BDI fordert Interessenvertretungsgesetz
In einer außergewöhnlichen „Allianz für Lobbytransparenz“ setzen sich sechs Organisationen für mehr Offenheit und Nachvollziehbarkeit in der politischen Interessenvertretung ein. Um dieses Ziel zu erreichen, fordern der Verband der Chemischen Industrie (VCI), Transparency Deutschland, der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Die Familienunternehmer, der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ein umfassendes Interessenvertretungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode. Das Bündnis baut auf einer Kooperation von VCI und Transparency Deutschland aus dem vergangenen Jahr auf.
VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann betont: „Mit dieser überraschenden und breiten Allianz zeigen wir, dass Interessenvertretung kein Branchenthema ist. Sie ist vielmehr für alle Organisationen unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche relevant. Klare und faire Regeln sind für alle, Lobbyisten und Politiker gleichermaßen, notwendig und sinnvoll. Denn das gestiegene Interesse der Gesellschaft nach Transparenz ist legitim und nachvollziehbar. Diesem Anspruch müssen wir uns stellen.“
Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland, fordert: „Um das Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu stärken, müssen die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen können, wie und warum politische Entscheidungen zustande kommen. Unsere breite Allianz zeigt: Es ist Zeit, endlich das Lobbyregister und den legislativen Fußabdruck einzuführen. Denn: Wir brauchen eine transparente Interessenvertretung aufseiten von Wirtschaft und Zivilgesellschaft und eine öffentlich nachvollziehbare Interessenabwägung aufseiten der Politik und Verwaltung.“
BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang sagt: „Der Austausch zwischen Politik und politischer Interessenvertretung ist ein wichtiger Grundpfeiler politischer Meinungsbildungsprozesse. Mit diesem Eckpunktepapier für ein Interessenvertretungsgesetz setzen wir uns für mehr Fairness und Transparenz ein. Wichtig ist, dass für alle die gleichen Spielregeln gelten – ohne gleichzeitig eine überbordende Bürokratie zu erzeugen.“
Albrecht von der Hagen, Hauptgeschäftsführer von DIE FAMILIENUNTERNEHMER e.V., erklärt: „Eine Aufgabe von Politikern ist es, auch ohne tiefgreifendes eigenes Praxiswissen Entscheidungen zu treffen. Um deren Bedeutung und Auswirkungen in möglichst vielen Facetten umfassend überblicken und beurteilen zu können, tauschen sie sich mit Interessenvertretern aus. Dies ist ein wichtiger und unumgänglicher Baustein demokratischer Willensbildung. Ein Lobbyregister hilft, diese Prozesse zu verstehen und nachzuvollziehen.“
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller betont: „Gut finanzierte Lobbygruppen beeinflussen die Gesetzgebung und Politik der Bundesregierung, ohne dass das bislang transparent und nachvollziehbar war. Ein Lobbyregister auch für Deutschland ist daher überfällig. Es macht den „Lobbyfußabdruck“ bei politischen Entscheidungen sichtbarer.“
Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), sagt: „Was in Brüssel längst selbstverständlich ist, muss endlich auch in Berlin gelten: Wir benötigen dringend ein öffentliches Lobbyregister und einen legislativen Fußabdruck, um nachvollziehen zu können, wer wie auf Gesetzgebung Einfluss nimmt. Damit setzen wir nicht nur ein Zeichen für verantwortliche Interessenvertretung, sondern stärken auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungsprozesse insgesamt.“
Für die Einführung eines Lobbyregisters, eines „legislativen Fußabdrucks“ sowie eines Lobbybeauftragten
Die sechs Organisationen befürworten ein öffentliches Lobbyregister, in das sich alle Personen eintragen müssen, die sich der politischen Interessenvertretung widmen. Das Register enthält auch Angaben zu den Tätigkeitsfeldern sowie zu den Finanzmitteln, die für die Interessenvertretung zur Verfügung stehen. Weiter empfehlen die Organisationen die Einführung eines verpflichtenden Verhaltenskodexes sowie dazugehöriger Sanktionen bei einem Verstoß gegen den Kodex.
Darüber hinaus plädiert die Allianz für einen „legislativen Fußabdruck“ in Form einer digitalen und öffentlich zugänglichen Dokumentation der politischen Interesseneingaben. Dazu sollen die Interessenbeteiligung und -abwägung in der Begründung von Gesetzentwürfen erläutert werden. Das stärkt nach Auffassung der Organisationen Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Weiter schlagen sie die Etablierung eines sogenannten Lobbybeauftragten vor, der die Einhaltung der Umsetzung des Interessenvertretungsgesetzes überwacht und dem Deutschen Bundestag regelmäßig einen Lobbybericht vorlegt.