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US-Wahl 2024: Was steht bei der Energie- und Klimapolitik auf dem Spiel?

Nach dem „Super Tuesday“ ist es nochmal klarer: Die Präsidentschaftswahl 2024 in den USA wird wohl auf ein Duell zwischen Joe Biden und Donald Trump hinauslaufen. Die Lager sind tief gespalten. Aber wie sehen die energie- und klimapolitischen Positionen beider Seiten aus? Welche Auswirkungen haben sie auf die internationalen Beziehungen und auf Deutschland? RGIT, das BDI-DIHK-Büro in Washington, verfolgt die Entwicklungen vor Ort.

Die offizielle Nominierung der Präsidentschaftskandidaten in den USA wird auf den National Conventions (Parteitage) der Republikaner im Juli und der Demokraten im August erfolgen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass sich an der Nominierung der Favoriten Donald Trump und Joe Biden noch etwas ändert. Allerdings könnten die laufenden Gerichtsverfahren gegen Trump und die Untersuchungen zu den Auslandsgeschäften von Joe Bidens Sohn, Hunter Biden, die Wahlentscheidung im November beeinflussen. Die mögliche „Rückrunde“ des Duells zwischen Trump und Biden beherrscht bereits die Schlagzeilen. Wir fragen schon jetzt: Welche Auswirkungen wird die Wahl auf die Energie- und Klimapolitik haben?

Biden: Umweltbedenken gegenüber europäischen LNG-Importwünschen?

Seit dem Wegfall der russischen Pipeline-Erdgaslieferungen setzt Deutschland auf verflüssigte Erdgaslieferungen (LNG), die es per Schiff aus Ländern wie Australien, Chile, Qatar und Kanada bezieht. Auch die USA, 2023 weltgrößter Gasexporteur, sind auf dem Weg, ein wichtiger LNG-Lieferant zu werden. Umso besorgniserregender war für die deutsche Politik die Ankündigung der Biden-Administration Ende Januar, die Genehmigungsverfahren für neue LNG-Exportterminals vorübergehend einzufrieren. Diese Pause soll dazu dienen, die Bewertungskriterien für die Genehmigung neuer LNG-Exportterminals zu überarbeiten, um 1) den Klimafolgen von steigenden LNG-Exporten, 2) deren Einfluss auf die inländischen Gaspreise und 3) den Folgen für die nationale Sicherheit der USA Rechnung zu tragen. Diese Überprüfung, die vermutlich bis nach den Wahlen anhalten wird, spiegelt den Widerstand des progressiven Flügels der Demokraten und von Umweltschutzverbänden wider, auf deren Stimmen Biden im Wahlkampf nicht verzichten kann. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Position nach einer eventuellen Wiederwahl ändern könnte und wie die überarbeiteten Kriterien aussehen würden. Allerdings sind Lieferengpässe für Exporte nach Europa kurz- bis mittelfristig ausgeschlossen, wenngleich Preiseffekte bei steigender globaler Nachfrage gegen Ende der 2020er Jahre möglich sind.

Insgesamt steht die Biden-Regierung für einen Doppelkurs aus massiven Steuergutschriften und Zuschüssen für die Energiewende, eingeführt durch den Inflation Reduction Act (IRA), und eine zunehmende regulatorische Schärfe beim Umweltschutz. Unternehmen sehen sich dadurch mit Bürokratie und wachsenden Auflagen konfrontiert, die sie als überambitioniert und zeitlich unrealistisch bewerten. Dies gilt zum Beispiel für Feinstaub- und Rußpartikelgrenzwerte (PM2.5), Methanemissionsgrenzen, Abgasemissionen und den Ausbau erneuerbarer Energien.

Trump: Erneuter Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen?

Republikanische Gesprächspartner in Washington lassen keinen Zweifel daran, dass Trump im Falle seiner Wahl sofort wieder aus dem Pariser Klimaschutzabkommen austreten würde, so wie er es schon zu Beginn seiner Präsidentschaft 2017 gemacht hatte. Für die globalen Klimaschutzanstrengungen wäre dies erneut ein fatales Signal. Trump ist bekannt für seine Unterstützung der fossilen Energieindustrie, getreu dem Motto „drill, drill, drill“, was die LNG-Versorgung Deutschlands aus den USA unter seiner Führung vermutlich erleichtern würde. Klar ist allerdings auch, dass unter Trump wenig bis keine Bewegung beim Klimaschutz zu erwarten wäre, insbesondere aufgrund seiner Skepsis gegenüber Chinas steigenden Emissionen und der befürchteten Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit der USA.

In Trumps erster Amtszeit haben der bürokratische Apparat in Washington und moderate Berater noch viele seiner radikaleren Vorhaben in der Energie- und Klimapolitik ausgebremst. Nun scheinen die republikanischen Pläne strategischer ausgerichtet, etwa durch die geplante Besetzung hochrangiger Karriereposten in Ministerien und Beraterposten mit loyalen Anhängern. Manche bringen bereits die Abschaffung der US-Umweltschutzbehörde EPA ins Spiel, zumindest aber die Lockerung bestehender Regulierungen und Verfahren zum Umwelt- und Klimaschutz.

Es ist ein ausgesprochenes Ziel Trumps und der Republikaner auf Bundesebene, den Inflation Reduction Act zurückzunehmen. Da die Steuerpolitik allerdings in den Kompetenzbereich des Kongresses fällt, ist das ohne eine republikanische Mehrheit in beiden Kammern nicht möglich. Zudem fließen viele Steuergutschriften, Zuschüsse und Darlehen in ländliche, eher republikanische Gebiete, so dass mit Widerstand aus den Einzelstaaten zu rechnen wäre. Auch die Wirtschaft sähe durch eine Rücknahme zentrale Investitionen und Planungssicherheit gefährdet. 

Die Republikaner könnten sich daher statt auf eine flächendeckende Rücknahme auf die Rückabwicklung einzelner Bestandteile des Gesetzes konzentrieren, wie etwa die Budgeterhöhung der US-Steuerbehörde IRS. Als sicher gelten indes Änderungen bei der Ausgestaltung und Umsetzung der IRA-Steuergutschriften, zum Beispiel die Überarbeitung der Kriterien zur Förderung von sauberem Wasserstoff. Die Administration hat hier weitreichende Kompetenzen, ohne auf den Kongress angewiesen zu sein.

Egal wer gewinnt: Bundesstaaten rücken als Partner ins Rampenlicht

In US-Kreisen ist gelegentlich – nicht nur im Scherz – zu hören, dass es eigentlich keine „US-Energie- und Klimapolitik“ gebe, sondern diese vielmehr durch die individuellen Politiken der Bundesstaaten geprägt sei. So gibt es zwar keine CO2-Bepreisung auf Bundesebene, wohl aber in einigen Bundesstaaten, wie Kalifornien. Die Entscheidung über die Förderung fossiler Energien wie beispielsweise Kohle in West Virginia treffen die Bundesstaaten – nicht Washington. Obwohl der Bund mit Initiativen wie dem Inflation Reduction Act signifikante Anreize schaffen kann, sind seine Möglichkeiten, diese Politiken auf Bundesebene durchzusetzen, begrenzt.

Daher ist zu erwarten, dass auch bei einer geänderten Energie- und Klimapolitik in Washington zahlreiche Bundesstaaten ihre eigenen Pläne fortführen werden. Sie könnten dann künftig noch verstärkt Ansprechpartner für die Bundesregierung oder deutsche Unternehmen werden.