BDI korrigiert Wachstumserwartung nach unten
Angesichts wachsender Unsicherheit und wegen des weltweit zögerlichen Wirtschaftswachstums korrigiert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) seine Wachstumserwartung für dieses Jahr nach unten: „Der BDI rechnet fürs laufende Jahr mit einem Zuwachs des Bruttoinlandproduktes um 1,5 bis knapp zwei Prozent. Die deutsche Industrie spürt das Mehr von Konflikten, Risiken und Wachstumsschwächen heftiger als andere Wirtschaften.“ Das sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo am Montag auf der Hannover Messe. Zuletzt hatte der BDI ein Wachstum von knapp zwei Prozent erwartet.
Immer noch günstige Ölpreise, historisch niedrige Zinsen und ein unterm Strich zu schwacher Euro seien die Ursache des derzeitigen Trends. „Aktuell wird unser Aufschwung vor allem vom starken Konsum angetrieben“, sagte Grillo. „Wenn diese externen Faktoren nicht mehr wirken, kann unser Konjunktur-Kartenhaus in sich zusammenfallen.“
Der BDI-Präsident forderte von der Bundesregierung bis zur Sommerpause, trotz großer Herausforderungen durch die Flüchtlinge die Wirtschaftspolitik wieder stärker in den Fokus zu nehmen. „Die Bundesregierung hat es in den vergangenen Jahren versäumt, Deutschland wetterfest zu machen.“
Beispielhaft nannte Grillo „unsinnige Entscheidungen in der Renten- und Sozialpolitik, eine ineffiziente Energie- und Klimapolitik“ sowie das Fehlen einer „fairen, klaren und praxisnahen Lösung“ bei der Erbschaftsteuer. Deutschland stehe vor riesigen Herausforderungen. „Der Investitionsbedarf in den Infrastrukturen ist gewaltig: bei Straßen, Schienen und Brücken, in unseren Energienetzen und digitalen Netzen“, warnte Grillo.
Für das Ziel eines flächendeckenden Ein-Gigabit-Glasfasernetzes bis 2025 forderte der BDI-Präsident mehr öffentliche Mittel als Vorlauf-Investition für privates Engagement. „Die geplanten zehn Milliarden Euro Fördergelder sind nicht genug.“
Durch mehr Kooperation und mehr Vernetzung mit amerikanischen Partnern versprach sich Grillo einen Wachstumsschub für die gesamte verarbeitende Industrie: „Wir Deutschen können im Teamwork mit den führenden US-Softwareanbietern unsere Stärken in der industriellen Fertigung, im Maschinenbau und der Elektrotechnik optimal ausspielen.“ Auf der Hannover Messe demonstrierten Deutschland und das Partnerland USA eindrucksvoll, wie gut sie bei der Digitalisierung zusammenarbeiten.
Deutschland und Europa sollten nach Ansicht des BDI ihre wirtschaftlichen Chancen durch ein umfassendes transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP konsequenter nutzen. „Die deutsche und amerikanische Wirtschaft will und braucht ein starkes und faires TTIP – auf beiden Seiten des Atlantiks.“ Diese Botschaft hat der BDI zusammen mit der U.S. Chamber of Commerce in einer gemeinsamen Erklärung zusammengefasst, die Grillo in Hannover vorstellte.
„Der politische Rahmen für ein unterschriftsreifes Abkommen sollte bis Ende dieses Jahres stehen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Wir setzen darauf, dass die TTIP-Verhandlungen jetzt weiter Fahrt aufnehmen“, forderte Grillo. Es gehe darum, die Zukunft der Globalisierung im Sinne europäischer Werte und Standards entscheidend mitzugestalten.
„Spürbare Fortschritte bei TTIP wären ein außerordentlich wichtiges Signal gegen all die protektionistischen und nationalistischen Tendenzen, die gerade weltweit Konjunktur haben“, sagte der BDI-Präsident. Immer mehr Menschen in Deutschland, Europa und in den USA würden am liebsten die Tür vor der Globalisierung schließen und es sich zuhause gemütlich machen. Dabei sei klar: „Jegliche Form von Nationalismus und Abschottung führt nicht zu mehr Wohlstand, sondern zu weniger Wohlstand und weniger Stabilität.“