Analyse zur industriellen Dekarbonisierung Chinas und ihren Auswirkungen auf Europa

Das Repräsentanzbüro des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in China und CP Global Insight haben heute im Rahmen einer Veranstaltung in Peking ihr neues Policy Brief mit dem Titel „How is PRC Industry Decarbonising?“ vorgestellt. Die Veranstaltung beleuchtete, wie Chinas Bestrebungen zur Reduzierung industrieller Emissionen die globalen Klimaziele beeinflussen und die Wettbewerbsdynamik mit der europäischen Industrie verändern werden, während sich die EU auf die nächste Phase des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) im Jahr 2026 vorbereitet.

Dazu erklärt Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BDI:

  • „Chinas grüne Transformation ist nicht rein klimapolitisch motiviert, im Gegenteil. China betrachtet grüne Technologien als strategische Wachstums- und Wettbewerbsfaktoren. Der massive Ausbau klimafreundlicher Technologien, Standards und Lieferketten reduziert unerwünschte Abhängigkeiten und sichert China globalen Einfluss und Marktmacht in zentralen Branchen – von Stahl und Chemie bis zu Maschinenbau und erneuerbaren Energien. Europa und Deutschland müssen darauf achten, ihre technologische Vorreiterrolle in nachhaltigen Technologien zu behaupten.“
  • „Deutschland und Europa sollten die Entwicklung in China als Signal begreifen, um eigene wirtschaftspolitische Antworten zu finden. Wir brauchen dringend wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen: niedrigere Energiepreise, weniger Bürokratie, tiefgreifende Strukturreformen und eine ambitionierte Standortpolitik – die eine Balance von Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz schafft.“
  • „Carbon Leakage zu verhindern, um den Standort zu schützen, ist richtig. Aber die Umsetzung ist nach wie vor viel zu bürokratisch, teuer und kompliziert. Für Sektoren, in denen ein CO2-Grenzausgleich nachweislich nicht trägt, sind andere Schutzinstrumente erforderlich. Die bewährte freie Zuteilung fortzuentwickeln, wo ein Level Playing Field weiter nicht in Sicht ist, wäre eine Option.“ 

Zentrale Erkenntnisse aus dem Bericht:

  • China betrachtet die Senkung industrieller CO₂-Emissionen zugleich als Frage der nationalen Sicherheit und als wirtschaftliche Chance.
  • Aufgrund des erwarteten Rückgangs von Stahl- und Zementproduktion wird China seine Industrie nicht im heutigen Umfang dekarbonisieren müssen – die Emissionsziele für 2035 gelten daher als erreichbar.
  • Eine Dekarbonisierung durch Deindustrialisierung kommt für Peking nicht infrage. Stattdessen setzt die Regierung auf einen systematischen Ansatz in besonders emissionsintensiven Sektoren: In den nächsten fünf Jahren sollen Hunderte neuer Standards, „Null-Emissions-Industrieparks“, ein Emissionshandelssystem mit Obergrenzen und zahlreiche Technologiepiloten eingeführt werden. Erfolgreiche Modelle sollen anschließend landesweit skaliert werden.
  • Peking greift auf bewährte industriepolitische Instrumente wie staatliche Finanzierung, Nachfragesubventionen und intensiven Wettbewerb zurück, die bereits bei Elektrofahrzeugen, Batterien und Solarenergie Erfolg hatten. Zugleich sollen neue Finanzierungsformen wie Übergangsfinanzierungen und Kapitalmärkte stärker zur Innovationsförderung beitragen.
  • Der derzeitige harte Wettbewerb und die geringen Margen in der chinesischen Industrie bremsen Investitionen in die Dekarbonisierung. Peking wird den Wettbewerb schrittweise steuern, um Rentabilität zu sichern – allerdings werden die Gewinnmargen werden voraussichtlich unter dem Niveau liegen, das Unternehmen in Industrieländern gewohnt sind.