ECOFIN-Generaldirektor Marco Buti, EU-Parlamentarier Reimer Böge und EZB-Ökonom Klaus Masuch © KAS

Neue Wege für mehr Konvergenz im Euroraum

Bis zur Einführung der gemeinsamen europäischen Währung kam es zu einer Konvergenz der Mitgliedstaaten: Die Länder der Eurozone näherten sich in Bezug auf das Einkommen pro Kopf sukzessive an. Der Binnenmarkt und die wirtschaftliche Integration führten dazu, dass vormals ärmere Volkswirtschaften schneller wuchsen und der Abstand zu den reicheren verringert werden konnten. Mit der Jahrtausendwende folgte jedoch eine Phase der Divergenz und die Unterschiede wurden wieder größer. Der Euro und die einheitlichen Zinsen führen zu tiefgreifenden strukturellen Änderungen in den Mitgliedstaaten, die sich auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkten. Der übliche Ausgleich über Wechselkursänderungen konnte nun jedoch nicht mehr stattfinden. Spätestens die 2008 beginnende Krise führte diese Fehlentwicklungen ans Tageslicht und verstärkte das Auseinanderdriften im Euroraum weiter.

Die Reparaturarbeiten der Konstruktionsfehler der Wirtschafts- und Währungsunion sind daher aktuell in vollem Gange. Die Bankenunion kann viel dazu beitragen, Ansteckungseffekte über die Finanzmärkte zu reduzieren. Die Kapitalmarktunion wird die Finanzierungsbasis der Unternehmen verbreitern und internationalisieren. So können nationale Krisen im Euroraum wesentlich besser gedämpft werden. Auch die Geldpolitik kann durch die Herstellung von Preisstabilität dazu beitragen, strukturelle Anpassungen in den nationalen Volkswirtschaften zu erleichtern.

Der Löwenanteil der Arbeit liegt jedoch in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Jüngste Studien zeigen eindeutig, dass die Qualität der Institutionen entscheidend für Produktivität und Wachstum ist. Mutige Produkt- und Arbeitsmarktreformen können in allen Ländern die Wachstumspotentiale heben und Arbeitsplätze und Einkommen schaffen. Die länderspezifischen Empfehlungen der Europäischen Kommission gehen in die richtige Richtung, die Implementierung lässt jedoch zu wünschen übrig. Nur rund 20 Prozent werden hinreichend umgesetzt, wie eine Studie von BusinssEurope ergab. 

Über eine Trendumkehr für stärkere Konvergenz der Euroländer als das Gebot der Stunde diskutierten EU-Parlamentarier Reimer Böge, EZB-Ökonom Klaus Masuch und ECOFIN-Generaldirektor Marco Buti beim Workshop „Welche Konvergenz benötigt die Wirtschafts- und Währungsunion“. Der fand im April auf Einladung von BDI und Konrad-Adenauer-Stiftung statt und ist bereits der zweite einer Serie zur Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.

In den nächsten Monaten wird in den europäischen Institutionen, Think Tanks und auch in der Öffentlichkeit weiter intensiv über eine Verbesserung der wirtschaftspolitischen Steuerung nachgedacht werden. Der „Fünf-Präsidenten-Bericht“ zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion sieht gemeinsame strenge Standards zur Konvergenz vor, die in EU-Vorschriften festgelegt würden. Die Frage, wie diese nun aussehen könnten, wird noch einiges an wissenschaftlicher Analyse und politischer Diskussion benötigen.