

Um das volle Potenzial des Organisationskontos auszuschöpfen, ist zusätzlich eine umgehende Modernisierung und Harmonisierung der bestehenden Register auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene unerlässlich. Ein Schlüsselelement dabei ist die Implementierung des „Once-Only“-Prinzips. Dieses Prinzip zielt darauf ab, die Notwendigkeit mehrfacher Dateneingaben durch Unternehmen zu eliminieren. Durch die Zusammenführung und Standardisierung der Register wird es möglich, dass Unternehmen Daten nur einmalig eingeben müssen, unabhängig davon, mit welcher Behörde sie interagieren. Dies wird nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch den administrativen Aufwand für Unternehmen erheblich reduzieren. Um dies zu realisieren, ist es erforderlich, dass Behörden Zugang zu Schnittstellen erhalten, die es ihnen ermöglichen, auf bereits vorhandene Daten zuzugreifen. Eine solche Entwicklung hin zu integrierten, nahtlosen Prozessen stellt einen wesentlichen Schritt in Richtung einer digitalisierten, effizienteren öffentlichen Verwaltung dar

In einer BDI-Umfrage haben 85 Prozent der Unternehmen angegeben, dass sie die Implementation des Organisationskontos als dringend ansehen. Für die grüne und digitale Transformation des Wirtschaftsstandortes Deutschland ist ein bundesweit verfügbares Organisationskonto unabdingbar, um Verwaltungsverfahren effizient Ende-zu-Ende digital durchzuführen und damit zu beschleunigen.

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